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Black Rose

Black Rose

Titel: Black Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Black Rose
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ihn,
Morrison, zu schützen?
     
    Zwei Abende später dachte Morrison erneut daran,
als er irgendwann kurz vor Mitternacht an Deck gerufen wurde. Die Black Rose hatte einen Tag zuvor die Küste Siziliens verlassen und war auf dem Weg nach
Nordafrika. Der Nachtwind wehte Morrison warm ins Gesicht. Die Luft war klar
und frisch. St. James wartete auf ihn. Sein Gesicht war gerötet, als hätte er
getrunken. Seine Blicke irrten hin und her.
    Danielle stand etwa anderthalb Meter neben ihm. Sie wirkte nervös
und angespannt, ihr Gesicht war starr wie eine Maske. Morrison hatte zunächst
den Revolver gar nicht bemerkt, den sie, mit der Mündung nach unten, in den
Händen hielt.
    »Danielle wird alles für mich tun, Morrison«, sagte St.
James mit einem triumphierenden Lächeln. »Das haben Sie nie verstanden! Sehen
Sie doch, was sie beim Prozess für mich getan hat. Setzt sich einem solchen
Risiko aus, bereit, jeden glauben zu lassen, dass sie eine Mörderin ist! Sie
hätten es dabei bewenden lassen sollen, Morrison. Zu schade, dass Sie es nicht
getan haben! Jetzt enden Sie so, wie jeder glaubt, dass ich geendet sei:
erschossen, Ihre Leiche auf See verloren, von derselben Frau ermordet, die mich
ermordet hat.«
    Er drehte sich um und blickte aufs Meer hinaus. »Tu’s,
Danielle. Tu es jetzt!«
23
    Der letzte Prozess vor Philip Conrads
Pensionierung war der schwierigste seiner Laufbahn. Er musste sich zwingen, die
Worte aufzunehmen, seinen Schmerz zu verdrängen, um seine Arbeit zu erledigen.
Andrew Morrison war nicht nur der beste Strafverteidiger, den er je erlebt
hatte, sondern auch sein Freund gewesen. Außerhalb der Arbeit hatten sie
vielleicht nichts miteinander zu tun gehabt, doch nachdem er ihn in all den
Jahren vor Gericht erlebt hatte, nach all ihren kurzen, aber immer
interessanten Unterhaltungen hatte er Morrison vielleicht besser kennen gelernt
als je einen anderen Menschen. Als er da vor seiner Stenomaschine saß und auf
den Beginn des Prozesses wartete, ging ihm die bittere Ironie auf, dass
Morrison, der die Verfahren stets beherrscht hatte, nun auch diesen Prozess
beherrschen würde, wenngleich auf eine vollständig andere Art und Weise.
    Staatsanwalt und Verteidiger saßen ruhig an ihren Tischen,
so wie Anwälte es immer tun, kurz bevor ein Richter seinen Platz einnimmt. Der
Gerichtssaal war gedrängt voll mit Zuschauern, und wie gewöhnlich ließ niemand
einen Laut hören. Doch in der Stille lag dieses Mal etwas anderes, ein Gefühl,
dass sich die Dinge auf einen bereits vorhergesagten Abschluss zubewegten.
    Es war das zweite Mal, dass die Angeklagte wegen Mordes vor
Gericht stand, und wie in einer griechischen Tragödie waren alle Beteiligten
dazu verurteilt, dieselben Rollen einzunehmen – alle bis auf einen. Alice
Brunelli hatte nicht um den Vorsitz in diesem Prozess gebeten, doch angesichts
der ungewöhnlichen Umstände des Falls hatten die anderen Richter entschieden,
dass sie am geeignetsten sei. Robert Franklin andererseits hätte vielleicht
verzichtet, wenn er nicht diese zweite Chance erhalten hätte, Danielle St.
James wegen Mordes anzuklagen.
    »Das Volk gegen Danielle St. James«, sagte Franklin knapp
und entschieden, als Richterin Brunelli ihn bat, den Fall aufzurufen.
    Brunelli wandte sich an die zwölf Männer und Frauen, die
nach Tagen vorläufiger Befragung schließlich als Geschworene ausgewählt worden
waren, verlas die Anklage und fügte dann hinzu:
    »Und zu dieser Anklage, dieser Beschuldigung wegen Mordes, hat
sich die Angeklagte Danielle St. James für nicht schuldig bekannt. Das
bedeutet, meine Damen und Herren, dass die Angeklagte die Anschuldigung
leugnet, dass sie leugnet, was die Staatsanwaltschaft von ihr behauptet, dass
sie leugnet, einen Mord begangen zu haben. Und dieses Leugnen bedeutet«, fuhr
sie fort und beugte sich vor, um den Sinngehalt ihrer Worte besonders zu
betonen, »dass Sie verpflichtet sind, ihr zu
glauben – dass nämlich dieser Schuldvorwurf unzutreffend ist. Es sei denn, die
Staatsanwaltschaft weist die Anschuldigung gegen sie – wie es heißt, in diesem
berühmten Ausdruck, den Sie ernst nehmen sollten – ›mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit‹ nach. Sie müssen sich jedes Urteils enthalten
und weder so noch so entscheiden, bis Sie alle Beweise kennen und ich Sie über
die Rechtslage aufgeklärt habe. Erst dann wird man Sie in den Geschworenenraum
zurückschicken, wo Sie mit den Beratungen beginnen werden.«
    Sie lehnte sich zurück und

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