Black Sun - Thriller
fragte Danielle.
Die Schwester nickte. »Was ist dem Kind zugestoßen?«, fragte sie und setzte ihm das Stethoskop an die Brust.
»Er hatte einen Anfall«, antwortete Danielle.
Die Schwester sah sich das Blut an, das aus Yuris Ohr sickerte, dann hob sie eins seiner Lider und leuchtete in das Auge. Die Besorgnis in ihrer Miene verstärkte sich.
»Er reagiert nicht und atmet kaum«, sagte sie. »Hier entlang.«
Sie führte sie über einen dunklen Flur zu einem mit einem Vorhang abgetrennten Raum, der von Notstrom erhellt wurde. Er war sauber, aber die Ausrüstung wirkte
schon älter. Danielle fragte sich, ob hier alles zur Verfügung stand, was Yuri brauchte.
»Wir hätten ihn in die Staaten bringen sollen«, sagte sie laut.
»Ich versichere Ihnen, wir haben gute Ärzte hier«, sagte die Schwester.
Danielle nickte. Sie hatte die medizinische Versorgung, die sie hier erwartete, nicht herabsetzen wollen. Ihre Aussage hatte sich nicht einmal auf den jetzigen Zeitpunkt bezogen; sie hatte gemeint, sie hätten ihn von Hongkong in die Staaten bringen sollen, statt nach Mexiko zu kommen.
»Es wird alles gut werden«, sagte Hawker und legte Yuri auf den Untersuchungstisch.
Die Schwester schlüpfte nach draußen, und kurz darauf kam eine Ärztin herein. »Ich bin Dr. Vasquez«, sagte sie und ging direkt zu dem Untersuchungstisch, ohne Danielle oder Hawker auch nur anzusehen.
»Das Kind hatte einen Anfall?«, fragte sie.
»Richtig«, erwiderte Danielle.
Dr. Vasquez ging auf die andere Seite des Tischs und maß Yuris Puls und Blutdruck.
»Wann?«
»Vor zwanzig Minuten.«
Die Ärztin blickte auf. »Zum Zeitpunkt des Blackouts? Was hat er da gerade getan?«
Danielle zögerte und überlegte fieberhaft.
»Hat er ferngesehen? Oder war er in einem Raum ohne natürliches Licht?«
Danielle verstand die Frage jetzt. Anfälle konnten durch viele verschiedene Stimuli ausgelöst werden; eine gängige Ursache war flackerndes Licht wie bei einem Fernseh-oder Computerschirm, der schwankt oder durchbrennt.
»Nein«, sagte Danielle. »Wir waren draußen, auf dem Wasser.«
Dr. Vasquez starrte sie an und sah dann zu Hawker hinüber. »Bei Puerto Azul?«
Danielle antwortete nicht. Sie nahm an, dass die Nachricht von dem seltsamen Zwischenfall dort das Krankenhaus trotz des Stromausfalls erreicht hatte. Boote, die in einen verschlafenen Hafen rasen, Explosionen, die Stromausfälle verursachen, und eine Gruppe von Leuten, die ihr Boot auf den Strand setzen und mit einem verletzten Kind auf den Armen davonrennen – das alles konnte nicht unbemerkt bleiben.
Danielle sah der Ärztin in die Augen. »Hören Sie, ich habe zwei Jahre medizinische Ausbildung, und ich habe gesehen, wie dieses Kind einen Anfall hatte. Jetzt ist es bewusstlos und blutet aus dem Ohr, möglicherweise eine Blutung im Schädelinnern. Wir brauchen eine Magnetresonanzaufnahme oder eine Computertomografie, um uns zu vergewissern, dass sein Gehirn nicht anschwillt.«
Dr. Vasquez wirkte nun leicht nervös.
»Sie sind nicht seine Eltern«, sagte sie.
In diesem Moment kam ein hochgewachsener, breitschultriger Pfleger durch den Vorhang und zog ihn hinter sich zu. Er schien die Spannung wahrzunehmen und sah Dr. Vasquez an.
»Ricardo…«, begann sie und streckte die Hand nach einem Alarmknopf aus.
Danielle war mit einem Satz bei ihr, drückte ihr die Hand auf den Mund und drängte sie an die Wand. Ricardo wollte sich auf Danielle stürzen, aber Hawker war schneller. Er rammte den Pfleger an die gegenüberliegende Wand, holte eine Handfeuerwaffe hervor und setzte sie dem Mann an den Kopf.
Die Ärztin sah Danielle voller Angst an.
Danielle hasste den Anblick.
»Hören Sie«, sagte sie leise, aber sehr eindringlich, und ihr Blick fixierte die Ärztin. »Ich verspreche Ihnen«, sagte sie, » ich verspreche Ihnen, wir sind nicht hier, um Ihnen, Ihrem Personal oder diesem Kind Schaden zuzufügen.«
Sie holte tief Luft. Dr. Vasquez holte Luft. Hawker nahm die Waffe fort, hielt sie aber bereit.
Die Ärztin wandte den Blick wieder Danielle zu.
»Ich bin weder seine Mutter noch irgendeine gestörte Person, die ihn entführt hat und für ihren Sohn hält; er ist es nicht. Aber er hat furchtbare Dinge durchgemacht, und es gibt Leute, die nach ihm suchen, um ihn wieder dorthin zu bringen, wo er war. Und das werde ich nicht zulassen.«
Danielle sah, wie der Blick der Ärztin weicher wurde und sie verstohlen zu Yuri schaute. Sie nahm die Hand von Dr. Vasquez’ Mund,
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