Black Swan - Silberner Fluch
Spitzen seiner Fangzähne. Mit einer einzigen,
schnellen Bewegung ließ er mich zu Boden sinken und drängte sich gegen mich. Ich fuhr mit der Hand über seinen Rücken und fühlte, wie seine Haut trotz der Wärme des Feuers abzukühlen begann. Sanft strich ich über seine Hüftknochen bis hinunter zum Bund seiner Hosen. Er führte meine Finger zu Knopf und Reißverschluss und dann unter den Stoff. In diesem Augenblick verstand ich, wieso seine Haut sich abkühlte, und wohin das ganze Blut geflossen war. Ich fühlte, wie er seine ganze Länge gegen mich rieb und schob ihm meinen Unterleib entgegen. Und dann, als er in mich eindrang, spürte ich, wie seine Zähne meine Haut ganz unten an der Kehle durchbohrten. Hitze flutete durch meinen Körper … und dann durchfuhr ihn dieselbe Glut. Er war in jedem Zentimeter meines Körpers. Wir bewegten uns, als seien wir eins, wiegten uns auf derselben Strömung, wie Wellen, die wieder und wieder gegen das Ufer brechen.
Als er seinen Mund von meiner Kehle hob, schrien wir beide mit derselben Stimme auf. Es war der Schrei des Schwans, der von dem See aufstieg, als der gewählte Partner erschossen wurde, der Schrei der Banshee, der durch die Schlossmauern von Lusignan hallte. Ein Schrei, der jeden Knochen in mir zu Wasser werden ließ.
Die roten Schuhe
Wir lagen beim Feuer, bis es zu Asche heruntergebrannt war, und hatten uns Wills Mantel als Decke übergeworfen. Ich lag auf der Seite, sein Körper schmiegte sich schützend an meinen Rücken, und seine Haut war wärmer als das Feuer, das vor mir brannte. Nun erzählte ich ihm, wie wir Dees Versteck gefunden hatten, und wie er Melusine und mich ins Wasser hinausgespült hatte, nachdem er verschwand.
»Körperlich muss er gar nicht wirklich da gewesen sein«, überlegte Will. »Ich habe über die Jahre festgestellt, dass er sich an verschiedene Orte projizieren kann. Er benutzt diese Stützpunkte als Beobachtungsposten.«
»Das heißt, wir sind auf unserer Suche nach ihm noch kein Stück weitergekommen?«
»Vielleicht sind in dem, was du gesehen hast, ein paar Hinweise auf seinen wahren Aufenthaltsort versteckt. Es ist beachtlich, dass du überhaupt einen seiner Posten entdeckt hast.«
»Wir haben dafür einen hohen Preis bezahlt«, seufzte
ich und schilderte, wie ich Melusine auf die Insel gezogen hatte und sie dort zerflossen war, und dass ich eine Vision von Marguerite gehabt hatte, die an einem kleinen Teich kniete und zu Melusine hinuntersah. Dann zeigte ich ihm die Mineralwasserflasche, die nun Melusines Essenz enthielt.
»Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie Schwestern waren«, meinte Will. »Marguerite hat mir nur sehr wenig über ihre Herkunft verraten, aber es würde erklären, wieso …« Er verstummte mitten im Satz und schwieg so lange, dass ich schließlich den Kopf wandte, um ihn anzusehen. Er starrte zum Himmel hinauf, sah aber so aus, als blickte er auf Bilder, die noch viel weiter entfernt waren als die Sterne.
»Was erklären?«, fragte ich schließlich.
»Erinnerst du dich, dass ich dir erzählte, ich sei Marguerite damals nach Frankreich gefolgt?« Ich nickte, obwohl er mich immer noch nicht ansah. Aber er brauchte meine Antwort nicht, denn er war schon mitten in der Geschichte. »Nachdem sie London verlassen hatte, suchte ich ihr früheres Quartier auf. Dort fand ich ein Gemälde, das eine alte Kirche in Paris zeigte. Es war der einzige Hinweis, den ich hatte, also reiste ich dorthin. Wochenlang suchte ich die Kirche immer wieder auf und hoffte, sie würde kommen, aber sie erschien nicht. Ich wollte schon aufgeben, da erhielt ich ein Zeichen, das mich an einen anderen Ort führte. Dort würde sie nun sein, dachte ich, aber stattdessen fand ich ein weiteres Zeichen … das mich an einen weiteren Ort geleitete. Damals glaubte ich, sie hätte diese Hinweise für mich zurückgelassen und eine Art Schnitzeljagd für mich vorbereitet, mit der ich ihr
meine Liebe beweisen sollte, und sobald ich sie gefunden hätte, würde sie einlenken und mir die Unsterblichkeit gewähren. Ich folgte ihr durch ganz Frankreich. Einer der Orte, an den mich ihre Spuren führten – nicht der letzte, aber in dessen Nähe -, war das Schloss von Lusignan, die legendäre Heimat Melusines.«
»Glaubst du, dass sie dieses Zeichen hinterließ, weil sie mit Melusine verwandt war?«, fragte ich.
»Schon möglich«, erwiderte er. »Einige der Orte, an die ich geführt wurde, waren Quellen … oft heilige Quellen, in deren Nähe
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