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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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ich, »und ich wollte ein wenig Zeit mit meinem Vater verbringen …« Noch bevor ich den Satz beenden konnte, hörte ich ein leises Schnaufen. Mein Vater war friedlich schnarchend eingeschlafen.
    »Ich fürchte, wir haben ihn mit unseren Geschichten müde gemacht«, sagte Oberon mit leiser, melodiöser Stimme. Er legte Zach eine Hand auf die Schulter, und der große Mann sackte in sich zusammen und schlief augenblicklich ein. Das blattgrüne Glimmen um Zachs Haut pulsierte und verdichtete sich noch einmal um einen halben Zentimeter. »Kommen Sie doch ruhig mit mir. Es gibt so vieles, worüber wir reden müssen.«
    Ich stand auf und folgte Oberon. Es gab so viele Dinge,
die ich ihn fragen wollte. Gab es noch andere Geschöpfe wie ihn? War er wirklich jener Oberon, über den Shakespeare in seinem Mittsommernachtstraum geschrieben hatte? Konnte er mit diesen Flügeln richtig fliegen? Oder waren sie reine Illusion, ein Trick? War das alles ein Trick? Wurde ich verrückt? Aber stattdessen stellte ich nur eine ganz banale Frage nach seinem Beruf. »Also«, fragte ich, als wir im Korridor standen, »was macht der König des Mondlichts, Fürst der Träume, in einem Krankenhaus?«
    Er legte den Kopf in den Nacken, und ein tiefes, grollendes Lachen wogte über den Krankenhausflur. Eine Welle grüngoldenen Lichts sprudelte vor ihm her und spülte über einen eingesunkenen, dehydrierten Mann in einem Rollstuhl hinweg, der aufsah und eine zitternde Hand an sein Gesicht führte, als hätte er sich gerade erst daran erinnert, wer er war.
    »Dieser alte Schlawiner Horace Walpole! Ich habe ihm damals gleich gesagt, dass dieser blumige Ausdruck mir irgendwann einmal sehr peinlich sein würde. Nun, mein Schatz, um deine Frage zu beantworten, es geht überall sehr hart zu. Und es wird noch schlimmer werden.«
    Ich folgte Oberon zur Umkleide der Krankenpfleger, wo er seinen Mantel holte und ihn sich locker über die Schultern warf. Er glitt zwischen seine Schulterblätter und die Flügel, ohne Letztere zu bewegen.
    »Das ist das Erste, das du begreifen musst«, sagte er, nachdem er meinen Blick verfolgt hatte. »Magie und Realität – oder das, was du früher für die Realität gehalten hast – liegen in Schichten übereinander. Dabei ist es nicht immer ganz klar, wo das eine endet und das andere beginnt.«

    »Ich dachte, meine Aufgabe als Wachtturm sei es, die Pforten zwischen beidem zu bewachen«, sagte ich, als wir mit dem Fahrstuhl zur Eingangshalle hinunterfuhren.
    Er ließ einen langen, prüfenden Blick über mich gleiten, aber statt etwas zu sagen, zog er mit der einen Hand einen Fineliner hervor und ein Päckchen verschiedenfarbiger Haftnotizen mit der anderen. Auf den obersten grünen Zettel kritzelte er etwas – eine Art Spirale -, dann blätterte er zum nächsten Blatt und schrieb dasselbe Zeichen darauf.
    Wir sprachen während der Fahrt nach unten nicht weiter, und dann schritt er so schnell durch die Halle, dass der Saum seines langen Mantels um seine Knöchel schlug. Draußen überquerte er die 12th Street mitten zwischen zwei Kreuzungen, und ich musste einem Auto ausweichen, um mit ihm Schritt zu halten. Hatte ich ihn mit irgendetwas verärgert? Vielleicht hätte ich mich nicht als Wachtturm bezeichnen dürfen?
    Auf halbem Weg zur nächsten Ecke hielt er abrupt an. Seine Flügel peitschten die Luft, als er herumwirbelte und mich in einen Hauseingang zog, der von zwei Säulen eingerahmt wurde. Er schubste mich hinter sich und breitete die Arme aus. In jeder Handfläche klebte eine Haftnotiz. Die Symbole, die er darauf gemalt hatte, begannen zu glühen, erst grün, dann blau, dann weiß, als ob sich Metall erhitzte, und dann stieg Rauch von ihnen auf. Das Innere der Spirale glühte wie ein Auge. Dann legte er die Hände auf die Säulen links und rechts der Tür. Ich hörte ein Zischen und roch verbrannte Haut. Als er die Hände wieder löste, hatten die Spiralaugen einen silbern schimmernden Abdruck auf den Säulen hinterlassen. Ein Knäuel aus
Licht, wie ein Spinnennetz aus silbernen Fäden, entspann sich vor dem Eingang.
    Ich hätte ihn gern gefragt, ob er sich die Hände verletzt hatte, aber als er sich wieder mir zuwandte, glühten seine Augen grüngolden vor Zorn. Dann zog er den Schal von meinem Hals und den Bissspuren.
    »Erzähl mir, was zwischen dir und dem Vampir geschehen ist«, sagte er mit strenger Stimme, aus der sich jede Spur des weichen westindischen Akzents verflüchtigt hatte. »Und alles, was er dir

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