Blacklist - Blacklist - Blacklist
dem Mittagessen hier wegging.«
»Wann war das?«, fragte ich.
Sie schürzte die Lippen und dachte nach. »Es muss an dem Tag gewesen sein, an dem ich Madam die Haare wasche, weil ich merkte, dass ich aus Versehen die Shampooflasche mitgenommen hatte. Ich stand neben meinem Auto und überlegte, ob ich noch mal hochgehen sollte oder ob das bis morgen Zeit hatte, als er auf der anderen Straßenseite anhielt. Ich kam mir dumm vor, weil ich da mit der Shampooflasche stand, und stieg in meinen Wagen.«
»Und wann war das genau?«
»Ich wasche Madam immer montags, donnerstags und samstags die Haare.« Sie schien es verwunderlich zu finden, dass ich das nicht wusste.
»Und an welchem Tag war es nun?«, fragte ich.
Sie überlegte wieder. »Das muss am Donnerstag gewesen sein.«
»Vor einer Woche! Aber warum sollte er hierher kommen, wenn er sich nicht mit Ihnen treffen wollte, Ms. Graham?«
Geraldine Graham überraschte mich ein weiteres Mal. »Wenn er sich so für diese Tänzerin interessierte und wenn sie auf der schwarzen Liste stand, dann wollte er vielleicht zu Olin. Olin Taverner, meine ich. Er wohnte auch hier.«
Taverner, natürlich. Er war schließlich einer der Henker des HUAC gewesen. Und er war nun auch tot, sodass ich ihn nicht mehr nach Marcus Whitby fragen konnte. Oder nach Kylie Ballantine.
»Wie gut kannten Sie Mr. Taverner?«, erkundigte ich mich.
»Wir sind zusammen aufgewachsen. Er war mein Cousin.«
Jetzt erinnerte ich mich verschwommen an eine Information aus der Zeitung von 1903: Geraldines Mutter war eine soundso Taverner gewesen, bevor sie irgendeinen Drummond heiratete. »Dann muss der Tod von Mr. Taverner ja ein persönlicher Verlust für Sie sein. Haben Sie sich häufig gesehen, als er noch lebte?«
»Kaum.« Ihr Tonfall wurde wieder eisig. »Blutsverwandtschaft bedeutet nicht zwangsläufig, dass man sich nahe steht. Als ich von seinem Tod hörte, betraf mich das nur, weil damit ein Abschnitt meines eigenen Lebens zu Ende ging.«
Ich korrigierte meine Theorien. Wenn Whitby hierher gekommen war, um Taverner zu sehen, nicht Bayard, brachte ihn das räumlich näher an Larchmont Hall heran. Aber mir fiel kein Grund ein, warum Taverner ihn dort hingeschickt oder sich dort mit ihm getroffen haben könnte. Ich fragte Ms. Graham, ob Taverner alleine gelebt hätte.
»Ich hatte keinen Kontakt mit ihm, aber ich nehme an, dass er einen Betreuer hatte. Lisa müsste das wissen.«
Lisa erschien wieder, und sie kannte den Namen von Taverners Betreuer, wusste, wie viele Stunden am Tag der Mann arbeitete und sogar, was er gesagt und getan hatte, als er die Leiche des Anwalts entdeckte.
»Hatte Mr. Taverner Familie? Kinder oder andere Angehörige?«
Geraldine Graham blickte unwillkürlich wieder über ihre Schulter zum Bild ihrer Mutter. »Er hat nie geheiratet. Er - hatte andere Neigungen als Frauen. Diese Sache hat Calvin in den Fünfzigern besonders wütend gemacht. Olins Heuchelei.«
Ich fügte diesen Informationsfetzen den anderen verwirrenden Mitteilungen hinzu. Taverner war schwul gewesen, aber in aller Heimlichkeit. Vielleicht war Whitby hinter sein Geheimnis gekommen und - tja, was? Taverner, der nicht geoutet werden wollte, ermordete Whitby, schaffte ihn in den Teich in Larchmont, kam dann zurück und starb an einem Herzinfarkt, weil er sich körperlich übernommen hatte? Die Theorie brachte mich zum Grinsen, worauf Geraldine sich mit schneidender Stimme erkundigte, was ich »so amüsant« fände.
»Verzeihung, Ma'am, ich habe mich nicht über Sie amüsiert, nur über meine eigenen absurden Ideen. Ich war auf dem Anwesen der Bayards, bevor ich hierher kam, weil ich dachte, Marc Whitby habe sich mit Mr. Bayard treffen wollen. Die Angestellten behaupteten, er sei niemals dort gewesen. Kann man denen Glauben schenken?«
»Ruth Lantner«, antwortete Geraldine Graham. »Der Gedanke an so jemanden wie sie hat mich in meiner Entscheidung bestärkt, keine festen Angestellten im Haus haben zu wollen. Sie und ihr Mann sind für Calvin und Renee tätig, oh, sie machen das gut, sie sind schon bei Calvin, seit der Junge auf die Welt kam. Edwards. Einer dieser alten Familiennamen, die manche Leute gerne ihren Kindern als Vornamen geben. Auch nicht sonderbarer, muss ich sagen, als die Tatsache, dass Darraugh seinen Sohn MacKenzie nannte, obwohl Mutter damals versuchte, ihn umzustimmen. Ich erinnere mich noch an Mrs. Edwards Bayard - sie und meine Mutter hatten legendäre Auseinandersetzungen. Meine
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