Blackmail: Thriller (German Edition)
sei. Sie sagen, jemand hätte Kate umgebracht. Wusstest du das?«
Könnte Drew recht gehabt haben?
»Einige der Krankenschwestern haben erzählt, dass es ausgesehen hätte, als wäre Kate gewürgt und auf den Kopf geschlagen worden.«
Trotz meiner Freundschaft mit Drew erfüllt ein Bild meine Gedanken: Ich sehe vor dem geistigen Auge, wie er Kate würgt, und erschauere. »Du kennst Natchez und weißt, wie die Leute sich die Mäuler zerreißen, Mia. Mit Kates Leichnam könnte alles Mögliche passiert sein, als sie diesen Wildbach hinuntergetrieben ist.«
»Aber warum war sie dann halbnackt? Und warum von der Taille abwärts? Vermutlich könnte sie nackt gebadet haben, aber mit wem? Sie war nicht mit Steve zusammen – zumindest behauptet er das. Ich frage mich, ob Steve nicht vielleicht doch recht hat.«
In der Hinsicht wissen Kates Klassenkameradinnenwahrscheinlich doppelt so viel über ihren Tod wie die Polizei. »Wie meinst du das? Inwiefern könnte Steve recht haben?«
»Dass Kate einen anderen Freund hatte. Jemanden, von dem keiner von uns wusste. Jemanden, der verrückt genug oder wütend genug war, sie zu töten.«
»Kannst du dir vorstellen, dass Kate jemanden so wütend macht?«
»Oh ja. Wenn Kate sich auf ihr hohes Ross geschwungen hat, konnte sie einen fix und fertig machen. Und was das Verrücktmachen von Jungen angeht – sie war sehr sinnlich. Wir haben ein paarmal darüber gesprochen. Sie hat ernsthaft geglaubt, dass sie vielleicht Nymphomanin wäre.«
»Dieser Begriff wird heutzutage nicht mehr benutzt, Mia. Viele Mädchen, die zum ersten Mal mit Sex experimentieren, fühlen sich wahrscheinlich so.«
Sie sieht mich wissend an. »Ich rede nicht von Experimentieren. Ich bin keine Heilige. Aber Kate wusste Dinge, von denen ich noch nie gehört habe. Sie war der leidenschaftlichste Mensch, dem ich je begegnet bin, und sie liebte es, sich selbst Vergnügen zu verschaffen. Sie … äh, das ist jetzt peinlich, aber sie hat mir mal ein paar von ihren Spielsachen gezeigt, und ich war schockiert. Ich weiß, dass sie Steve erschreckt hat mit einigen der Dinge, die er für sie tun sollte, und das ist über ein Jahr her.«
Sexspielzeuge? Drews Worte kommen mir mit neuer Vehemenz ins Gedächtnis zurück. Diese Kinder sind nicht so, wie wir es waren, Penn. Du hast keine Ahnung …
»Ich weiß, dass du rein willst und nach Annie sehen möchtest«, sagt Mia, nimmt ihren Rucksack hoch und schlingt ihn sich über die Schulter. »Ich mache, dass ich dir aus den Füßen komme. ’tschuldigung, wenn ich über diese Dinge zu offen geredet habe.«
Ich mache einen Schritt nach links und lasse ihr Platz, an mir vorbeizugehen. »Keine Bange. Ich hab zu meiner Zeit fast alles kennen gelernt.«
Sie betrachtet mich mit einem durchtriebenen Blick, der über ihr Alter hinwegtäuscht. »Tatsächlich? Ich dachte eigentlich immer, du wärst ein solider Typ. Ich hab meine Mom nach dir gefragt, weißt du, aber sie will mir nichts erzählen. Sie mag dich offensichtlich, aber sie wird immer ganz … eigenartig, wenn ich über dich reden will.«
Ich spüre, wie ich erröte. »Fahr vorsichtig, Mia. Du bist mit den Gedanken nicht bei der Straße.«
Mia nimmt ihr Handy aus der Tasche und hält es ans Ohr. Es muss auf Vibrationsalarm geschaltet sein. »Ehrlich? … Niemals! … Das ist wirklich unheimlich … Mach ich. Bis später.« Sie schiebt das Telefon in die Tasche zurück und starrt erneut mit leerem Blick die Straße entlang.
»Was ist?«, frage ich.
Mias Augen verraten eine Verwirrung, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe. »Das war Laura Andrews. Ihre Mom gehört zu den Krankenschwestern, die sich bei der Einlieferung um Kate gekümmert haben. Sie hat Laura soeben erzählt, dass Kate vor ihrem Tod vergewaltigt worden ist.«
»Was?«
»Sie sagt, Kate hätte eine Menge Verletzungen … da unten, weißt du?«
Meine Gedanken kehren zu Drew zurück. Wenn Kate vergewaltigt wurde, dann hoffe ich, dass er es niemals erfahren muss. Doch er wird es natürlich erfahren, genau wie jeder andere in Natchez. Plötzlich dämmert mir, dass ich in meiner Hoffnung, Drew vor dieser Information zu schützen, von seiner Unschuld ausgehe. Das ist eine gefährlich voreilige Schlussfolgerung für einen Anwalt, doch ich bin bereits an diesem Punkt angelangt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Drew Elliott eine Frau vergewaltigt, ganz zu schweigen von einer Schülerin.
»Hoffen wir, dass es nicht stimmt«, sage ich
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