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Blackmail: Thriller (German Edition)

Blackmail: Thriller (German Edition)

Titel: Blackmail: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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entfernen. Ich wende mich ebenfalls ab. Ich sehe, wie Mia nach mir sucht, doch ich folge ein paar Leuten, die oben geparkt haben, um die lange Prozession von Fahrzeugen zu vermeiden, die Treppe wieder hinauf.
    Ich biege vom Weg ab und gehe zur höchsten Stelle des Jewish Hill, wende mich dem Fluss zu, sehe den letzten Lebenden hinterher, als sie den Friedhof verlassen. Kates glänzender Sarg liegt aufgebahrt über dem offenen Grab. Bald wird jeder Hinweis für immer begraben sein, dass sie jemals gelebt hat. Jenny Townsend steht immer noch neben dem Zelt, allein mit Reverend Herrick. Der Geistliche legt ihr tröstend die Hand auf die Schulter. Während sie miteinander reden, tritt eine einsame Gestalt unter dem Zelt hervor. Ellen Elliott. Reverend Herrickzögert; dann entfernt er sich von den beiden Frauen. Was sagt Ellen wohl? Und was antwortet Jenny? Sie wusste seit einiger Zeit von der Affäre zwischen ihrer Tochter und Drew, und doch hat sie nichts getan, die Beziehung zu unterbinden, genauso wenig, wie sie Ellen informiert hat. Gott sei Dank weiß Ellen nichts von alledem.
    Während ich Ellen bei ihren Kondolenzbezeugungen beobachte, wird mir klar, dass sie einem Verhaltenskodex für Südstaatenfrauen gehorcht, der genau das verlangt, was sie nun zeigt: unter allen Umständen die Contenance zu bewahren, ganz gleich, wie schwer es fällt. Die Frauen umarmen sich nicht, doch sie reichen sich die Hände. Dann wendet Ellen sich ab und geht still und würdevoll in Richtung der beiden letzten wartenden Wagen davon.
    »Du hast richtig großen Mist gebaut, Drew«, sage ich leise. »Du hast überhaupt nicht gesehen, was du an ihr hattest.«
    Andererseits habe ich Ellen Elliott nie als Ehefrau gekannt. Die graziöse Gestalt, die Jenny Townsend ihr Mitgefühl ausdrückt, ist Welten entfernt von jener drogensüchtigen Person, die Drew mehr Nächte erlebt haben muss, als ich es hätte ertragen können. Indem ich mir dieses Bild vorstelle, kann ich gut nachvollziehen, wie verlockend Kate ihm erschienen sein muss.
    Mein Gott, was denke ich eigentlich über Drew? Quentin Avery kann sich vorstellen, dass Drew zu einer brutalen Vergewaltigung mit anschließendem Mord imstande ist. Die Mutter des Opfers nicht. Natürlich kennt Jenny nicht sämtliche Fakten des Falles. Ich hingegen schon. Die meisten zumindest. Gibt es eine dunkle Ecke in meinem Herzen, in der ich zuzugeben bereit bin, dass Drew die Kontrolle verloren und den Teenager ermordet haben könnte, den er geliebt hat? Dass er Kate geschwängert hat, in Panik geriet und sie umbrachte – aus Angst, die Familie zu verlieren, die zu schaffen und zu erhalten er so hart gearbeitet hat?
    Nein. Der Junge, mit dem ich zusammen aufgewachsen bin,hätte die Verantwortung übernommen und seine Strafe hingenommen wie ein Mann, so abgedroschen und archaisch diese Phrase klingen mag. Es mag heutzutage eine kuriose und sexistische Ansicht sein, doch einige der besten Dinge am Süden und zugleich seine Tragödie sind archaisch.
    Wenn Drew sie nicht getötet hat, fragt eine Stimme in meinem Kopf, warum hat er dann nicht Hilfe gerufen, als er Kate gefunden hat?
    »Er ist selbst Arzt«, sage ich laut. »Er wusste, dass sie bereits tot war. Er hätte nichts erreicht, hätte er Hilfe geholt, außer der Zerstörung seiner Familie.«
    Aber was, wenn er Kate nicht hatte töten wollen? Wenn es nur ein Sexspiel war und ein Unfall?
    »Das hätte er mir gesagt«, murmele ich. »Er hätte es nicht verschwiegen.«
    Wenn man auf einem Friedhof mit sich selbst zu reden anfängt, ist es Zeit, nach Hause zu fahren.
    Ich gehe in die Richtung, wo mein Wagen geparkt steht, als mein Handy in der Tasche vibriert. Es ist Caitlin. Sie ruft von der Zeitung aus an. Ich habe seit gestern Nacht nicht mehr mit ihr gesprochen. Mein Handy hat heute Morgen einen Anruf in Abwesenheit angezeigt, als ich aufgestanden bin, doch Caitlin hat von der Zeitung angerufen und keine Nachricht hinterlassen, deswegen habe ich nicht zurückgerufen. Sie muss brennen vor Verlangen, mich wegen all der Morde auszufragen, doch sie versucht angestrengt, die Illusion aufrechtzuerhalten, dass sie unsere Beziehung nicht ausnutzt, um eine bessere Story zu bekommen.
    »Hey«, antworte ich und blicke den Hügel hinunter zu der Stelle, wo Jenny Townsend und Reverend Herrick immer noch stehen.
    »Wo bist du?«, fragt Caitlin.
    »Auf dem Friedhof.«
    »Oh. Kannst du reden?«
    »Sicher. Schieß los.«
    »Ich habe schlechte Neuigkeiten und schlechte

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