Blackmail: Thriller (German Edition)
extremen Entzugssymptome nach so kurzer Zeit dem Umstand zu, dass ich wahrscheinlich sechseinhalb Tage lang ständig mit extrem reinem Heroin versorgt worden war.
Doch es war nicht absolut rein gewesen.
Als ich in der Notaufnahme eingeliefert wurde, diagnostizierte Dad sofort eine gefährliche venöse Erkrankung, eine so genannte hypersensitive Vaskulitis. Meine Vermutung war also richtig gewesen. Was immer benutzt worden war, um das Heroin zu verschneiden, es hatte mein Immunsystem veranlasst, meinen eigenen Körper anzugreifen, insbesondere meine Venen. Mein Knochenmark schüttete Immunglobuline aus, die meine kleinsten Venen, die Venolen, verstopften. Dieser Prozess der Mikro-Embolisierung hatte in meinen Extremitäten angefangen und sich stetig weiter in Richtung meiner inneren Organe ausgebreitet. Eine Blutdruckmessung an meinem Arm in der Notaufnahme ergab 140 zu 95, während an meiner Fingerkuppe ein Blutdruck von 145 zu 180 gemessen wurde. Ich hatte einen unregelmäßigen Herzschlag, und kleine Flecken Haut auf meinen Zehen und an meinem Penis waren abgestorben. Ich hatte angenommen, dass diese Immunreaktion mit dem Ende der Injektionen mit kontaminiertem Heroin ebenfalls aufhören würde, doch Dad informierte mich in ernstem Ton, dass die potentiell tödliche Immunreaktion so lange weitergehen würde, wie noch Reste von dem Verschnittmittel in meinem Kreislauf waren – und er befürchtete, dass ein Teil davon sich in meinen Venenwänden festgesetzt hatte. Er überlegte, eine Behandlung durchzuführen, die Chelatisierung genannt wurde, doch nachdem er mir beschrieben hatte, wie sie funktionierte, war ich mehr geneigt abzuwarten und das Beste zu hoffen.
Meine Beine waren über und über mit kleinen Wunden bedeckt von den Splittern der explodierenden Batterien. Die Wunden selbst waren nicht ernst – meine Knochen waren unverletzt geblieben –, doch da die Splitter größtenteils aus Blei von den Batterieplatten bestanden, war eine mögliche Vergiftung eine ernste Gefahr. Ein Chirurg verbrachte zwei Stunden damit, unter einem Fluoroskop jeden kleinen Splitter aus meinem Körper zu ziehen.
Bevor Dad Besucher in mein von Glaswänden umgebenesAbteil auf der Intensivstation ließ, zog er die Vorhänge zu und kam zu mir ans Bett. Das weiße Haar und der Bart verliehen ihm das Aussehen eines Arztes, der alles gesehen hatte, doch ich konnte ihm anmerken, dass er sich nie hätte träumen lassen, seinen Sohn eines Tages so zu sehen.
»Annie hat eine schwere Zeit durchgemacht«, sagte er. »Wir alle hatten eine schwere Zeit, aber für Annie war es am schlimmsten. Sie dachte, du wärst tot. Und nichts, was wir zu ihr gesagt haben, konnte sie vom Gegenteil überzeugen. Dass sie so früh ihre Mutter verloren hat, war für sie offenbar ein Beweis, dass die schlimmsten Alpträume Wirklichkeit werden können. Du musst viel Zeit mit ihr verbringen, Penn.«
»Darauf kannst du dich verlassen, Dad. Wie geht es Mom?«
Dad schüttelte den Kopf. »Sie ist ein zähes altes Mädchen, aber das war fast zu viel für sie. Sie hat Tag und Nacht neben dem Telefon gesessen und auf eine Nachricht gewartet. Ich glaube nicht, dass sie mehr als drei Stunden am Stück geschlafen hat, seit du verschwunden warst. Sie hatte Angst, man würde dich in irgendeinem Straßengraben finden.«
»Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich mich selbst in diese Lage gebracht habe.«
Ein schwaches Lächeln spielte um die Mundwinkel meines Vaters. »Das ist nun mal deine Art, Penn. Ich kann dich verstehen, mein Sohn. Aber du hast eine Familie, an die du denken musst.«
Ich nickte.
Dad spähte durch einen Spalt zwischen den Vorhängen nach draußen zur Station. »Als sie dich eingeliefert haben, hast du auf dem gleichen Tisch gelegen wie Kate Townsend vor zwei Wochen. Ich habe Jenny Townsend an jenem Abend gesehen. Ich habe mich genau wie sie gefühlt, als ich dich sah.« Dads Wangenmuskeln treten hervor, so sehr muss er sich anstrengen, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten. »Ich werde meinen Sohn nicht begraben«, sagte er mit zitternder Stimme. »Ich werde es nicht tun.«
Ich streckte die Hand nach ihm aus und drückte sein Handgelenk, so fest ich konnte.
»Ich konnte nicht tatenlos herumsitzen und warten«, sagte er. »Ich wusste, dass du es irgendwie schaffen würdest, wenn es eine Möglichkeit gab, am Leben zu bleiben. Nachdem ich mit Sheriff Byrd und Chief Logan gesprochen hatte, rief ich deine frühere Sekretärin in Houston an und
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