Blackmail: Thriller (German Edition)
lassen?«
»So dumm ist er nicht. Shadrach war zuckersüß und verständnisvoll, Honey. Er weiß, dass er die Ehefrau eines Verdächtigen nicht zu einer Aussage gegen ihren Mann zwingen kann.«
Eine Woge der Erleichterung durchströmt mich, doch Ellen vertreibt sie schneller, als sie gekommen ist. »Freu dich nicht zu früh. Shad muss sich vielleicht nicht mehr lange den Kopf über dieses Problem zerbrechen.«
Ich will sie nicht noch ermutigen, indem ich nachfrage, doch mir bleibt keine andere Wahl. »Warum?«
»Weil ich morgen nach Jackson fahre, um den gemeinsten, hinterhältigsten Scheidungsanwalt zu engagieren, den es in diesem Staat gibt.«
»Ellen, du solltest nicht …«
»Was denn?«, unterbricht sie mich und hebt spöttisch die perfekt gezupften Augenbrauen. »Haben Sie vielleicht etwas dazu zu sagen, Herr Anwalt? Meinst du vielleicht, ich hätte kein Recht, so vorzugehen?«
Ich schüttele den Kopf. »Es ist dein Leben, Ellen. Es tut mir einfach nur leid, das zu hören. Irgendetwas hat dich und Drew vor Jahren zusammengebracht, und davon muss noch etwas übrig sein. Tim, wenn sonst schon nichts.«
Zum ersten Mal sehe ich Tränen in ihren Augen, kleine silberne Tropfen, die sie hastig wegwischt. »Ich dachte immer, es wäre so«, sagt sie mit rauer Stimme. »Aber ich war eine Närrin. Und was immer ich noch an Hoffnung gehegt habe, Drew hat sie so öffentlich zerquetscht, wie man sich das nur vorstellen kann. Ich könnte nicht einmal mehr zu ihm zurück, wenn ich es wollte! «
»Ellen …«
»Komm mir bloß nicht mit Sprüchen, dass ich um Tims willen meinen Stolz runterschlucken soll oder so etwas! Das mag ich ganz und gar nicht! Ich werde nicht den Rest meines Lebens zusehen, wie Drew um dieses kleine Miststück trauert! Mit mir alleine ist Timmy besser dran als mit einem Vater, der mit Timmys verdammter Babysitterin durchbrennen wollte!«
Es gibt nichts mehr, was ich noch sagen könnte. Ellen ist wild entschlossen, nur verbrannte Erde zurückzulassen, und das Einzige, was ihren Entschluss ändern könnte, ist Zeit. Zeit und vielleicht Nüchternheit. Ich steige in meinen Wagen, setze zurück auf die Straße und lasse das Zuckerbäckerhaus der Elliotts hinter mir zurück.
11
A ls ich nach Hause komme, muss ich mich hinsetzen und mir eine Aufführung von Annie und Mia ansehen. Berücksichtigt man, dass ich keine halbe Stunde lang weg war, ist der Tanz wirklich erstaunlich. Mia bewegt sich mit der roboterhaften Präzision einer Tänzerin in einem Hip-Hop-Video, was mich nicht weiter überrascht, seit ich sie als Cheerleader bei den Football- und Basketballspielen der St. Stephen’s gesehen habe. Was mich erstaunt ist Annie. Sie ist erst neun Jahre alt, doch sie imitiert Mias Bewegungen, als wäre sie mit dem Hirn des älteren Mädchens verdrahtet. Sie besitzt zwar nicht ganz Mias Präzision, doch die Beweglichkeit und das Gefühl für Rhythmus sind vorhanden. Es ist nur eine Frage der Übung. Annies Mutter war ebenfalls eine großartige Tänzerin, und auch nach fünf Jahren bringt die Erinnerung noch einen Kloß in meinen Hals. Als die beiden mit Tanzen fertig sind, springe ich auf und klatsche und johle begeistert. Annie strahlt vor Stolz, und Mia beobachtet sie voller aufrichtiger Zuneigung.
»Zeit fürs Badezimmer«, sagt Mia und vollführt eine rasche Abfolge von Bewegungen, um Annies Aufmerksamkeit bei sich zu behalten.
»Aaah«, stöhnt Annie. »Ich bin sauber!«
»Unsinn«, sagt Mia lachend. »Wir haben gerade zwei Gallonen verschwitzt, mindestens. Deine Achselhöhlen stinken. Ich kann es von hier aus riechen.«
Annie schnüffelt vorsichtig unter ihrem linken Arm. »Iii-gitt.«
»Genau. Igitt. Los, setz dich in Bewegung, kleine Stinkmaus.«
Annie kichert und springt davon. »Bist du noch da, wenn ich aus der Badewanne komme?«
Mia schüttelt den Kopf. »Ich hab viel zu viel Hausarbeiten,um hier rumzuhängen. Ich bin weg, sobald dein Dad mich bezahlt hat.«
»Kommst du morgen wieder?«
Mia sieht mich an.
»Na klar«, sage ich zu den beiden, weil ich weiß, dass ich wieder mit Drews Ärger beschäftigt sein werde, ob es mir nun gefällt oder nicht.
Als Annies Schritte im Flur verklungen sind, setzt Mia sich auf den Fußschemel vor meinem Sessel und zieht das elastische Band aus ihrem Pferdeschwanz. Dunkles Haar fällt bis über ihre Schultern. Sie nimmt das Band zwischen die Zähne, sammelt die langen Haare ein und bindet sie zu einem neuen Pferdeschwanz zusammen.
»Ich habe
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