Blackmail: Thriller (German Edition)
mit Stephanie James gesprochen«, sagt sie. »Das ist eines der Mädchen, die von der Grand Jury befragt worden sind. Sie sagt, der Bezirksstaatsanwalt hätte Dr. Elliotts Namen zuerst nicht genannt. Er hätte sie immer wieder gefragt, ob Kate ihr je irgendwas über einen ›älteren Mann‹ anvertraut hätte. Nachdem Stephanie ungefähr zehnmal Nein gesagt hatte, wurde Johnson richtig aggressiv. Er verhielt sich, als wüsste sie Bescheid über die Affäre und würde absichtlich etwas zurückhalten. Stephanie sagt, sie habe geweint, so schlimm wär’s gewesen. Sie hat außerdem erzählt, dass sie einige von den Leuten kennt, die in der Grand Jury sitzen. Ein paar von ihnen haben Kinder, die die St. Stephen’s besuchen.«
»Großartig.«
»Ist das schlimm?«
»Oh ja, glaub mir.«
»Was kann ich tun, um zu helfen?«
»Nichts, fürchte ich. Aber du warst bereits eine große Hilfe.«
»Na, das Gefühl hab ich aber nicht. Dr. Elliott steckt in Schwierigkeiten, und ich mag ihn wirklich. Er hat mir im letzten Jahr bei meinem Projekt geholfen, einer Wissenschaftsausstellung. Er war richtig nett.«
Ich will fragen, ob sie je ungebührliche Aufmerksamkeit von Seiten Drews erfahren hat, entscheide mich dann aber dagegen. Als hätte Mia dennoch meine Gedanken gelesen, sagt sie: »Nein, ich hab nie irgendwas in dieser Richtung bei ihm bemerkt. Ich habe ihn nie dabei erwischt, wie er mir auf den Hintern starrt, was die meisten älteren Typen tun, wenn sie glauben, ich würd’s nicht merken.«
Ich muss unwillkürlich lachen angesichts Mias Aufgewecktheit für die Reaktion, die ihr Körper bei Männern hervorruft. Ich habe selbst gelegentlich ihre Kehrseite bewundert. »Du hast gesagt, du hättest gemischte Reaktionen gehört wegen Kate und Drew. Erzähl mir mehr davon.«
»Na ja, die Eltern reagieren durchweg negativ, wie nicht anders zu erwarten. Sie geben ihm ganz allein die Schuld für die Affäre. Einige sagen, Kate hätte zwar immer älter ausgesehen, als sie in Wirklichkeit war – und sich auch reifer verhalten –, aber sie sagen auch, dass das keine Entschuldigung ist.«
»Und die Kinder reagieren anders?«
Mia neigt die waagerecht gehaltene Hand hin und her, um Ambivalenz anzudeuten. »Hauptsächlich die Mädchen. Die Jungs nennen Dr. Elliott einen Perversen und erzählen allen möglichen Scheiß, was man mit ihm machen sollte. Doch die Mädchen verstehen es.«
»Wieso?«
Sie lächelt vor sich hin. »Ich denke, viele von ihnen haben davon geträumt, genau das zu tun, was Kate getan hat.«
»Im Ernst?«
»Verdammt, ja. Eine Affäre mit einem heißen Typen wie Dr. Elliott?«
»Aber er ist zwanzig Jahre älter als sie!«
»Na und?« Mia blickt mich ehrlich verwirrt an.
»Und … ich weiß es nicht.« Ellen Elliotts Worte kommen mir in den Sinn. Diese Mädchen sind völlig anders als die Mädchen, mit denen ich zur Schule gegangen bin … »Erzähl du es mir.«
»Du wärst überrascht, worüber wir alles reden«, sagt Mia mit einem verschlagenen Grinsen.
Wasser gurgelt durch die Rohre in der Wand. Annie hat angefangen zu baden. »Beispielsweise?«
»Nun … beispielsweise die Liste der heißen Dads.«
»Die was?«
»Die Liste der heißen Dads. Das sind die Väter von Schülern an der St. Stephen’s, die noch immer als heiß gelten.«
Ich schüttele staunend den Kopf. »Wer führt diese Liste?«
»Die Mädchen der letzten Klasse hauptsächlich. Es ist nichts Niedergeschriebenes oder so. Wir reden einfach nur darüber. Väter, mit denen wir was anfangen würden, wenn wir eine Gelegenheit dazu hätten.«
»Und Drew stand auf dieser Liste?«
»An oberster Stelle.«
»Tatsächlich?«
»Oh ja. Du bist übrigens auch drauf.«
Ich erröte.
»Ich sage nicht, dass du auf meiner Liste stehst«, sagt sie mit entschuldigendem Lächeln. »Aber ich hab gehört, wie viele Mädchen deinen Namen genannt haben.«
»Und diese Mädchen finden es okay, dass Drew mit Kate geschlafen hat?«
»So ungefähr, ja. Ich meine, Kate wäre sowieso nicht mit einem der Jungs von der Schule zusammengekommen. Wenn Dr. Elliott unglücklich war – und jeder, der seine Frau kennt, weiß, dass er unglücklich sein musste –, dann passiert es eben, wenn’s passiert. Ist doch normal.«
»Ehebruch ist normal?«
Mia zuckt die Schultern. »Für diese Mädchen ja, nehme ich an. Die Hälfte stammt aus kaputten Familien. Wahrscheinlich mehr als die Hälfte.«
Mein Gott, wie weit ist es bloß gekommen?
»Und die Jungs sind
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