Blackmail: Thriller (German Edition)
anruft und die nächste Bombe platzen lässt. »Sonny, kennst du Jim Pinella?«
»Den Öl-Mann?«
»Genau den. Er hat einen Sohn in der Catholic School, bei den Junioren. Er heißt Michael, aber alle nennen ihn Mike.«
»Ich bin ihm schon mal begegnet.« Ich erinnere mich undeutlich an einen großen, schlaksigen Jungen, der bei einem Stück im Little Theater mitgemacht hat.
»Der Junge wurde soeben fast totgeschlagen.«
Ein surreales Gefühl umschließt mich wie eine Blase undsperrt Chief Logan und jeden anderen in diesem Büro aus. »Wer hat das getan?«
»Ein paar Schwarze. Draußen vor den Brightside Manor Appartements.«
»Brightside Manor? Was macht ein weißer Junge dort? Wollte er Dope kaufen? Oder ist das noch so ein mysteriöser Besucher wie die tote Kate Townsend?«
»Mike wollte kein Dope kaufen«, unterbricht Sonny meine Spekulationen. »Wo sind Sie im Moment?«
»Im Polizeigebäude.«
»Ich bin auf der Liberty Road. Können wir uns auf dem Parkplatz der First Baptist Church treffen?«
»Hat es etwas mit Drew zu tun?«
»Ich bin nicht sicher, Penn, aber es hat sehr viel mit der St. Stephen’s zu tun.«
»Ich bin in fünf Minuten da.«
18
D ie First Baptist Church ist ein massives Monument für die Befindlichkeiten der Baptisten des Südens. Errichtet auf zwanzig Hektar jungfräulichen Rasens, das der fromme Besitzer des Vor-Bürgerkriegs-Herrenhauses nebenan verkauft hatte, sieht der gewaltige Kirchenkomplex zugleich selbstgefällig und ernst aus. Heute ist alles ruhig, doch normalerweise hallt das Gelände wider vom Geschrei der Basketballer in der Kirchensporthalle oder dem Krachen von Softbällen auf dem grünen Baseballfeld hinter der Kirche.
Ich parke in der vordersten Reihe neben einer Bronzeglocke, während ich darauf warte, dass Sonny Cross erscheint. Wie in vielen anderen Teilen von Natchez sind auch hier die Kontraste grell. Auf dieser Seite des Highways befindet sichDevereaux, ein im gesamten Staat berühmtes Juwel des neoklassizistischen Architekturstils, umgeben von alten, moosbewachsenen Eichen. Auf der anderen Seite des Highways stehen ein altes Pizza Hut und eine Abfüllanlage von Coca Cola; irgendwo zwischen den schindelverkleideten Häusern dahinter befinden sich die fossilen Überreste der Armstrong Tire Plant, einst einer der größten Wirtschaftsmotoren in der Stadt.
Sonny Cross’ Ford Explorer biegt in die breite Zufahrt zum Parkplatz vor der Kirche ein. Während ich ihn beobachte, fällt mir ein, dass ich als Kind einmal die Coca-Cola-Fabrik besucht habe. Das Innere war ein riesiger freier Raum, angefüllt mit ratternder, klappernder Maschinerie. Die ehrfurchtgebietendste Apparatur im gesamten Komplex war das Fließband voll grüner Flaschen, die unter einer Düse herfuhren, wo ein halber Liter karamellfarben schäumender Flüssigkeit eingespritzt und die Flasche anschließend sofort mit einem silbernen Kronkorken verschlossen wurde. Ich hätte dieser Maschine stundenlang zusehen können. Die eiskalte Cola, die ich beim Verlassen der Fabrik geschenkt bekam, war das wohlschmeckendste Getränk, das ich je im Leben genossen hatte. Doch die Fabrik von damals existiert längst nur noch in meiner Erinnerung. Heute werden dort keine Cola-Flaschen mehr abgefüllt. Heute dient die Fabrik nur noch als Verteiler, von wo aus Laster große Aluminiumbehälter in den Überresten der Stadt verteilen, wie ich sie kannte. Wir stellen heute in Natchez überhaupt nichts mehr her.
»Hey!«, ruft Sonny vom Fenster seines Ford Explorer. »Ich hab nur ein paar Minuten Zeit. Wissen Sie schon, dass heute Abend eine außerordentliche Sitzung des Schulbeirats stattfindet?«
Der Drogenfahnder hat hellblaue Augen, einen blonden Schnurrbart und einen Vokuhila-Haarschnitt, der auf die Bühne zu Lynyrd Skynyrd gehört. Cross scheint sich selbst als eine Art Miami-Vice-Cowboy zu betrachten mit einer Vorliebe für Schlangenlederstiefel, pastellfarbene Jacketts und türkisfarbenen Schmuck.
»Ich hab davon gehört«, antworte ich.
»Gehen Sie hin?«
»Solange Sie mir nicht sagen, dass ich es lieber lassen soll?«
»Sie sollten hingehen. Die Blindgänger, die die ganze Zeit auf der Leitung gestanden haben, sind endlich wach geworden und haben mich wegen Marko Bakic um Hilfe gebeten.«
»Lassen Sie mich raten. Bill Sims?«
»Er ist einer von ihnen.«
»Was hat es mit der St. Stephen’s zu tun, dass Mike Pinella oben bei Brightside Manor halb zu Tode geprügelt wurde?«
»Möglicherweise
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