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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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aus. Ich warf den großen Teil meiner alten Kleidung weg und kaufte mir neue Sachen- meistens weiche Stoffe: Strickpullover, Kordhosen, Schuhe mit Kreppsohlen, Kaschmirpullover, Morgenmäntel, Shorts und Anorakjacken. Ich ließ die Rohre der Badewanne säubern, die ich noch nie benützt hatte, seit ich das Haus besaß. Ich begann mir Essen zu kaufen und Milch zu trinken. Ich nahm meine alte Martin-Gitarre aus der Hülle und strummte draußen auf dem Balkon. Ich hörte Schallplatten. Ich las zum erstenmal seit der höheren Schule wieder mit Genuß und zum Vergnügen. Ich bräunte mich. Ich rasierte mir den Bart ab und stellte fest, daß ich ein Gesicht hatte, und nicht einmal ein schlechtes. Ich traf mich mit guten Frauen. Ich lernte Robin kennen, und von da an wurde alles wirklich viel besser. Seid-nett-zu-Alex-Zeiten… Frührentnerdasein, sechs Monate vor meinem dreiunddreißigsten Geburtstag. Es war schön, solange es dauerte.

3
    Morton Handlers letzte Wohnung- wenn man einmal vom Leichenhaus absah - war ein Luxusapartment in Pacific Palisades, nicht weit vom Sunset Boulevard entfernt. Das Haus war an einem Steilhang erbaut und sollte eine Art Bienenwabenwirkung erzielen: eine lose miteinander in Verbindung stehende Kette einzelner Einheiten, durch Korridore miteinander verbunden und terrassenförmig zurückgesetzt, so daß jede Wohnung einen ungehinderten Ausblick auf den Ozean bot. Der Stil war ein korruptes Spanisch: blendend weiße, verputzte Mauern, rote Ziegeldächer, an den Fenstern Akzente aus schwarzem Schmiedeeisen. Azaleen und Hibiskus in kleinen Pflanzbeeten. Dazu Massen von Topfpflanzen in riesigen Terrakotta-Containern: Kokospalmen, Gummibäume, verschiedene Farne - das Ganze so provisorisch wirkend, als ob jemand die Container irgendwann am Abend abholen würde.
    Handlers Apartment befand sich in einem Zwischenstock. Die Wohnungstür war versiegelt, mit einem Aufkleber des Polizeidepartments von Los Angeles, den man darübergeklebt hatte. Viele Fußspuren hatten die Terrazzoplatten in der Nähe des Eingangs verdreckt.
    Milo führte mich über eine Terrasse mit polierten Steinen und Sukkulenten zu einer Wohnung, die diagonal gegenüber der Mordwohnung lag. An der Tür klebten Buchstaben, die etwas mangelhaft das Wort MAN GER bildeten. Milo klopfte an.
    Erst jetzt wurde mir bewußt, daß es hier erstaunlich ruhig war. Es gab sicher an die fünfzig Wohnungen in dem Komplex, aber kein Mensch war zu sehen oder zu hören, nichts deutete auf eine menschliche Behausung hin.
    Wir warteten ein paar Sekunden. Milo hob schon die Faust, um noch einmal anzuklopfen, als sich die Tür öffnete.
    »Entschuldigen Sie, ich hab’ mir gerade das Haar gewaschen.« Die Frau war in einem undefinierbaren Alter zwischen fünfundzwanzig und fünfzig. Sie hatte eine blasse Haut, die so aussah, als ob sie beim Kneifen zerknittern würde. Große, braune Augen, darüber ausgezupfte Augenbrauen. Schmale Lippen. Leichter Unterbiß. Das Haar hatte sie in ein orangefarbenes Frotteetuch gehüllt, und die Strähnen, die herausschauten, sahen mittelbraun aus. Sie trug ein ausgebleichtes Baumwollhemd mit einem Ocker-Orange-Druck über einer rostroten Stretchhose. An den Füßen dunkelblaue Turnschuhe. Ihre Augen richteten sich erst auf Milo, dann auf mich. Sie sah aus wie jemand, der oft genug im Leben herumgestoßen worden war und annahm, daß es in Kürze weitergehen würde damit. »Mrs. Quinn? Das ist Doktor Alex Delaware. Er ist der Psychologe, von dem ich Ihnen erzählt habe.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Doktor.« Ihre Hand war schmal, kalt und feucht, und sie zog sie so schnell wie möglich zurück.
    »Sarah ist in ihrem Zimmer und sieht fern. Schulfrei, bei dem, was alles passiert ist. Ich hab’ sie fernsehen lassen, damit sie auf andere Gedanken kommt.« Wir folgten der Frau in die Wohnung.
    Wohnung war eine gnädige Bezeichnung. In Wirklichkeit war es eine Sammlung größerer Schränke, die man nebeneinander plaziert hatte. Ein Architektenfurz. He, Ed, wir haben da noch ein paar Quadratmeter hinter der Terrasse von Nummer hundertzweiundvierzig. Was meinst du- nageln wir ein Dach drüber? Wir kleben einfach ein paar Rigipswände zwischen Boden und Dach, und fertig ist die Hausmeisterwohnung. Dann finden wir schon irgendeinen armen Teufel, der die Dreckarbeit macht für den Vorzug, in Pacific Palisades wohnen zu dürfen…
    Das Wohnzimmer war gefüllt mit einem Blumensofa, einem niedrigen Tisch und einem Fernseher. Das

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