Blackout - Kein Entrinnen
denken, es nicht laut auszusprechen.
Und Dr. Abbey hatte gelächelt, dieses bittere kleine Lächeln, das ich sonst nur an ihr sah, wenn sie sich unbeobachtet fühlte. Oder wenn sie ihrem großen schwarzen Hund, der den Namen ihres verstorbenen Mannes trug, etwas Nettes zuflüsterte.
»Irgendwann musst du mir mal erklären, wie du es hinbekommen hast, dir ein unterbewusstes Echo zu erschaffen, das cleverer ist als du selbst.« Noch immer grinsend hatte Dr. Abbey mich geradewegs angesehen. »Ich muss herausfinden, ob du die Infizierung ein zweites Mal loswerden kannst, und zwar außerhalb einer Laborsituation. Wenn ja, dann ändert das alles.«
Prima.
Die nächsten vier Tage vergingen wie im Flug, während wir uns auf genau das vorbereiteten, was ich geschworen hatte, mit aller Macht zu verhindern: Wir würden uns aufteilen. Nach all meinen Bemühungen, uns zusammenzuhalten, uns am Leben zu halten, zerstreute ich uns nun in alle Winde und hoffte, dass alle wieder heil nach Hause zurückkehren würden. Angefangen hatten wir als Nachrichtenseite. Irgendwann waren wir zu einer Familie geworden. Ich und George und Nach dem Jüngsten Tag . Mehr brauchte ich nicht. George hatte ich bereits verloren. Sollte ich die anderen auch noch verlieren?
Alaric würde bei Dr. Abbey bleiben, daran hatte sich nichts geändert. Sollte das Labor umziehen müssen, während wir noch unterwegs waren, war er für Dr. Abbey zu wertvoll, um ihn einfach fallen zu lassen. Darüber hinaus würde er in der Lage sein, uns mitzuteilen, wo sich das neue Labor befand. Und außerdem traute ich ihm im Feld nicht über den Weg, wenn die Sicherheit seiner Schwester auf dem Spiel stand. Es bestand die Gefahr, dass er etwas Unüberlegtes tat und sich dabei schadete. Und ich war mir nicht sicher, ob ich dann noch bereit gewesen wäre, dem Plan zu folgen, oder nicht lieber zu Dr. Abbeys hochmodernem medizinischem Versorgungszentrum zurückgerannt wäre. Vor allem, da ich mit hochmodern »besser als ein Erste-Hilfe-Kasten« meine. Wir waren noch immer untergetaucht, und falls einer von uns Probleme bekam, stellte ein Krankenhaus keine Option dar.
Maggie und Mahir machten sich zwischenzeitlich zum nördlichen Teil der Küste auf und verließen die Wildnis von Oregon, um in der zweifelhaften Sicherheit von Seattle Zuflucht zu finden. Maggie wollte so bald wie möglich wieder öffentlich in Erscheinung treten und ihre Position als Erbin der Garcias ausfüllen. Mahir würde sie dann als ihren aktuellen Lover ausgeben. »Bei schlechten Nachrichten wollen die Leute Unterhaltung«, hatte sie mit einem schelmischen Funkeln im Auge gesagt. »Ich bin eine Fiktive, wisst ihr? Ich werde ihnen eine derart schrille Geschichte auftischen, dass sie gar nicht mehr fragen werden, wo ich gesteckt habe.« Alaric war von der »Lover«-Nummer nicht sonderlich begeistert, aber sie war immerhin wasserdicht. Sie würden Maggies Berühmtheit als Tarnung nutzen, während sie Kontakt zum Untergrund in Seattle aufnahmen und den Mann ausfindig machten, der überall nur der »Monkey« hieß. Dieser konnte meinem ganzen Team neue Ausweise beschaffen, Ausweise, mit denen wir für immer abtauchen konnten, falls es nötig sein sollte.
Jedenfalls die meisten von uns. Am fünften Tag unserer Reisevorbereitungen kam Maggie zu mir. Ich räumte gerade meinen Lieferwagen aus. Dort hatte ich meistens geschlafen, weil ich die scheinbare Privatsphäre innerhalb seiner mir vertrauten Wände den zweifelhaften Annehmlichkeiten der Schlafräume im Forstamt vorzog. Zwar war die Garage nicht sicher, aber der Wagen war es, wenn man ihn erst einmal abgeschlossen hatte.
Sie klopfte einmal an der offen stehenden Tür am Heck und wartete ab.
Ich sah auf. »Ja?«
»Du weißt, dass wir vom Monkey keinen Ausweis für mich bekommen, stimmt’s?« In ihrer Miene mischten sich Schicksalsergebenheit und Trotz. Sie sah aus wie eine der Heldinnen aus den Horrorfilmen, die sie so gern anschaute, und in diesem Augenblick begriff ich, was Dave – einer unserer Kameraden, den ich begraben hatte – und Alaric an ihr fanden. Sie war schön.
Und sie hatte recht. »Ja, das weiß ich.« Ich stellte den Werkzeugkasten ab, den ich in der Hand hielt, und setzte mich auf die Stoßstange. »Du kannst nicht untertauchen.«
»Wenn mein Funk-Chip nicht noch immer Lebenszeichen an meine Eltern senden würde, hätte ich gar nicht so lange abtauchen können.« Maggie fasste sich ans Schlüsselbein. Ihre Eltern hatten ihr gleich
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