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Blade 02 - Nachtklinge

Blade 02 - Nachtklinge

Titel: Blade 02 - Nachtklinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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Euch würde ich nicht einmal einen Befehl annehmen.«
    Die Augen des Magiers verengten sich zu schmalen Schlitzen. Das Gespräch war beendet. Vermutlich hatte Andronikos lediglich herausfinden wollen, ob sein Gegner bereit war, die Fronten zu wechseln.
    Tycho schleuderte den Speer mit solcher Gewalt, dass ein gewöhnlicher Sterblicher ihn mit bloßem Auge nicht hätte verfolgen können, und rannte auf Andronikos zu. Der Magier wehrte das Geschoss mit einer lässigen Handbewegung ab. Tycho hielt abrupt inne. Mehr Zeit brauchte sein Gegner nicht.
    Der Magier richtete den Blick für einen Augenblick auf das Wasser und sah Tycho an. Lächelnd stellte er fest, dass Tycho wusste, was geschehen würde. Andronikos braucht das Wort nur zu flüstern: SKLAVE.
    Alles, was dieses Wort für Tycho bedeutete, traf ihn mit voller Wucht.
    Die Nacht, in der er beinahe in einer Schneewehe erfroren war. Auspeitschungen und schlimmere Misshandlungen. Tage, an denen er nackt an Bjornvins Tor gekettet war, zusätzlich gequält von einem Stachelhalsband.
    Erinnerungen zerschnitten Tychos Körper wie Glasscherben. Seine Muskeln wurden zu Stein, und der Schrei kam niemals aus seiner Kehle. Blut rann aus tausend Schnittwunden, und er wankte unter dem Ansturm der Erinnerungen, die er aus seinem Gedächtnis verbannt hatte.
    Der Blutstrom ließ nach, seine Wunden schlossen sich.
    Du kannst das ertragen,
sagte er zu sich selbst. Doch Andronikos hatte seine Macht erneut gesammelt und wartete nur, bis sein Opfer wieder halbwegs bei Kräften war. Diesmal lächelte der Magier nicht. Seine Miene war undurchdringlich, seine hohe Gestalt ragte so schmal und schwarz auf wie das Geäst hinter ihm. Den Kriegshunden hatte er ganze Sätze entgegengeschleudert, sie mit germanischen Rufen geblendet und zu Boden geworfen.
    Für Tycho hatte er wieder nur ein Wort. Andronikos sprach es mit kaum erhobener Stimme.
    BJORNVIN.
    Ein Nebel voller Albträume wirbelte durch Tychos Kopf.
    Er schrie auf, als sich frische Wunden auf seiner Brust öffneten, sein Fleisch glitzerte durch das zerschlitzte Seidenwams. Er versuchte verzweifelt, die Pistole zu heben. Es gelang ihm nicht.
    Er hatte so viel Schuld auf sich geladen.
    Als Bjornvin fiel, war kein einziger Wikinger mehr am Leben. Stattdessen befand sich Vinland in der Hand der Skaelingar, Barbaren mit eingeölten, ockerfarbenen Körpern, Bogen und primitiven Steinmessern. Dornengestrüpp überwucherte die einstigen Siedlungen. Er hatte das letzte Wikingerdorf an die Feinde ausgeliefert.
    Dann ebbten die Schuldgefühle ab, seine Wunden schlossen sich, die Haut legte sich über Venen und Muskeln.
    Undeutlich vernahm er Giuliettas Stimme. Sie rief ihm etwas zu.
    Kurz darauf erkannte er einen schwarzen Schatten; Rosalie, die sich auf den Magier warf. Er schleuderte sie von sich, und sie lag als blutiger Haufen auf dem Boden. Als sie versuchte, sich aufzurichten, drehte sich Andronikos zu ihr um. »Nein«, krächzte Tycho. »Ihr kämpft gegen mich.«
    Andronikos lachte.
    Tychos Magen krampfte sich vor Zorn zusammen.
    Das Ende der Nacht kündigte sich an.
    Die schwachen Vorboten des Tageslichts erschienen drohend am Horizont. Tycho sah, was Giulietta noch nicht sehen konnte, unendlich viele, feine Abstufungen des Lichts. Andronikos brauchte nur Zeit zu schinden.
    Sonnenstrahlen würden von der Lagunenmündung über das bleifarbene Wasser bis zu ihm rasen. Tycho würde sterben, ohne Giulietta helfen zu können. Wenn er ihr Leben retten wollte, musste er zu dem Monster werden, in das er sich an Deck der
San Marco
verwandelt hatte.
    Sie würde sehen, was er in Wahrheit war.
    Tycho richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Andronikos. Der Magier schien darauf zu warten, dass Tycho sich aufrappelte, um sich umso gründlicher an seinen Qualen zu weiden. Mit so viel Arroganz hatte Tycho nicht gerechnet. Die Überheblichkeit Andronikos’ war zugleich dessen Schwäche.
    Tycho erriet das nächste Wort, ehe der Magier es aussprach.
    Die Erinnerungen an Afrior rissen seinen Körper schmerzhaft auseinander, durchschnitten sein Gewebe bis auf die Knochen. Geschlagen, missbraucht, betrogen. Ihr Blick auf ihn geheftet, als der Skaelingar ihr die Kehle durchtrennte. Afrior, für die er seine Familie verraten hatte, wie sie in den Schmutz fiel und verblutete.
    Die Hölle war über Bjornvin gekommen.
    »Tycho!«
    Giuliettas Schrei brachte ihn zu sich. Ohne es zu merken, war er mehrere Schritte rückwärts getaumelt. Blut sickerte aus Wunden, an

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