Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz
hochzerbrechlichen Teilen in Miniaturausführung, die an Bord der gewöhnlichen Frachter, die zwischen Erde und Mars verkehrten, eingeschmuggelt wurden. Und davor hatte er versucht, so begehrte Schwarzmarktartikel wie Schreibmaschinen, Kameras, Tonbandgeräte, Pelze und Whiskey zu importieren, aber die Konkurrenz hatte ihn aus dem Feld geschlagen. Den Handel mit solchen lebensnotwendigen Gütern, die überall in den Kolonien im groÃen Stil verscherbelt wurden, hatten berufsmäÃige Schwarzmarktspekulanten an sich gerissen, denen ihr enormes Kapital Rückendeckung gab und die über eigene durchorganisierte Transportsysteme verfügten. Und Otto war sowieso nicht mit dem Herzen dabei gewesen. Er wollte Mechaniker werden; eigentlich war er nur deshalb auf den Mars gekommen, ohne zu wissen, dass zwei oder drei Firmen, die wie Zünfte organisiert waren, das Monopol für das Reparaturgeschäft innehatten, zum Beispiel die Yee Company, für die Steiners Nachbar Jack Bohlen arbeitete. Otto hatte die Eignungsprüfungen gemacht, war aber nicht gut genug gewesen. Also hatte er nach etwa einem Jahr auf dem Mars begonnen, für Steiner zu arbeiten und ihm sein kleines Importunternehmen zu führen. Es war demütigend, aber wenigstens brauchte er keine Handlangerdienste in einem der kolonialen Arbeitstrupps zu leisten und drauÃen unter der Sonne die Wüste urbar zu machen.
Als Otto und Steiner zur Lagerhalle zurückgingen, sagte Steiner: »Ich persönlich kann diese Israelis ja nicht ausstehen, obwohl ich die ganze Zeit mit ihnen Geschäfte machen muss. Das ist einfach unnatürlich, wie die leben, in diesen Baracken, und ständig sind sie darauf aus, Obstgärten mit
Orangen und Zitronen anzulegen, wissen Sie. Die haben einen Vorteil gegenüber allen anderen, weil sie zu Hause genauso gelebt haben wie wir hier, umgeben von Wüste und fast ohne alle Ressourcen.«
»Stimmt«, entgegnete Otto. »Aber eins muss man ihnen lassen â sie sind wirklich unermüdlich. Sie sind nicht faul.«
»Und nicht nur das. Was die Ernährung angeht, sind sie die reinsten Heuchler. Schauen Sie sich bloà mal die Unmengen Dosen nicht koscheres Fleisch an, die sie von mir kaufen. Von denen hält sich keiner an die rituellen Diätvorschriften.«
»Na, wenn Sie nicht damit einverstanden sind, dass sie geräucherte Austern von Ihnen kaufen, dann verhökern Sie doch keine an die.«
»Das ist deren Sache, nicht meine«, sagte Steiner.
Er hatte noch einen Grund, nach Neu-Israel zu fliegen, einen Grund, den nicht einmal Otto kannte. Einer von Steiners Söhnen lebte dort in einem Sondercamp für »abnorme Kinder«, wie sie genannt wurden. Unter diese Bezeichnung fiel jedes Kind, das physisch oder psychisch in einem Maà von der Norm abwich, dass es an der Public School nicht unterrichtet werden konnte. Steiners Sohn war autistisch, und die Lehrerin im Camp arbeitete nun schon seit drei Jahren mit ihm und versuchte, zwischen ihm und der menschlichen Kultur, in die er hineingeboren worden war, eine Verständigungsmöglichkeit zu schaffen.
Ein autistisches Kind zu haben war eine besondere Schande, weil die Psychologen der Meinung waren, dass dieser Zustand von einem Defekt der Eltern herrührte, gewöhnlich von einer Neigung zur Schizophrenie. Manfred Steiner, zehn Jahre alt, hatte noch nie ein Wort gesprochen. Er lief auf Zehenspitzen umher und wich den Menschen aus, als wären sie spitze, gefährliche Gegenstände. Körperlich war er ein groÃer,
gesunder, blonder Junge, und ungefähr ein Jahr lang hatten die Steiners sich gefreut, ihn zu haben. Aber jetzt â selbst die Lehrerin in Camp B-G konnte ihnen nur noch wenig Hoffnung machen. Und Lehrerinnen waren immer optimistisch; das gehörte zu ihrem Beruf.
»Vielleicht bleibe ich den ganzen Tag in Neu-Israel«, sagte Steiner, als er und Otto die Halvah-Dosen in den Hubschrauber luden. »Ich muss dort jeden einzelnen verdammten Kibbuz besuchen, und das dauert Stunden.«
»Warum wollen Sie nicht, dass ich mitkomme?«, wollte Otto ärgerlich wissen.
Steiner schurrte mit den FüÃen, lieà den Kopf hängen und sagte schuldbewusst: »Sie verstehen mich falsch. Ich hätte gern Gesellschaft, aber â¦Â« Für einen Moment erwog er, Otto die Wahrheit zu sagen. »Ich nehm Sie zur Traktorbus-Endstation mit und setz Sie dort ab â in Ordnung?« Er
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