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Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz

Titel: Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Philip K
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tanzte er nach einer unhörbaren Musik, nach einer Melodie aus seinem eigenen Innern, deren Rhythmus ihn völlig in ihren Bann schlug.
    Wie prosaisch sind wir, verglichen mit ihm, dachte Steiner. Bleiern. Wie die Schnecken kriechen wir dahin, während er tanzt und hüpft, als hätte die Schwerkraft auf ihn nicht die gleiche Wirkung wie auf uns. Bestand er vielleicht aus irgendwelchen neuen und andersartigen Atomen?
    Â»He, Manni«, sagte Mr. Steiner zu seinem Sohn.
    Der Junge hob weder den Kopf, noch ließ er sich sonst wie anmerken, dass er ihn gehört hatte; er spielte weiter mit dem Gegenstand herum.
    Ich werde an die Urheber des Gesetzentwurfs schreiben, dachte Steiner, und ihnen mitteilen, dass ich ein Kind im Camp habe. Und dass ich ihrer Meinung bin.
    Seine Gedanken erschreckten ihn.
    Mord, an Manfred – wurde ihm klar. Mein Hass auf ihn bricht hervor, freigesetzt durch diese Nachricht. Jetzt verstehe ich, warum sie heimlich darüber beraten; ich wette, viele Menschen haben diesen Hass. Im Innern, unbemerkt.
    Â»Keine Flöte für dich, Manni«, sagte Steiner. »Weshalb sollte ich sie dir schenken, möchte ich wissen? Kümmert dich das überhaupt? Nein.« Der Junge blickte nicht auf und ließ auch nicht erkennen, dass er ihn gehört hatte. »Nichts«, sagte Steiner. »Leere.«
    Während Steiner dastand, näherte sich ihm der große schlanke Dr. Glaub in seinem weißen Kittel mit einem Klemmbrett in der Hand. Steiner bemerkte ihn plötzlich und erschrak.
    Â»Es gibt da eine neue Theorie über Autismus«, sagte Dr. Glaub. »Aus Burghölzli in der Schweiz. Ich möchte sie gern
mit Ihnen besprechen, weil sie uns einen neuen Zugang zu Ihrem Sohn hier verschaffen könnte.«
    Â»Das bezweifle ich«, sagte Steiner.
    Dr. Glaub hatte es anscheinend nicht gehört, er fuhr fort: »Sie vermutet eine Störung im Zeitgefühl des autistischen Individuums, durch die alles in seiner Umwelt so beschleunigt vor sich geht, dass es dabei nicht mithalten kann, ja nicht einmal fähig ist, diese richtig wahrzunehmen, genauso als wenn wir eine Fernsehsendung im Zeitraffer in uns aufnehmen sollten, bei der die Gegenstände so schnell vorüberflitzen, dass man sie gar nicht erkennen kann, und bei der die Geräusche ein einziges Kauderwelsch bilden – verstehen Sie? Bloß noch einen extrem schrillen Tonmischmasch. Also, diese neue Theorie versetzt das autistische Kind nun in einem geschlossenen Raum vor eine Leinwand, auf die in Zeitlupe Filmsequenzen projiziert werden – können Sie mir folgen? Ton und Bild werden verzögert und sind schließlich so langsam, dass weder Sie noch ich überhaupt eine Bewegung feststellen oder den Ton als menschliche Sprache wahrnehmen könnten.«
    Müde sagte Steiner: »Faszinierend. Es gibt doch immer wieder was Neues in der Psychotherapie, nicht wahr?«
    Â»Ja«, bestätigte Dr. Glaub und nickte. »Besonders bei den Schweizern; es ist genial, wie sie die Weltsicht gestörter Personen und abgekapselter Individuen erfassen, die von normalen Kommunikationsmöglichkeiten ausgeschlossen sind, isoliert – verstehen Sie?«
    Â»Ich verstehe«, sagte Steiner.
    Dr. Glaub, der immer noch nickte, war weitergegangen und bei einem anderen Besucher stehengeblieben, einer Frau, die neben ihrem kleinen Mädchen saß und sich mit ihr ein leinengebundenes Bilderbuch ansah.
    Hoffnung vor der Sündflut, dachte Steiner. Ob Dr. Glaub weiß, dass die Behörden drüben auf der Erde Camp B-G jeden
Tag schließen können? Der gute Doktor arbeitet in idiotischer Unschuld einfach weiter … glücklich in seinen Lehrgebäuden.
    Steiner ging Dr. Glaub nach und wartete eine Gesprächspause ab, bis er sagte: »Doktor, ich möchte mich gern noch weiter mit Ihnen über diese neue Theorie unterhalten.«
    Â»Ja, ja«, sagte Dr. Glaub und entschuldigte sich bei der Frau und ihrem Kind; er nahm Steiner zur Seite, damit sie privat miteinander sprechen konnten. »Dieses Konzept von Zeitgeschwindigkeiten könnte uns einen Zugang zu Bewusstseinen eröffnen, die von der unmöglichen Aufgabe, in einer Welt, in der alles rasend schnell vor sich geht, so erschöpft sind, dass …«
    Steiner unterbrach: »Angenommen, Ihre Theorie stimmt. Wie können Sie so einem Individuum helfen, es wieder funktionsfähig machen? Wollen Sie, dass es den Rest seines Lebens

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