Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz

nichts?« Sie wandte sich an Pris und ihren Mann: »Das regt mich auf, wie er so an der Spüle steht und kein Wort sagt. Er hat noch keinen Laut von sich gegeben, seit wir den Fernseher eingeschaltet haben.«

    Â»Es liegt nicht am Fernseher, sondern an der Spinne«, sagte Pris. »Hab ich nicht recht, John R. Isidore? Aber er wird schon darüber hinwegkommen«, sagte sie zu Irmgard, die inzwischen ins Wohnzimmer hinübergegangen war, um den Fernseher auszuschalten.
    Roy Baty betrachtete Isidore still-amüsiert. Er sagte: »Isi, jetzt ist alles vorbei – ich meine, für den Mercerismus.« Er holte mit den Fingernägeln die Leiche der Spinne aus dem Ausguss. »Vielleicht war das die letzte Spinne, die allerletzte Spinne, die noch auf der Erde lebte.« Er überlegte. »In diesem Fall ist auch für die Spinnen alles vorbei.«
    Â»Mir – ist schlecht«, sagte Isidore. Er nahm eine Tasse aus dem Küchenschrank und hielt sie eine Weile in der Hand, wie lange wusste er nicht genau. Dann fragte er Roy Baty: »Der Himmel hinter Mercer ist nur gemalt? Nicht echt?«
    Â»Du hast doch die Vergrößerungen auf dem Bildschirm gesehen«, sagte Roy. »Die Pinselstriche.«
    Â»Der Mercerismus ist nicht erledigt«, sagte Isidore. Irgendetwas quälte die drei Androiden, etwas ganz Schreckliches. Vielleicht die Spinne, dachte er. Vielleicht war es wirklich die letzte Spinne auf der Erde, wie Roy Baty gesagt hatte. Und nun ist es aus mit der Spinne; aus mit Mercer; er sah ringsum in der Wohnung nur Staub und Trümmer, er hörte förmlich, wie alles zu Müll wurde, alles dem endgültigen Chaos sich näherte, dem Nichts, das eines Tages siegen musste. Es wuchs bereits um ihn herum, während er mit seiner Keramiktasse so dastand; die Regale in der Küche knarrten und splitterten, und er fühlte, wie der Boden unter seinen Füßen nachgab.
    Er streckte die Hand aus und berührte die Wand. Der Putz gab nach, graue Teilchen rieselten und stoben davon, Fragmente des Putzes, die aussahen wie der radioaktive Staub draußen. Er setzte sich an den Tisch, und die Stuhlbeine bogen sich wie vom Rost zerfressene Röhren. Rasch stand er
wieder auf, setzte die Tasse ab und versuchte, den Stuhl in die ursprüngliche Form zurückzubiegen. Aber der Stuhl löste sich in seinen Händen auf, die Schrauben, mit denen die verschiedenen Teile zusammengehalten waren, rissen aus den Gewinden und hingen lose im Rahmen. Er sah, wie auf dem Tisch die Keramiktasse zersprang. Tausend feine Sprünge breiteten sich wie Spinnweben darüber aus, und dann fiel ein Stückchen von der Kante der Tasse herunter und gab eine raue, unglasierte Bruchstelle frei.
    Â»Was macht er nur?« Er hörte Irmgard Batys Stimme wie aus weiter Ferne. »Er macht alles kaputt. Isidore, aufhören!«
    Â»Ich tue das doch nicht«, sagte er. Dann ging er mit unsicheren Schritten ins Wohnzimmer, weil er allein sein wollte. Er stand vor der durchgesessenen Couch und starrte die gelbe, schmutzige Wand an, wo die nun toten Fliegen und Käfer, die einmal darüber gekrochen waren, dunkle Flecken hinterlassen hatten. Wieder musste er an die Spinne denken, mit ihren abgeschnittenen Beinen. Alles hier ist alt, das wurde ihm jetzt klar. Der Verfall hat schon vor langem eingesetzt und wird weitergehen. Die tote Spinne hat das Regiment übernommen.
    Der Boden sackte durch und bildete eine Mulde, in der Teile von Tieren auftauchten: der Kopf einer Krähe; mumifizierte Hände, die vielleicht einmal einem Affen gehört hatten; etwas abseits stand ein Esel, er rührte sich nicht und schien doch zu leben, zumindest hatte bei ihm die Verwesung nicht eingesetzt. Er tat einen Schritt auf das Tier zu und spürte, wie unter seinen Sohlen Knochen wie dürre Äste knackten und splitterten. Aber noch bevor er den Esel erreichte – er gehörte zu den Tieren, die er am meisten liebte -, fiel von oben eine blau-schwarz schimmernde Krähe herab und ließ sich auf der Nase des gutmütigen Tieres nieder. Nichts tun, rief er laut, aber die Krähe pickte dem Esel blitzschnell
die Augen aus. Schon wieder, dachte er, jetzt widerfährt mir das schon wieder. Ich werde lange hier unten zubringen müssen, sagte er sich. Genau wie früher. Es dauert immer sehr lange, weil sich hier nichts verändert. Einmal ist der Punkt erreicht, wo sogar die Verwesung aussetzt.
    Ein