Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
interessiert, zu kichern oder mit den Männern zu flirten, mit denen Hoyt am anderen Ende des Platzes arbeitete.
Sie hatte sich zwanzig jüngere Frauen vorgenommen, in der Annahme, sie wären enthusiastischer und in besserer körperlicher Verfassung. Aber anscheinend war das ihr erster Irrtum gewesen.
Zeit, mal gemein zu werden.
»Seid still!« Ihr scharfer Tonfall unterbrach das Geschnatter. »Ich schaue mir genauso gerne gut gebaute Kerle an wie ihr, aber wir sind nicht hier, damit ihr euch einen Partner für den Herbstball aussuchen könnt. Ich soll euch beibringen zu überleben. Du da!« Sie deutete auf eine hübsche Brünette, die kräftig aussah. »Komm mal her.«
Die Mädchen kicherte, und die junge Frau trat grinsend näher.
»Wie heißt du?«
»Dervil, Lady.« Sie kreischte auf und wich zurück, als Glenna mit der Faust ausholte und sie nur Zentimeter vor ihrem Gesicht stoppte.
»Willst du so reagieren, wenn jemand auf dich losgeht, Dervil? Willst du kreischen und blubbern wie ein Fisch?« Sie packte Dervils Arm und riss ihn hoch, sodass er Dervils Gesicht verdeckte, als Glennas Faust erneut zuschlug. Ihre Unterarme prallten aufeinander.
»Das hat wehgetan!« Dervil blickte sie erschreckt an. »Ihr habt kein Recht, mir wehzutun.«
»Hier geht es nicht um Rechte, sondern um Absichten. Und es tut weniger weh, mit dem Unterarm einen Faustschlag abzuwehren, als ihn mitten ins Gesicht zu bekommen. Den Vampiren wird dein Ausdruck gefallen! Deckung! Nein, wirf nicht den Arm hoch, als wäre er ein Putzlumpen. Fest, stark. Noch einmal!« Mit jedem Schlag wich Dervil weiter zurück. »Du bist ein wahrer Leckerbissen, mit all dem Fleisch und Blut. Quieken und mit den Händen wedeln wird dir nichts nützen. Was willst du machen, wenn sie hinter dir her sind?«
»Weglaufen!«, rief jemand. Vereinzelt ertönte Gelächter, aber Glenna hielt inne und nickte.
»Weglaufen wäre eine Möglichkeit. Manchmal ist Flucht sogar der einzige Ausweg, aber ihr solltet schnell sein. Ein Vampir bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit.«
»Wir glauben nicht an Dämonen.« Dervil reckte ihr Kinn und rieb sich ihren schmerzenden Unterarm. Trotzig blickte sie Glenna an. Anscheinend hatte sie sich ihre erste Feindin in Geall gemacht.
Und wenn schon.
»Aber du kannst darauf wetten, dass sie an dich glauben. Also lauft. Bis zum Ende des Platzes und zurück. Lauft, als ob alle Dämonen der Hölle hinter euch her wären. Verdammt noch mal, ich sagte lauft!« Um sie in Bewegung zu setzen, entzündete sie ein kleines Feuer unter ihren Fü ßen.
Wieder schrien sie auf, aber sie rannten zumindest los. Wie Mädchen, dachte Glenna verzweifelt. Mit wedelnden Armen, wehenden Röcken und zierlichen Schritten. Und mindestens drei von ihnen stolperten, was sie als peinlich für alle Frauen der Welt empfand.
Da sie vermutete, dass die Hälfte nicht mehr zurückkäme, wenn sie sie weiterlaufen ließe, joggte sie ihnen hinterher.
»Okay. Ein paar von euch sind relativ schnell, aber die meisten laufen langsam und albern. Also werden wir jetzt jeden Tag eine Platzlänge laufen. Ihr müsst Hosen tragen«, sagte sie und klopfte auf ihre Trainingshose. »Zum Training müsst ihr Männerkleidung tragen. Röcke behindern euch nur.«
»Eine Dame …«, begann eine der Frauen, aber ein eiskalter Blick von Glenna ließ sie verstummen.
»Ihr seid keine Damen, wenn ich euch trainiere. Ihr seid Soldaten.« Sie musste es mit einer anderen Taktik versuchen, dachte sie. »Wer von euch hat Kinder?«
Einige hoben die Hände, und sie suchte sich eine Frau aus, die wenigstens etwas interessiert wirkte. »Du? Wie heißt du?«
»Ceara.«
»Was würdest du tun, Ceara, wenn jemand deinem Kind etwas antun wollte?«
»Ich würde natürlich kämpfen. Mein Kind würde ich bis zum letzten Blutstropfen verteidigen.«
»Zeig es mir. Ich bin hinter deinem Kind her. Was tust du?« Als Ceara sie verständnislos anblickte, fuhr Glenna fort: »Ich habe deinen Mann getötet. Er liegt tot zu deinen Füßen, und jetzt kannst nur noch du dein Kind retten. Halte mich auf!«
Ceara hob die Hände, hielt sie wie Klauen und ging halbherzig
auf Glenna los. Sie rang nach Atem, als Glenna sie über die Schulter auf den Rücken warf.
»Wie willst du mich denn so aufhalten?«, fragte Glenna. »Dein Kind schreit nach dir. Tu etwas!«
Ceara sprang auf. Glenna ließ sich angreifen, warf Ceara dann aber einfach auf den Rücken und drückte ihr den Ellbogen an die Kehle.
»Das war besser,
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