Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
Gefängnis war von den Unterkünften, dem Lager und den Arbeitsräumen durch einen langen Tunnel getrennt. Sie hatte sich unter der Erde eine Art Schloss gebaut. Die Zimmer, die er passierte, waren üppig eingerichtet, andere waren versperrt, und es standen Wachen davor.
Ein Mann und eine Frau in schwarzen Jeans und Pullovern trugen frische Bettwäsche durch den Tunnel. Anscheinend waren es Dienstboten, dachte er, möglicherweise sogar menschliche Diener. Beide blieben stehen, als Lilith näher kam, und verbeugten sich tief.
Lilith schritt an ihnen vorüber, als ob sie nicht existierten.
Larkin hörte Kampfgeräusche und blieb an einem Tunnel
stehen, um hineinzublicken. Ein Trainingsbereich, nicht unähnlich dem, den sie bei Cian hatten. Die Vampire kämpften mit Schwertern, Sicheln, Dolchen oder den blo ßen Händen.
Zwei unbewaffnete, mit Ketten gefesselte Gefangene wurden als Übungspuppen benutzt.
Er sah, wie der Vampir namens Lora mit dem Schwert auf einen großen, männlichen Vampir losging. Sie trugen keine Schutzkleidung, und die Klingen waren messerscharf.
Sie sprang hoch und über ihren Trainingspartner hinweg, mit derart schnellen Bewegungen, dass man sie kaum wahrnahm. Dann wirbelte sie herum und stieß ihm das Schwert in die Brust.
Als er zu Boden sank, sprang sie auf ihn. »Du fällst jedes Mal darauf herein.« Sie beugte sich vor und leckte spielerisch an dem Blut. »Wenn du ein Mensch wärst, mon cher, wärst du tot.«
»Mit dem Schwert kann dich niemand besiegen«, erwiderte er keuchend. Er streichelte ihr über die Wange. »Ich weiß gar nicht, warum ich es überhaupt versuche.«
»Wenn Lilith mich nicht braucht, machen wir noch eine Runde.« Sie fuhr mit der Fingerspitze über seine Wange.
»Vielleicht später … im Morgengrauen.«
»Wenn die Königin mich nicht bei sich haben möchte, komme ich zu dir.« Sie beugte sich vor und küsste ihn leidenschaftlich. Dann steckte sie ihr blutiges Schwert in die Scheide und ging hinaus. Larkin folgte ihr.
Sie hielt kaum inne, als die Frau, die aus dem Käfig befreit worden war, weinend vor ihr zu Boden sank. Lora trat einfach über sie hinweg und blickte zu dem rot glühenden Augenpaar an der Decke. »Spielst du schön, Davey?«
»Ich wollte Verstecken spielen, aber sie fällt dauernd
hin. Mach, dass sie aufsteht, Lora! Sie soll noch ein bisschen rennen. Ich bin noch nicht fertig mit Spielen.«
Seufzend bückte Lora sich und zog den Kopf der Frau an den Haaren hoch. »Wenn du jetzt nicht losläufst und unseren Liebling Davey unterhältst, schneide ich dir alle deine Finger ab, einen nach dem anderen. Und dann die Zehen.« Sie erhob sich, wobei sie die Frau mit sich zerrte. »Und jetzt, allez! Lauf!«
Als die Frau weinend weiterrannte, warf Lora Davey einen Blick zu. »Warum gibst du ihr keinen größeren Vorsprung? Das ist viel sportlicher, und das Spiel dauert dann auch länger.«
»Es wäre lustiger, wenn du mitspielen würdest. Mit dir macht es immer mehr Spaß.«
»Nichts würde ich lieber tun, aber ich muss jetzt zu deiner Mutter. Vielleicht können wir später noch ein bisschen spielen.« Sie warf ihm einen Luftkuss zu und ging weiter.
Larkin huschte hinter ihr her. Ihm war übel.
Sie trat in ein Zimmer, und Larkin spürte Magie in der Luft vibrieren. Die Tür fiel mit einem dumpfen Geräusch ins Schloss.
»Ah, Lora. Wir haben schon auf dich gewartet.«
»Ich habe noch schnell mit Lucius zu Ende trainiert, und dann habe ich Davey getroffen. Er hat großen Spaß.«
»Er braucht unbedingt ein bisschen Abwechslung.« Lilith streckte die Hand aus, Lora trat zu ihr und ergriff sie. Gemeinsam, beinahe Wange an Wange, blickten sie zu dem Mann, der mitten im Zimmer stand.
Er trug ein schwarzes, rot eingefasstes Gewand. Eine dicke, silberne Haarmähne umrahmte ein Gesicht mit Augen so dunkel wie Onyx, einer langen, gebogenen Nase und schmalen, ernst zusammengepressten Lippen.
Hinter ihm im Kamin brannte ein Feuer. Darüber hing
ein Kessel, aus dem blassgrüner Rauch aufstieg, der die gleiche Farbe hatte wie das Licht in den Höhlen. Auf zwei langen Tischen standen Glasgefäße und Schalen. Was darin schwamm, sah lebendig aus.
»Midir.« Lilith streckte den Arm aus. »Ich wollte, dass Lora an unserem Gespräch teilnimmt. Sie vermittelt mir Ruhe, und wie du weißt, brauchte ich Zeit, um mich nach diesem Desaster vor ein paar Tagen zu erholen.«
Sie trat zum Tisch, ergriff eine Karaffe und goss die rote Flüssigkeit darin in ein
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