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Blaubeeren und Vanilleeis

Blaubeeren und Vanilleeis

Titel: Blaubeeren und Vanilleeis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Helgadottir
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den Rücken.
    Mama nahm sich Zeit für Sesselja. Sie zeigte ihr, wie sie das alles so machte, und Sesselja durfte jede Ecke und jeden Winkel in der Werkstatt inspizieren: die Töpferscheibe, den Ofen, die Glasuren und alles, was man sonst noch so in einer Werkstatt braucht.
    »Wie tüchtig du bist«, sagte Sesselja immer wieder zu Mama. »Und jetzt würde ich gern wissen, ob ich etwas bei dir kaufen kann.«
    Mama antwortete, dass Sesselja sich in aller Ruhe etwas Schönes aussuchen solle. Sie selbst wolle in der Zwischenzeit mal eben ins Haus gehen und sich stärken, und sie bat Vildis, mitzukommen. Mama fand es immer unangenehm, den Leuten dabei zuzusehen, wenn sie sich etwas aussuchten.
    »Hoffentlich kauft sie viel«, sagte Vildis in der Küche. »Das können wir gebrauchen, wo doch die Jungs …«
    Mitten im Satz brach sie ab. Sie erinnerte sich an das, was Oma gesagt hatte.
    »Ich hoffe bloß, dass Sesselja etwas findet, das ihr gefällt«, sagte Mama.
    Vildis fand Mamas Einstellung rätselhaft. Mama war es nämlich gar nicht so wichtig, dass die Leute große und teure Teile kauften. Am meisten freute sie sich, wenn jemand etwas fand, dass ihm richtig gut gefiel – auch wenn das nur ein klitzekleines Teil war, das nicht viel kostete. Dabei brachten die großen Teile einfach mehr Geld.
    »Ich mache das nicht nur fürs Geld, meine Vildis«, sagte Mama. »In erster Linie möchte ich etwas Schönes schaffen. Das ist es, was ich gelernt habe und was ich kann. Dafür könnte ich zum Beispiel nie bei einer Bank oder in einem Büro arbeiten.«
    Zum Glück, dachte Vildis und kicherte, denn sie sah auf einmal Filialleiter Brosi vor sich. Andererseits: Bei einer Bank würde Mama vielleicht mehr verdienen.
    Schon komisch, diese Erwachsenen: Mama macht es glücklich, schöne Dinge aus Ton herzustellen, obwohl sie damit nicht so viel verdient wie bei einer Bank, und auch Oma findet das völlig in Ordnung. Wer weiß – irgendwas wird da schon dran sein.
    Doch als die beiden wieder in die Werkstatt kamen und sahen, was Sesselja alles kaufen wollte, bemerkte Vildis erfreut, dass sich Sesselja keineswegs nur Kleinigkeiten ausgesucht hatte.
    »Diese Blumentöpfe finde ich hinreißend«, sagte Sesselja. »Ich freue mich schon, sie auf unsere Veranda zu stellen.« Sie hatte sich drei Riesenpötte ausgesucht, in braunen und grünen Farben und mit kleinen Vögeln darauf. Goldregenpfeifer. Die mag Mama so gern. Dazu hatte Sesselja noch vier Hängetöpfe mit demselben Dekor ausgewählt.
    »Diese Blautöne, wunderbar.« Sesselja hatte vor lauter Begeisterung rote Wangen. »Und dieses Service«, sie deutete auf ein Geschirr-Set, »… einfach entzückend.«
    Vildis fand, dass Sesselja auf einmal viel netter aussah. Ob man schön wird, wenn man schöne Dinge um sich herum hat?
    »Und das Vogelbecken will ich mir auch gönnen. Der Waschzuber auf unserer Veranda hat mir nie gefallen. Der ist längst rostig und verbeult.«
    Mama kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Vildis sah sie an und grinste von einem Ohr zum anderen. Doch Mama wirkte beinahe verlegen. Noch nie hatte sie einem einzigen Menschen so viel auf einmal verkauft.
    Mama ging mit Sesselja in die Küche und bot ihr Kaffee und ein aufgewärmtes Tiefkühlschinkenhörnchen an. Sesselja war hochzufrieden.
    »Jetzt rufe ich Brosi an und bitte ihn, uns zu helfen, die Sachen in die Autos zu tragen. Mein Kofferraum ist schon voll.«
    Sie zückte ihr Handy und telefonierte kurz. »Wie nett es bei euch ist«, sagte sie wieder und wieder, nachdem sie aufgelegt hatte. »Ich höre erst auf, wenn es bei Brosi und mir genauso gemütlich ist wie hier.«
    Als Brosi ankam, bekam er selbstverständlich ebenfalls Kaffee und Brot mit Räucherfleisch, und er ließ sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als Sesselja bezahlte. Dabei war das nicht gerade wenig. Als Mama die Summe nannte, hatte Vildis eine Mordsangst, dass er vor Schreck einen Herzanfall bekommen würde. Einhundertsechzigtausend Kronen! Doch er fand das völlig in Ordnung. Vildis hätte ihm vor Freude fast ein Küsschen gegeben – nicht unbedingt auf den Mund, aber trotzdem.
    Als Brosi mit Mamas Hilfe die Einkäufe zu den Autos geschleppt hatte, lief Mama noch einmal zur Werkstatt. Sie kam mit einer schmucken Vase in zarten Blau- und Grautönen zurück und drückte sie Sesselja in die Hand.
    »Ein kleines Dankeschön«, sagte sie und verschwand in Sesseljas Umarmung.
    »Ach, wie reizend von dir«, seufzte Sesselja, ganz

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