Blaubeertage (German Edition)
Skye und wir beide drehen uns um und stehen einer Art Security-Mann gegenüber, der uns missbilligend mustert.
»Wie süß. Private Security«, sagt Skye.
Er zieht die Augenbrauen zusammen. »Eine private Security, die einen direkten Draht zur Polizei hat. Na los, dann wollen wir mal kurz mit Mr Spence sprechen, ja?«
Diese Aussicht müsste eigentlich einen Schatten auf den Abend werfen, tut sie aber nicht. Vielleicht, weil all das so unwirklich ist – wie wir da mit dem Klopapier in der Hand in der Dunkelheit stehen. Wirklicher wird es erst, als wir auf Mr Spence' Veranda stehen und er uns eingehend mustert. Wieso bloß kann ich immer noch nicht aufhören zu lachen?
»Sir, was soll ich mit den beiden machen?«, fragt der Sicherheitstyp.
Mr Spence mustert mich nochmals und legt seinen Kopf schief. Ich frage mich, ob ihm wohl einfällt, dass wir uns schon einmal begegnet sind. Warum sollte es? Ich bin bloß ein Name, den er vor Wochen einmal kurz gehört hat. Als er dann sagt, »Caymen, richtig?«, bleibt mir das Lachen im Hals stecken.
Ich nicke. Natürlich erinnert er sich an mich. Ich stehe dafür, dass sein Sohn sich gegen ihn auflehnt. Ich bin das letzte Mädchen auf Erden, das Mr Spence billigen würde. Mein Name und mein Gesicht sind wahrscheinlich in seinem Gedächtnis eingraviert.
»Spielt ihr meinem Sohn etwa einen Streich?«
Ich nicke wieder.
Er lacht. »Um ehrlich zu sein: Dieser Klopapierstreich – so nennt ihr das doch? – ist noch keinem meiner Kinder passiert.« Er dreht sich zu dem Security-Typen um. »Alles in Ordnung, Bruce.« Zu uns sagt er dann: »Warum kommt ihr beide nicht rein?«
Meine Brust zieht sich vor Schreck zusammen, während ich auf die Klopapierrollen schaue, die ich immer noch umklammert halte. »Nein, das ist nicht nötig. Wir gehen dann jetzt. Wenn Sie mir einen Müllbeutel geben, machen wir gerne alles wieder sauber.«
Er winkt ab. »Nein. Dafür haben wir Personal. Und ich bestehe darauf. Ihr müsst reinkommen.«
»Es ist schon spät. Wir …«
»Caymen?«
Xanders Stimme setzt so was wie eine plötzliche Hitzewelle in mir in Gang. Meine Wangen werden heiß. Er kommt in Pyjamahose und T-Shirt an die Tür. Selbst sein Pyjama sieht teuer aus. Er schaut auf das Klopapier in meiner Hand und dann rüber zu Skye und ihrem Klopapier.
»Wir haben Wahrheit oder Pflicht gespielt«, platze ich heraus. »Wir durften uns nicht erwischen lassen.« Skye fängt an zu kichern und ich schließe mich ihr an.
Seine Augen funkeln und er unterdrückt ein Lachen. »Kommt rein. Tess hat vorhin heiße Schokolade gemacht. Ich glaube, es ist noch etwas übrig.«
Ich bin mir nicht sicher, ob ich wissen muss, wer Tess ist, aber ich verkneife mir die Frage. Klopapier in der Hand zu halten, ist schon entwürdigend genug für einen Abend. »Nein, aber danke. Ehrlich, wir wollten gerade gehen.«
»Ich bestehe darauf«, sagt er.
Skye prustet los. Wegen Xander, da bin ich mir ziemlich sicher, denn eben hat er genauso wie sein Dad geklungen. Aber sie hält den Mund, wahrscheinlich, weil sie mich entscheiden lassen will, wie sich das hier weiterentwickeln soll. Ich schaue zwischen Xander und seinem Vater hin und her, die mich beide erwartungsvoll ansehen, die Arme verschränkt, die Augenbrauen auf die gleiche Art zusammengezogen. Als ich sehe, wie ähnlich sie sich sind, frage ich mich, ob ich meinem Dad irgendwie ähnele. Ich sehe zwar wie meine Mom aus, bin aber überhaupt nicht wie sie.
»Na gut. Aber nur kurz. Es ist spät. Wir hatten ehrlich nicht vorgehabt zu stören.«
Die Küche ist riesig. Arbeitsplatten aus hellem Marmor. Eine monströse Kücheninsel. Der Kühlschrank ist größer als irgendein Kühlschrank, den ich je in einem Haus gesehen habe. Er sieht beinahe wie einer der Gefrierschränke in der Kühlabteilung eines Supermarktes aus.
Sein Dad folgt uns in die Küche. »Tess ist übrigens schon gegangen, aber ihr findet euch sicher alleine zurecht.«
Tess muss die Köchin sein.
»Gute Nacht. Alexander, lass es nicht zu spät werden«, sagt er und verlässt die Küche.
Xander geht zum Herd, auf dem ein Teekessel steht, und hebt ihn hoch. »Leer.«
»Ist schon okay.«
»Nein, ich hab’s im Griff. Ich glaube, irgendwo muss hier dieses Pulverzeug sein.« Er sieht in den Schränken nach. Da er offensichtlich nicht lockerlassen wird, bis wir unsere heiße Schokolade haben, gehe ich zum Herd, schnappe mir den Kessel, fülle ihn mit Wasser und studiere dann die Anschaltmechanik.
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