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Blaue Wunder

Blaue Wunder

Titel: Blaue Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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Schachzug halten.
    Was soll ich jetzt machen? Ein guter Charakter schützt einen ja nicht davor, sich zu langweilen. Gehe vielleicht mal runter zu dem doofen Super-Nucki und leih mir einen anspruchsvollen Film aus. Erdal hat komisch reagiert, als ich ihm von meinen Vorsätzen erzählte: «Du willst unkompliziert werden? Lass das bloß bleiben! Als ich das letzte Mal unkompliziert sein wollte, habe ich mir noch am selben Abend den Zeh gebrochen.» Auch meine Frage, ob er morgen mit mir ins Museum gehen würde, irritierte ihn: «Ins Museum? Warum? Ist da morgen happy hour?»

  «Stell dir bloß mal vor, 
der Leonardo DiCaprio wäre nicht 
     mit der untergegangen.  
Ein Albtraum!»
     

    «Elisabeth, was geht hier vor?»
    Oh, wie peinlich, wie unglaublich peinlich!
    Erdal hatte doch gesagt, er sei den ganzen Tag unterwegs. Wieso steht er dann jetzt in meiner Zimmertür? Ich hatte fest damit gerechnet, einige Stunden allein zu sein, und mich entsprechend schutz- und arglos in eine, nun ja, in eine Situation begeben, bei der man unter keinen Umständen Zeugen haben will.
    Ich drehe wie in Zeitlupe meinen Kopf zu Erdal und sehe in seinem Gesicht, wie ich es befürchtet habe, das schiere Entsetzen.
    «Kannst du nicht anklopfen?», frage ich möglichst bissig, um die Aufmerksamkeit von meinem absurden Aussehen auf seine üble Schuld umzulenken.
    «Ich habe geklopft. Aber du warst wohl so in deine Selbstgespräche vertieft, dass du mich nicht gehört hast.»
    Ich bin gekränkt.
    «Das sind keine Selbstgespräche, das ist mein Dünndarm- Energiekanal-Mantra.»
    Erdal kommt ein paar Schritte näher, setzt sich auf mein Bett und betrachtet mich wie ein extrem seltenes und extrem unansehnliches Tier. Ich muss zugeben, dass mein Anblick höchstwahrscheinlich etwas Befremdliches hat, und ich höre förmlich, wie Erdal demnächst abends in der Küche erzählen wird: «Ich kam in Ellis Zimmer und erstarrte. Sie saß mitten im Raum auf einem Stuhl, nahm ein Fußbad, rieb sich ein Ohr und murmelte ständig irgendwas vor sich hin. An der Wand hatte sie meine grüne Tischdecke aufgehängt, auf dem Fußboden lag ausgestreckt wie eine Leiche mein gelber Regenmantel. Das Ganze war in krankhaftes gelbes Licht getaucht, das aus der Stehlampe kam, die Elisabeth Dückers auf sich gerichtet hatte. Ihr könnt euch vorstellen, was ich für einen Schrecken bekommen habe. Noch Stunden später musste ich mit Johanniskraut inhalieren, so aufgewühlt war ich.»
    Erdal hört einfach nicht auf, mich sprachlos anzustarren. Ich habe gehofft, er würde die Situation vielleicht mit einem lockeren «Hach nee, kaum bin ich mal fünf Minuten aus dem Haus.» entkrampfen. Aber damit ist wohl nicht mehr zu rechnen. Ich werde hier einiges erklären müssen, um nicht wie die letzte Vollidiotin dazustehen.
    «Erdal, würdest du mir bitte das Handtuch reichen? Du sitzt drauf.»
    Er reicht mir das Handtuch, wortlos, mit immer noch weit aufgerissenen Augen. Ich nehme meine Füße aus der Schüssel, trockne sie ab und ziehe Socken an. Um meiner lächerlichen Lage etwas entgegenzusetzen, bemühe ich mich, diese Bewegungen mit einer natürlichen Grandezza auszuführen.
    «Ich habe mich nur an die Regeln gehalten», sage ich schließlich knapp.
    «Was für Regeln?»
    «Na, die aus Na ja, und weil ich schließlich annehmen durfte, eine Weile allein zu sein, dachte ich, ich probier’s mal aus.»
    Erdal ist tiefer verstört, als ich es für möglich gehalten hätte. Langsam werde ich unsicher und sauer. Schließlich habe ich mich hier zum Deppen gemacht, und er hat mich dabei überrascht. Eigentlich also kein Grund für

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