Blaue Wunder
hat.»
Feierlich übergab er mir «Spider-Man 2». Und mit einem Mal konnte ich gar nicht schnell genug zurück in die Wohnung kommen. Ich öffnete die Fenster, weil es doch immer noch ziemlich unangenehm nach verbranntem Pullover roch, legte die DVD ein und checkte ohne große Erwartungen mein Handy. Vielleicht hatte Erdal mir geschrieben, wann er nach Hause kommen würde. Ich hatte ein kleines schlechtes Gewissen, weil ich ihn im «Strip and Dance»-Kurs einfach hatte stehen lassen. Keine SMS von Erdal.
Aber eine von AMORE MOBIL.
«Hi, Elli! War ein paar Tage auf Geschäftsreise. Du gehst mir nicht aus dem Kopf. Wollen wir uns sehen? Elbspaziergang am Dienstag? Könnte dich um halb sechs im Reisebüro abholen. Martin.»
«Sex-Geheimnisse
für den ultimativen
Lust-Trip»
«Bist du eigentlich gut im Bett?»
«Wie bitte? Was ist denn das für eine Frage?»
«Ist doch ganz klar und einfach formuliert: Bist du gut im Bett?»
«Selbstverständlich bin ich gut im Bett.»
«Und woher willst du das so genau wissen?»
«Na ja, weil. Sag mal, was geht dich das denn überhaupt an?»
«Ich möchte einfach nur, dass du perfekt auf dein Treffen mit Martin vorbereitet bist. Und sollte es zum Äußersten kommen, womit wir ja alle rechnen, wäre es sicher klug, ihn mit einer raffinierten sexuellen Technik zu überraschen. Du darfst nicht unterschätzen, wie leicht man Männer durch überdurchschnittlichen Sex an sich fesseln kann. Und da unser guter Martin mit seiner Astrid ja wohl schon Jahre zusammen ist und sich im Bett garantiert mit ihr langweilt, solltest du genau in diese Bresche springen.»
«Ach, tatsächlich? Und was stellt sich Herr Erdal Küppers da so vor? Lacklederstiefel und Peitsche? Oder doch lieber das Dienstmädchenkostüm?»
«Mach dich nur lustig. Was ich meine, sind die feinen erotischen Nuancen. Die Gewürze der körperlichen Liebe sozusagen, die den Unterschied ausmachen zwischen einem Kantinenessen und einem Gourmet-Menü. Aber bitte schön, wenn Fräulein Dückers der Meinung ist, schon zu den Spitzenköchen zu gehören, ich will meinen Rat ja nicht aufdrängen. Aber eines will ich doch noch sagen: Ich glaube nicht, dass eine Frau, die wirklich spitze im Bett ist, jemals verlassen wurde. Und schon gar nicht wegen einer langjährigen Verlobten mit dem Kosenamen Stumpi. Aber du wirst schon wissen, was du tust.»
«Du bist echt fies.»
«Manche Leute muss man eben zu ihrem Glück zwingen.»
«Na gut, also, was muss ich tun?»
Erdal machte ein gewichtiges Gesicht.
«So einfach ist das natürlich nicht, aber du kannst von Glück sagen, dass ich in dieser Sache schon einiges an Vorarbeit geleistet habe.»
Erdal schichtete einen imposanten Stapel Bücher auf den Küchentisch. Es war Samstagmittag, und wir hatten uns zu einem gemeinsamen Fastenmahl zusammengefunden. Durch Martins SMS war meine Motivation, innerhalb kürzester Zeit möglichst viel abzunehmen, natürlich ins Unermessliche gestiegen. Ich hatte praktisch gleich nachdem ich gestern Abend seine SMS gelesen hatte, das Essen eingestellt. Ich war auch viel zu aufgeregt und zu beschäftigt gewesen, um an die Aufnahme von Nahrung überhaupt denken zu können.
Zunächst hatte ich Petra eine Mail mit Martins SMS nach Indien geschickt mit der Bitte um schnellstmögliche Stellungnahme. Dann hatte ich Erdal angerufen, der mit der «Strip and Dance»-Lehrerin noch bei einem Weinchen saß. Als er hörte, was geschehen war, versprach er innerhalb der nächsten halben Stunde zu Hause zu sein, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Tina anzurufen, traute ich mich nicht, weil die sicherlich mit der Klärung ihrer eigenen Probleme beschäftigt war. Und so versuchte ich mich zunächst alleine daran, Martins SMS zu interpretieren und das Maximum in die wenigen Zeilen hineinzudeuten.
«Hi, Elli!» Das klang zunächst natürlich recht emotionslos. Aber es konnte auch gut sein, dass er diese distanzierte Anrede extra gewählt hatte, um möglichst cool zu wirken und mir dadurch zu imponieren. Eine durchaus einleuchtende Erklärung, wie ich fand. Den Satz «Du gehst mir nicht aus dem Kopf» konnte ich gar nicht oft genug lesen. Daran gab es nun wirklich nichts herumzudeuteln: Offenbar hatte ich Martin bei unserem Treffen im «Indochine» schwer beeindruckt. Er hatte gemerkt, wie viel ich ihm bedeute, und war nun bereit, alles zu tun, um mich zurückzugewinnen. Er würde mich im Büro zum Spazierengehen abholen! Ich meine, das war doch schon fast
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