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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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stimmt.«
    »Was soll stimmen?«, fragte Carrie entgeistert.
    »Was Dr. Klein und der Detective vermutet haben. Vielleicht habe ich den Jungen tatsächlich entführt.«
    »Sag doch so was nicht!«
    »Vielleicht werde ich wahnsinnig. Mir kommt es tatsächlich ein bisschen so vor.«
    »Sagen Sie ihm, dass er nicht wahnsinnig ist«, wandte Carrie sich in drängendem Ton an Frieda. Dabei klang ihre Stimme ein wenig unsicher.
    »Ich komme mir vor wie in einem Albtraum, in dem alles außer Kontrolle gerät«, fuhr Alan fort. »Erst werde ich von einem beschissenen Doktor zum nächsten weitergereicht. Dann finde ich endlich eine Ärztin, der ich vertraue. Sie bringt mich dazu, Dinge auszusprechen, von denen ich vorher nicht einmal wusste,
dass sie mir im Kopf herumgingen, und dann hängt sie mich deswegen bei der Polizei hin. Ein Detective taucht bei mir auf und möchte wissen, was ich an dem Tag gemacht habe, an dem der kleine Junge verschwunden ist. Dabei wollte ich doch nur wieder richtig schlafen können. Ich wollte nur meinen Frieden.«
    »Alan«, sagte Frieda, »nun hören Sie mir mal zu. Viele Leute haben das Gefühl, wahnsinnig zu werden.«
    »Das heißt aber nicht automatisch, dass es in meinem Fall nicht zutrifft.«
    »Nein, da haben Sie recht.«
    Plötzlich lächelte er. Das Grinsen, das sich über sein Gesicht ausbreitete, ließ ihn schlagartig jünger wirken. »Warum fühle ich mich besser und nicht schlechter, wenn ich Sie das sagen höre?«
    »Wie auch immer, ich wollte Sie wissen lassen, was ich getan habe, und mich dafür entschuldigen. Ich verstehe auch, wenn Sie die Therapie bei mir nicht fortsetzen möchten. Ich kann Sie an jemand anderen überweisen.«
    »Nicht noch jemand anderen.«
    »Soll das heißen, Sie wollen weitermachen?«
    »Meinen Sie, Sie können mir helfen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Alan schwieg einen Moment. »Ich kann mir nichts vorstellen, was nicht noch schlimmer wäre«, sagte er schließlich.
    »Alan!«, stieß Carrie hervor, als hätte er sie verraten. Plötzlich empfand Frieda Mitleid mit Carrie. Obwohl es sehr häufig vorkam, dass Patienten ihr von ihren Partnern oder anderen Familienmitgliedern erzählten, war Frieda es nicht gewohnt, die Betreffenden persönlich kennenzulernen und auf eine so unmittelbare Weise in deren Angelegenheiten hineingezogen zu werden.
    Sie stand auf, nahm ihren Trenchcoat von der Stuhllehne und zog ihn an. »Vielleicht sollten Sie beide erst einmal in Ruhe darüber reden«, sagte sie.

    »Da gibt es nichts zu reden«, widersprach Alan. »Wir sehen uns am Dienstag.«
    »Nur wenn Sie wirklich sicher sind, dass Sie das wollen.«
    »Das bin ich.«
    »Gut. Ich finde selbst hinaus.«
    Sie zog die Küchentür hinter sich zu und blieb draußen noch einen Moment stehen, um einen weiteren Blick auf die Fotos an der Wand zu werfen. Dabei kam sie sich vor wie eine Spionin – als würde sie die beiden absichtlich belauschen. Sie vernahm ihre Stimmen, konnte aber nicht hören, ob sie sich stritten. Sie betrachtete das Foto von Alan und seinen Eltern etwas genauer. Er machte darauf einen eher pummeligen Eindruck und hatte eine feierliche Miene aufgesetzt. Schon damals wirkte sein Lächeln ängstlich, sein Blick kummervoll. Frieda entdeckte eine Porträtaufnahme seiner Eltern, die aussah, als wäre sie anlässlich irgendeines Jahrestags von einem Straßenfotografen gemacht worden. Sie trugen jedenfalls ihre Sonntagskleidung. Die Farben wirkten fast grell. Frieda musste lächeln, aber dann gefror das Lächeln plötzlich. Sie murmelte etwas vor sich hin, als wollte sie es zumindest leise aussprechen, um es ja nicht zu vergessen.
     
    »Warum, zum Teufel, hast du ihn verlassen?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich ihn verlassen habe. Ich habe gesagt, dass es vorbei ist.«
    »Ach, nun hör aber auf, Frieda!« Olivia tigerte durch ihr Wohnzimmer. Hin und wieder stolperte sie, weil sie so hochhackige Schuhe trug. Ohne Rücksicht auf Verluste trampelte sie damit über Klamotten und Gegenstände, ein sehr volles Glas Rotwein in der einen Hand, eine Zigarette in der anderen. Der Wein schwappte immer wieder über den Rand des Glases, sodass sie eine Spur aus kleinen roten Tropfen hinterließ. Die Asche an ihrer Zigarette wurde immer länger, bis sie ebenfalls zu Boden fiel und von Olivias Absätzen in den schmuddeligen Teppich getreten wurde. Sie trug eine golden glitzernde
Strickjacke, die ihr viel zu eng war, sodass sie zwischen den Brüsten auseinanderklaffte, dazu eine

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