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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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musste sie, Pia, eben einspringen, so gut es ging. Wenn wenigstens meine Mutter Zeit hätte, dachte sie mit einem Stoßseufzer und wischte Clarissa über das erhitzte, tränennasse Gesicht.
    »Oma macht gerade Ferien, Schatz. Komm, wir beide gehen jetzt hoch, und du darfst in die Badewanne. Die Sachen hier unten hole ich, wenn Papa da ist.«

5. Kapitel
 
    A uf der Fahrt von Neustadt nach Lübeck zum Institut für Rechtsmedizin herrschte Stillschweigen im Wagen. Seit der knappen Begrüßung vor ihrem Haus hatte Heidelinde Michaelis mit Heinz Broders kein Wort mehr gewechselt. Ihm war das ganz recht so. Die Anspannung aufgrund des vor ihr liegenden Ereignisses stand Frau Michaelis ins Gesicht geschrieben. War der Tote, den sie sich gleich ansehen sollte, tatsächlich ihr Ehemann?
    Diese Identifizierungen waren niemals angenehm. Auch belanglose Plaudereien, auf die er sich sowieso nicht besonders verstand, würden es ihr nicht leichter machen, dachte Broders, während er den Wagen durch den allmählich abflauenden Berufsverkehr lenkte.
    Inzwischen hatten er und die anderen Mitarbeiter der Mordkommission einen recht genauen Überblick über die Ereignisse des Wochenendes erhalten.
    Die Juvenile , Holger Michaelis Segeljacht, war am Freitagabend aus ihrem Heimathafen Grömitz ausgelaufen. Es handelte sich bei der Jacht um eine Comet aus der italienischen Werft Comar. Der Hafenmeister hatte die Juvenile zwar auslaufen sehen, doch auch er konnte nichts darüber aussagen, wer sich außer Michaelis noch an Bord befunden hatte. Holger Michaelis’ Auto hatte sich inzwischen bereits eingefunden. Er parkte in einer Seitenstraße unweit des Jachthafens.
    Am Samstagnachmittag war Michaelis’ Schiff dann der Skandinavienfähre Peer Gynt in die Quere gekommen. Die Fähre hatte bei einem Ausweichmanöver die Jacht achtern erwischt. Der Kapitän der Fähre hatte daraufhin über Funk Hilfe herbeigerufen, doch die koordinierte Suche am Ort der Kollision hatte keine Besatzungsmitglieder der Juvenile bergen können. Die Bremen , der Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, das Seeboot der Wasserschutzpolizei und der Hubschrauber Christoph 12 waren unverrichteter Dinge wieder zurückgekehrt. Die demolierte Jacht war nach der erfolglosen Suche stabilisiert und nach Travemünde geschleppt worden.
    Und 24 Stunden später war ein Toter, auf den die Beschreibung von Holger Michaelis passte, am Strand von Pelzerhaken angetrieben worden.
    Heinz Broders parkte den Wagen unter den Bäumen vor dem Institut für Rechtsmedizin. Frau Michaelis stieg ohne zu zögern aus und strebte dem Eingang zu. Wie hoch war eigentlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Leiche dort drinnen, die sie in wenigen Minuten identifizieren musste, nicht ihr verstorbener Ehemann war?
 
    »Wie sieht er denn aus ...!«, murmelte Heidelinde Michaelis beim Anblick des Toten auf der Bahre mit hochgezogenen Augenbrauen. Für Hauptkommissar Broders hörte es sich so an, als bemängele sie eine unpassend gewählte Krawatte. Von der fehlenden Unterhose weiß sie wohl noch nicht einmal etwas, schoss es ihm dabei durch den Kopf. Zynismus ist das Einzige, was einen in solchen Situationen retten konnte, dachte er. Hoffentlich waren sie schnell fertig hier.
    »Handelt es sich bei dem Verstorbenen um ihren Ehemann, Holger Michaelis?«, fragte er in neutralem Ton.
    »Ich denke schon, aber ...«
    »Was ist aber?«
    »Er sieht so ... grässlich aus.« Sie verzog ihr Gesicht zu einer angewiderten Grimasse und wandte sich ab.
    »Lassen Sie sich ruhig Zeit mit Ihrer Antwort. Das ist manchmal schwierig ...«, sagte er seinen Text auf.
    »Er ist es, ich bin mir ganz sicher.« Heidelinde Michaelis warf noch einen kurzen Blick über ihre Schulter auf die Bahre. Sie hüstelte und zupfte sich ein nicht vorhandenes Haar vom Ärmel ihres Kostüms.
    Broders war froh, nicht ihrem abschätzenden Blick ausgeliefert zu sein wie Michaelis’ sterbliche Überreste.
    Dr. Enno Kinneberg, der bei der Identifizierungsmaßnahme ebenfalls zugegen war, nickte völlig ungerührt. »Tut mir leid, so etwas ist niemals schön«, sagte er und schob den Leichnam wieder außer Sichtweite. Broders begleitete die Witwe hinaus. Er sprach in knappen Worten sein Beileid aus. Sie nahm es mit vollendeter Haltung auf, so als hätte sie diesen Moment schon einmal geprobt: gesenkte Wimpern auf gepuderter Haut, ein leichtes Schaudern, dann ein gequältes Lächeln.
    Ihre Gefasstheit machte es

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