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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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gefunden. Erst als ich sie umgezogen und das Kleid in die Tüte gepackt hatte, wurde es allmählich besser. Trotzdem sollte Clarissa jetzt nach Hause in ihre gewohnte Umgebung und sich ein wenig ausruhen.«
    Pia nickte und ließ Clarissa auf ihre Füße gleiten.
    »Ist das schon mal passiert, dass sie so extrem auf etwas reagiert hat?«, fragte Pia.
    »Nein, eigentlich nicht. Es liegt wohl daran, dass ihre Mutter und auch ihre Oma zurzeit nicht da sind. Dass beide zur gleichen Zeit wegmussten, ist für Clarissa schwer zu verkraften. Aber ihre Schwägerin wird ja bald wieder da sein ...?«
    Pia überging den fragenden Unterton dieser Aussage. Was sollte sie sagen? Sie wusste nicht einmal, was Tom im Kindergarten über Marlenes Verbleib erzählt hatte. Sie griff nach der Plastiktüte mit Clarissas fleckigem Kleid. Als das Mädchen das sah, zupfte sie Pia am Ärmel.
    »Was ist denn, Clarissa?«
    »Lass das hier. Ich will das nicht mehr.«
    »Wir werden es waschen, dann ist der Fleck weg, ganz bestimmt.«
    »Nein. Ich will nicht! Das sieht schlecht aus ...« Sie fing wieder an zu zittern und zu schluchzen. Die Erzieherin blickte besorgt drein, und Pia brachte die Tüte aus Clarissas Sichtweite.
    »Ich werde nicht schlau daraus. Was hat sie bloß mit diesem Fleck? Ist ihre Mutter sehr streng mit ihren Sachen? Kinder sollten doch unempfindliche Sachen tragen und sich auch mal schmutzig machen dürfen.«
    Insgeheim stimmte Pia ihr zu. Clarissa sah wirklich fast immer aus wie aus dem Ei gepellt. Marlene musste viel Zeit für die Auswahl und die Pflege ihrer Garderobe aufwenden. Das Kind hatte einen größeren Kleiderschrank als sie selbst.
    »Komm, Clarissa, wir gucken mal, was wir beide heute zusammen anstellen können. Auf Wiedersehen, und vielen Dank, dass Sie angerufen haben ...«
    Während Clarissa auf dem Weg zum Parkplatz fröhlich neben ihr herhüpfte, fragte sich Pia, was es mit diesem »Anfall« wirklich auf sich hatte. War ein harmloser Fleck auf einem Kleid tatsächlich der Auslöser gewesen?

6. Kapitel
 
    N achdem sie nach dem verfrühten Abstecher in den Kindergarten ihren Schwung eingebüßt hatte, konnte sich Pia nicht mehr dazu durchringen, wieder in ihre Wohnung zu fahren, um zu streichen. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, wie sie Clarissa in eine Arbeit, die ihr selbst nicht sonderlich viel Spaß machte, mit einbeziehen sollte.
    So fuhr sie mit ihrer Nichte in Toms und Marlenes Wohnung, zu der ihr Bruder ihr am Abend zuvor fast widerstrebend einen Schlüssel überlassen hatte. Pia versuchte, aus den inzwischen arg dezimierten Vorräten im Kühlschrank ein Mittagessen zu zaubern. Nach Absprache mit ihrem Bruder startete sie danach zu einem Lebensmittel-Großeinkauf, der sie und das Kind immerhin zwei Stunden beschäftigte. Und während Clarissa sich danach erschöpft in ihrem Zimmer verkrümelte, füllte Pia die Waschmaschine und versuchte, sich sonst irgendwie nützlich zu machen.
    Obwohl Marlene erst seit kurzer Zeit vermisst wurde, schien die Wohnung schon der Verwahrlosung anheimzufallen. Allein die Wäscheberge, die aus dem Wäschekorb quollen, sprachen eine deutliche Sprache.
    Pia holte das Kleidchen, das Clarissa im Kindergarten getragen hatte, aus der Plastiktüte und besah sich den Fleck, der das Mädchen so aus der Fassung gebracht hatte.
    Es war ein weißgrundiges Kleid mit pastellfarbenen Streublümchen darauf, das Oberteil gesmokt und mit einem kleinen, gerundeten Kragen. Entweder hatte Clarissa es am Morgen selbst ausgewählt, oder Tom hatte überhaupt keine Ahnung, wie er seine Adoptivtochter kleiden sollte. Dieses Kleid, das Clarissa heute im Kindergarten angehabt hatte, war sicherlich eine Art Festtagskleidchen. Clarissas übrige Kleidung war auch sehr hübsch und sah teuer aus, aber es waren Hosen, Pullis und Trägerkleidchen aus strapazierfähigen Stoffen und in kräftigen Farbtönen. Pia breitete das Kleid auf der Waschmaschine aus und betrachtete den Farbfleck.
    Sie war überrascht und wusste im ersten Moment gar nicht so recht, wieso. Der Fleck befand sich vorn auf dem Rockteil des Kleides, war in etwa so groß wie ihre Hand und scharf abgesetzt. Form und Kontrast des Fleckes erinnerten Pia spontan an einen Rorschach-Test. Die Farbe war ein tiefes Dunkelblau. Etwas beschämt gestand sich Pia ein, dass es die Farbe des Fleckes war, die sie überraschte.
    Warum nur hatte sie erwartet, dass der Fleck rot sein würde. Ein dunkles, kräftiges Rot, wie sie es schon häufig hatte

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