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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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obwohl nicht der geringste
Mangel existierte. Betrat man auf Kuba einen Hinterhof, winkten die Leute einem
fröhlich zu: »Kommt her, setzt euch!«, und da saß man unter dem Sternenhimmel
und hörte ihren Geschichten oder ihrer Musik zu. Grand Cayman war ein
künstliches Paradies, und wie jedes künstliche Paradies auf Erden mit
schrecklichen Shopping Malls ausgestattet. Wir wollten einfach nur so schnell
wie möglich wieder aus dieser künstlichen Welt heraus.
    Was für eine Erleichterung, als wir nach unserer Rückkehr nach Kuba
keine SUV s mehr um uns hatten. Stattdessen ritten
hier wieder Männer mit Havannahüten an uns vorbei, die Hufe klapperten auf den
Pflastersteinen. Es fühlte sich an, als wäre auf Kuba die Zeit angehalten
worden. Wir ankerten vor Inseln, die nahezu unberührt erschienen, nahmen
Kontakt zu Fischern auf, die mit ihrem Kahn an uns herangefahren waren.
    Â»Wollt ihr Langusten?«, fragten sie.
    Natürlich wollten wir.
    Â»Dann reicht uns einen Eimer rüber!«
    Und schon hatten wir zwölf Langusten an Bord. Wir revanchierten uns
mit Regenjacken – bei Fischern immer besonders beliebt; jeder Besucher aus
Deutschland musste zur Aufstockung unseres Depots welche mitbringen –,
Shampoos, Teddybären für die Kinder und einer Einladung auf unser Boot. Da die
Fischer sich weit von Ortschaften entfernt wussten, ignorierten sie das Verbot,
sich als Einheimische auf die Boote der Segler zu begeben. Dennoch reagierten
sie sehr beunruhigt, als wir auf unserem Katamaran ein Erinnerungsfoto von
ihnen machten.
    Â»Nein, nicht! Wir dürfen nicht hier sein!«
    Da war es aber schon geschehen.
    Â»Bitte zeigt die Bilder niemandem.«
    Das versprachen wir.
    Wir verteilten Gläser mit Cola-Rum, anschließend besichtigten wir ihr
Schiff. Dass der Kahn noch schwamm, glich einem Wunder. Der Rost quoll aus dem
Ferrozement-Boot, das aus Drahtgeflecht und Beton gebaut war, die billigste
Methode, ein seetüchtiges Gefährt zu bauen. Und der Sechszylinder-Schiffsdiesel
stammte aus einer Zeit lange vor unserer Geburt.
    An Deck lagen überall riesige Stachelrochen, die sie gerade
ausgenommen hatten, und ich entdeckte noch einen großen Berg Königsmuscheln.
Bald werden sie auch hier ausgestorben sein, dachte ich, wie beinah überall in
der Karibik. Aber das war nicht die Schuld der Fischer – ihren Fang hatten sie
nach den Maßgaben der Planwirtschaft auszurichten. Und für die nächsten zwei
Wochen waren Rochen und Muscheln angesagt. Der Fang sollte nach Japan verkauft
werden, er würde, so die Fischer, mehr Geld einbringen als eine vergleichbare
Menge Langusten.
    Abends am Strand trafen wir die Männer wieder. Wir hatten Holz
gesammelt und ein Feuer angezündet. Sie fragten: »Warum macht ihr das Feuer an,
wollt ihr hier einen Fisch braten?« Wir hatten schon vorher an Bord ihre
Langusten gegessen, schüttelten also den Kopf. Irritiert schauten sie uns an.
    Â»Warum macht ihr dann ein Feuer? Wasser kocht ihr ja auch nicht.«
    Â»Feuer ist einfach schön«, erklärte ich. »Wie Fernsehen, nur viel
besser.«
    In diesem Moment zweifelten die kubanischen Fischer wohl doch etwas
an unserem Verstand. Aber sie ließen es sich nicht anmerken, sondern füllten
mit einem verschmitzten Lächeln unsere Kühlbox mit Eis, mit dem sie ihre frisch
gefangenen Fische kühlten. Das war wirklich eine nette Nachbarschaft. Und als
sie von unserem Stockbrot aßen, das wir später in der Glut rösteten, waren sie
von unserem »Fernsehprogramm« doch noch angetan.
    Von der »Insel der Jugend«, der Isla de la Juventud, wo wir die Baju zurückließen, fuhren wir mit einer Fähre und einem Bus
nach Havanna hinein. Zum Abschluss unseres Kubaaufenthalts wollten wir noch die
Hauptstadt der Republik besuchen; sieben Tage hatten wir uns für Havanna und
das Tabakanbaugebiet Viñales vorgenommen. In Havanna kamen wir schnell mit den
Einheimischen in Kontakt, durch den Tourismus wurde hier wohl nicht so streng
kontrolliert.
    Eines Abends saßen wir in einer Bar und tranken unseren üblichen
Mojito aus weißem Kuba-Rum, braunem Zucker, Sodawasser und Minzblättern. Musik
drang aus den Lautsprechern, und alle fingen zu tanzen an. Stefan und ich
versuchten es ebenfalls, doch die Kubaner schüttelten nur den Kopf, als sie uns
sahen. Im Gegensatz zu ihnen wiegten wir uns nicht in den Hüften,

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