Blauwasserleben
ist Stefan.«
In den nächsten Monaten saÃen wir viele Abende mit ihr zusammen,
aÃen ihr gutes Essen und spielten Brettspiele mir ihr. Carmen sprach kein Wort
Englisch. Für Stefan bot das eine gute Möglichkeit, endlich mit dem
Spanischlernen anzufangen.
»Mmmh, was duftet hier so gut?«, fragte ich Carmen, als ich aus der
Dusche trat.
» Empanada de pollo «, antwortete Carmen.
»Wollt ihr welche?«
»Na klar, ich ziehe mich nur schnell an, hole Stefan und bringe
eiskaltes Bier mit.«
Als Stefan und ich zu ihr zurückkehrten, hatte Carmen schon den
Tisch gedeckt. Die gefüllten Teigtaschen mit Huhn, zu dem sie schwarzes
Bohnenmus reichte, waren einfach köstlich. » Gracias ,
dass du uns immer so gut versorgst.« Stefan lächelte Carmen an.
Die Managerin der Mango Marina liebte es, sich um andere Menschen zu
kümmern. Für sie waren wir ihre Ersatzfamilie, wenn auch nur für eine begrenzte
Zeit. Carmen erzählte, dass sie froh sei, diesen Job zu haben, denn sie lebe
alleine und habe keinen Mann, der sie finanziell unterstützen könnte.
»Bist du nie verheiratet gewesen?«, fragte ich. Es erschien mir
unwahrscheinlich, dass eine Frau in Lateinamerika unverheiratet blieb.
»Doch, aber nur kurz, dann habe ich mich scheiden lassen.« Die
dunklen Augen von Carmen wurden noch dunkler, doch dann blitzte es in ihnen
wieder auf. »Aus dieser Ehe habe ich eine Tochter, die mir einen wunderbaren
Enkel geboren hat, am Wochenende kommt er mich besuchen.«
»Wie alt ist er denn?« Es erschien mir besser, nach dem Enkel zu
fragen und nicht nach dem Ehemann.
»Sieben. Er geht in dem Waisenhaus am Fluss zur Schule. Dort lebt er
auch die Woche über, denn der Mann meiner Tochter akzeptiert den Jungen nicht.
Er stammt aus einer ersten Ehe.« Carmen schüttelte traurig den Kopf. »Dabei ist
er ein so lieber Junge.« Man sah ihr geradezu an, wie es in ihr wühlte, wie sie
sich schlieÃlich zusammenriss und sich an Stefan wandte: »Es sind noch Empanadas da.«
Stefan konnte einfache Dialoge im Spanischen schon recht gut
verstehen und wusste auf sie auch zu antworten: »Ich platze bald, es passt
nichts mehr rein. Aber dein Bohnenmus ist echt das beste, was ich bislang hier
am Fluss gegessen habe.«
Carmen strahlte.
Stefan schlug vor, ein Brettspiel zu spielen. »Carcassonne« â es war
unser einziges Spiel an Bord, das man zu mehreren spielen konnte, ein
handliches Legespiel mit kleinen Figuren, die Ritter, Wegelagerer, Mönche und
Bauern darstellen und StraÃen, Wiesen und Städte bebauen müssen. Am Ende gewinnt
der, der am meisten Baufläche belegt hat. Geduldig erklärte Stefan Carmen die
Regeln. Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück, hörte nur zu.
Stefan war in den vergangenen Monaten immer brauner, das Haar an
einigen Stellen durch die Sonne fast weizenblond geworden, und durch das Segeln
hatte er an Muskeln zugelegt. Gut sah er aus. Als Stefan das Spiel von der Baju holte, hatte sie gesagt, dass sie in ihrem Leben noch
nie ein Brettspiel gespielt hätte. Eigentlich war das eine unfaire
Ausgangslage, denn wir beide waren Meister in »Carcassonne«.
Und dann ging es los. Der Einfachheit halber spielten wir nur die
Basisversion. Carmen lernte das Spiel sehr schnell und war richtig gut darin.
Wir mussten regelrecht um unseren Meistertitel bangen.
Es war ein unvergleichliches Erlebnis, am nächsten Morgen mitten im
Dschungel aufzuwachen und dem Geschrei der Brüllaffen zu lauschen, dabei zu
wissen, dass wir in unserer Marina nicht nur flieÃend Wasser hatten, sondern
auch einen kleinen Swimmingpool. Mit Baby Baju fuhren
wir ins nächste kleine Dorf, eigentlich war das Ãrtchen Fronteras nur eine
Aneinanderreihung von kleinen Läden an einer schmalen StraÃe. Supermärkte im
amerikanischen Stil mit Selbstbedienung waren hier unbekannt, stattdessen stand
jemand hinter der Theke und fragte nach den Wünschen. Und die meisten konnten
auch erfüllt werden.
Wir waren rundum versorgt. In einem kleinen Lokal konnte man Reis
und Bohnen essen oder Reis und Huhn oder Reis und Fisch. Fronteras liegt an
einer groÃen, modernen Brücke. Die Bezeichnung »Fronteras« heiÃt übersetzt
Grenze. Sie stammt noch aus den Tagen, an denen man nur per Schiff den Fluss
überqueren konnte. Fronteras war damals die letzte gröÃere Siedlung, bevor man
auf die lange und
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