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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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meinem lila Kleid wie ein Paradiesvogel zwischen lauter Krähen.
    Es war in Ordnung. Alles war in Ordnung.
    »Guten Tag«, begrüßte mich Ms Harrison.
    »Hallo. Ich soll Ihnen das hier geben.« Ich reichte ihr meinen Stundenplan.
    Ms Harrison nahm ihn und lächelte mich an. Ich freute mich darüber, auch wenn sie nur eine Lehrerin war.
    »Liebe Klasse, wir haben eine neue Mitschülerin. Hanna Jarva …« Sie blickte von dem Stundenplan auf und sah mich hilfesuchend an.
    »Järvinen. Mit einem ä.«
    »Das ist ein sehr ungewöhnlicher Name!«
    »Finnisch.«
    »Ich hatte mich schon über den Akzent gewundert«, sagte Ms Harrison und unterschrieb auf dem Stundenplan. »Ich dachte zunächst an Russisch. Habt ihr das gehört? Hanna kommt den ganzen Weg aus Finnland zu uns. Cool, oder? Meine Liebe, setz dich doch da auf den freien Platz neben Carmin. Carmin, sieh nach ihr, während ich ihr ein Buch und Ohrstöpsel hole.«
    Der Junge saß ziemlich weit hinten im Klassenzimmer und hielt Ms Harrison einen hochgereckten Daumen hin. Er trug eine Brille mit kobaltblauen Gläsern, und seine Haare waren so karminrot, wie sein Name vermuten ließ.
    Der Blick von dreißig Augenpaaren schwappte wie ein eiskalter Windhauch über mich hinweg.
    Ich ging zu meinem Platz und fühlte mich dabei, als hätte man mich ins Rampenlicht gestoßen und ich müsste jetzt etwas tun: singen, tanzen, jonglieren. Und das möglichst schnell, bevor man mich ausbuhte. Ich lächelte sie alle der Reihe nach an und ließ sie meine Schönheit bewundern. Jeder wollte mit schönen Menschen befreundet sein.
    Jeder außer Ms Harrisons Geometriekurs.
    Ich lächelte so breit, dass mir schon die Ohren wehtaten. Niemand lächelte zurück. Ich nahm anzügliches Grinsen hier und da wahr. Aber die meisten Kids schienen auf etwas zu lauern, wie Hyänen, die eine einsame Gazelle im Visier hatten.
    Ich hörte auf zu lächeln und setzte mich hin.
    »Was soll das mit dem Lila?«, fragte Carmin direkt in mein Ohr.
    Ich sah ihn an. Er trug ein T-Shirt mit dem silbernen Aufdruck »Disco fever«. Eine sauber geknotete Seidenkrawatte lag über dem Shirt. Er spielte mit ihr herum, während er mich beobachtete.
    »Was soll das mit dem Schwarz?«, fragte ich.
    »Es ist nicht sicher, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Es ist nicht sicher, so aufzufallen.«
    Ich starrte die anderen Kids in der Klasse an, die nicht einmal versuchten so zu tun, als hörten sie nicht zu. Sie sahen vielmehr so aus, als würden sie miteinander verschmelzen.
    »Das ist für mich im Moment die einzig verfügbare Farbe«, sagte ich zu Carmin. »Ich bin in Trauer.«
    Er grinste. »Wir sind alle in Trauer.«
    »Wegen wem?«
    Er beugte sich vor und schnappte sich einen meiner Träger. »Dämliche Frems, die nie zuhören.«
    Aber das stimmte nicht. Ich hörte es ganz genau.
    KOMMKOMMKOMMKOMMKOMMKOMMKOMMKOMMKOMMKOMMKOMMKOMMKOMM.
    Ich stand vor einem der Fenster auf der rechten Seite des Klassenraums und kämpfte mich weiter vor. Meine Fingerspitzen waren nur Zentimeter von dem regennassen Glas entfernt, aber ich konnte die Distanz nicht überwinden.
    »Gut gemacht, Carmin«, sagte jemand und stellte einen umgefallenen Stuhl auf.
    Carmin hielt die Schärpe meines Kleids mit eisernem Griff fest, zog mich damit zurück und trug mich dann mehr oder weniger zu meinem Stuhl.
    Ein Pfad der Zerstörung führte von meinem Platz zum Fenster. Umgestoßene Tische, Bücher und Hefte lagen verstreut auf dem Boden, dazwischen zwei missmutige Kids, die sich aufrappelten und den Staub aus den Kleidern klopften.
    Hatte ich das alles angerichtet, als ich unerklärlicherweise zum Fenster gesprintet war? Ich konnte mich nicht mal daran erinnern, meinen Platz verlassen zu haben. Ich wagte nicht, jemandem ins Gesicht zu sehen.
    »Hey, Carmin?«, flüsterte ein Mädchen, als er mich auf meinen Stuhl plumpsen ließ. »Die Frem sieht geschockt aus. Gib ihr doch mal was, damit sie wieder runterkommt.«
    »Nein«, sagte Carmin hinter mir. »Drogenhandel ist ungesetzlich.«
    Aus irgendeinem Grund fanden das alle zum Schreien komisch.
    »Dann lieber Glücksspiel.«
    »Klar«, flüsterte jemand. »Weil Glücksspiel total gesetzlich ist.« Noch mehr Gelächter.
    »Mal im Ernst«, fuhr Carmin fort. »Frems können mit abgefahrenem Scheiß nicht umgehen, das weiß jeder. Wer wettet, dass diese Frem irgendwann durchknallt und hier schreiend rausrennt?«
    Meine Klassenkameraden spießten mich mit ihren Blicken auf und warteten auf die große

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