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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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gemacht.«
    »Welches Geräusch?«
    »Dieses Albtraumgeräusch. Was hast du geträumt?«
    Ich hatte nicht an den Traum gedacht, bis sie ihn erwähnte. Und dann durchlebte ich ihn noch einmal.
    »Ich hab geträumt, dass ich an Poppas Grab war«, sagte ich. »Und er fragte mich, ob ich mich neben ihn in die Erde legen würde, weil er einsam war. Er sagte … tot sein sei einsam.« Ich rollte mich auf den Rücken, und Tränen stiegen mir in die Augen. »Also legte ich mich zu ihm ins Grab, und Würmer quetschten sich durch meine Zehen, und Knochen stachen mir in die Oberschenkel. Er vermisste mich so sehr und war so glücklich, dass ich bei ihm war, aber ich wollte nur weg von ihm. Er war der Einzige, der sich jemals für mich interessiert hat.« Ich sah Rosalee an, eine Schattenfrau im Zwielicht. »Wie blöd ist das denn?«
    Rosalee ließ mich eine Weile weinen und starrte dabei die offene Tür an, als wünschte sie sich, sie wäre abgehauen, als sie noch die Möglichkeit dazu hatte. »Tu uns beiden einen Gefallen«, sagte sie, »und gib mir den Ersatzschlüssel wieder, den du hast mitgehen lassen. Du wirst hier auch nicht glücklich. Nicht mit mir.«
    »Aber darum geht es ja gerade«, sagte ich und wischte mir das tränennasse Haar aus dem Gesicht. »Ich wäre lieber unglücklich und frei als glücklich und eingesperrt.«
    Zu meiner Verwunderung nickte Rosalee. »Liebe ist eine Falle«, sagte sie. »Der ultimative Käfig.«
    Das Schrillen des Weckers ließ uns beide aufschrecken. Rosalee griff danach und schlug auf ihm herum – als hätte er sie beleidigt –, bis er ausging. Wir sahen uns in die großen, erschrockenen Augen. Ich lachte. Ich glaube, Rosalee hätte auch gelacht, wenn sie zu etwas so Menschlichem fähig gewesen wäre. Ich war nicht glücklich, aber wenigstens war ich nicht so unglücklich wie Rosalee. Wenigstens konnte ich immer noch lachen.
    Vielleicht lag es am Lachen oder daran, dass sich Rosalee immerhin auf ihre eigene, verquere Art so viele Gedanken um mich machte, dass sie sich morgens um sechs aus dem Bett schleppte, um mir einen Wecker zu bringen, aber ich fühlte mich nicht mehr ganz verloren. Ich fühlte mich vielmehr danach, einen weiteren Tag überstehen zu können.
    Diesmal nahm ich meine Pillen, als Rosalee darauf bestand.

    Die nächsten zwei Tage waren gelinde gesagt einsam.
    Eigentlich hatte ich Wyatt die Meinung sagen wollen, weil er mich von seinem Schoß geworfen hatte, aber ich sah ihn nirgendwo, nicht einmal beim Mittagessen. Ich sah seine Freunde, Carmin und Lecy, und sie sahen mich, aber sie ignorierten mich und zeigten mir die kalte Schulter, weil Wyatt es getan hatte.
    Verfluchter Herdentrieb.
    Aber bevor ich in einem Sumpf von Elend versinken konnte, machte Tante Ulla ihre Drohung wahr, alle meine weltlichen Besitztümer an Rosalee zu verschicken, und Rosalee drohte meiner Tante am Telefon lautstark an, alles gleich wieder zurückzuschicken. Ich ignorierte sie beide und fuhr damit fort, mir ein eigenes Nest zu bauen. Zum Glück hatte ich den leeren Dachboden ganz für mich.
    Als ich an diesem Donnerstagabend die Tür zu Rosalees Zimmer öffnete, fand ich sie vor, wie sie im Dunkeln saß und ihre Locken in eine offene rote Box fallen ließ, die auf ihrem Schoß lag. Das Flurlicht berührte die glatte, lackierte Oberfläche der Box und gab ihr eine geisterhafte Aura. Rosalee starrte wie verzaubert in die Box, als ob sie ihr Geheimnisse zuflüsterte, die nur sie hören konnte.
    »Hey.«
    Rosalee zuckte zusammen und knallte den Deckel der Box zu. Sie sah mich wütend und gar nicht mehr verzaubert an. »Das nächste Mal klopfst du an!«
    Ich wich zurück. »Tut mir leid.«
    Sie stellte die Box in ihr Nachtschränkchen und schloss es mit dem Schlüssel ab, der an ihrem Armband hing.
    »Was ist denn in der Box?«
    »Das geht dich nichts an.« Rosalee knipste das Licht auf ihrem Nachttisch an, sodass ich sehen konnte, wie verärgert sie war. »Was willst du?«
    »Ich habe Abendessen gemacht. Hast du Hunger?«
    Sie sah aus, als wollte sie Nein sagen, aber sie tat es nicht. Stattdessen folgte sie mir mit knurrendem Magen zum Esstisch und setzte sich auf den roten Stuhl. Ich saß auf dem Bürostuhl, den ich aus ihrem Arbeitszimmer geholt hatte, damit wir endlich zusammen am Tisch sitzen konnten.
    Rosalee schaute vorsichtig auf den Suppenteller, den ich ihr hingestellt hatte, und schubste den Inhalt mit ihrem Löffel herum. »Was ist das?«
    »Eintopf.« Vor mir hatte ich meinen eigenen

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