Bleib für immer!: Roman (German Edition)
Auge fort. »Wir alle sind seit damals erwachsen geworden. Die Dinge ändern sich.«
Damit hat er verdammt recht. Noch vor wenigen Monaten beschränkte sich meine Kapazität zur Dauerhaftigkeit darauf, mich für eine neue Wandfarbe im Wohnzimmer zu entscheiden und dabei auch zu bleiben.
Im Vergleich zu der Liste meiner Affären wirkte Robbie Williams geradezu maßvoll. Aber – und das sage ich in vollem Ernst – das ist jetzt alles anders. Ich habe erkannt, dass ich mich mehr anstrengen, weniger kritisieren und viel toleranter sein muss, um eine ernsthafte Beziehung zu führen. Nicht, dass ich in Bezug auf Seb sonderlich tolerant sein müsste, versteht sich.
102
W IR LANDEN in einem Klub, den Seb kennt, einer innerstädtischen Oase der Schönen, gleichmäßig Gebräunten und teuer Gekleideten. Zugegeben, manche der modischen Outfits hier sind nicht unbedingt das, was man als unaufdringlich bezeichnen würde.
Aber in jedem Fall haben sie eine Stange Geld gekostet. Ich vermute mal, meine Wohnungshypothek würde vermutlich dem Preis eines durchschnittlichen Paars Schuhe hier entsprechen.
Als wir am Türsteher vorbeigehen, nickt Seb ihm zur Begrüßung zu, und ich bekomme schlagartig eine Ahnung, wie Charlotte sich bis vor sechs Monaten gefühlt haben muss. Jeder hier scheint dünn zu sein, und ich habe den Verdacht, dass hunderte von wieder erbrochenen Abendessen in den Abwasserrohren dieser Kneipe plätschern.
»Ich darf nicht vergessen, mir vor dem nächsten Besuch hier einen Termin zum Fettabsaugen geben zu lassen«, murmle ich.
»Du siehst hinreißend aus, Süße«, sagt Seb und legt zur Bestätigung den Arm um mich.
Als wir an der Tanzfläche vorbeigehen und Seb sich einen Weg zur Theke bahnt, entdecke ich jemanden, bei dem ich trotz der üblichen Uniform aus Hotpants und hochhackigen Sandalen zweimal hinsehen muss.
»Beth.« Plötzlich fühle ich mich wackelig auf den Beinen. »Äh, hallo.«
Ich hätte wissen müssen, dass sie in diese Art von Bar geht. Wobei sie genauso verlegen wirkt wie ich.
»Hallo, Evie«, sagt sie und wirft ihr langes dunkles Haar zurück.
Ich lächle so natürlich wie möglich, was in etwa so überzeugend wirkt wie jemand in einer ganz besonders schlechten Kaugummiwerbung.
»Das mit dir und Jack tut mir leid«, sagt sie.
»Genau, ja«, gebe ich beiläufig zurück. »Hat Georgia es dir erzählt?«
»Nein, eigentlich war es J…« Sie wirkt sofort, als bereute sie, das gesagt zu haben. »Ich meine, ja. Georgia hat es mir erzählt.«
Ich kneife die Augen zusammen und mustere prüfend ihren Gesichtsausdruck. Man muss nicht Sherlock Holmes sein, um dahinterzukommen, dass sie es mitnichten von Georgia gehört hat.
Weswegen nur ein anderer Mensch übrig bleibt. Jack. Ich verspüre einen Stich in der Brust. Ich hatte also die ganze Zeit recht.
»Tja, also, war nett, dich zu treffen.« Wieder zwinge ich mich zu einem Lächeln, was jetzt noch schwieriger ist, seit ich weiß, dass sie sich definitiv gesehen haben beziehungsweise sehen.
»Ja, fand ich auch«, sagt sie. Und dann entfernen wir beide uns zu entgegengesetzten Seiten der Tanzfläche.
Als Seb und ich zu tanzen anfangen, gebe ich mein Bestes. Doch es ist schwer, unter den gegebenen Umständen in Stimmung zu kommen. Abgesehen davon macht das Tanzen hier einfach nicht so viel Spaß wie früher, wenn ich meine »Native New Yorker«-Nummer abzog. Oder sogar entsetzlich falsch Ruby Turner nachsang. Ich schiebe den Gedanken weg von mir. Mehr denn je muss ich Jack endgültig vergessen.
Nach einer Weile schafft Seb es irgendwie, uns in den VIP-Bereich zu bugsieren, und wir lassen uns in einer Nische nieder und bestellen Cocktails.
»Ich brauche etwas, um den kleinen Leckerbissen hier runterzuspülen«, sagt er, holt etwas aus der Jackentasche und legt es auf den Tisch.
In stillem Erstaunen beobachte ich, wie er mit der Kante seiner Kreditkarte ein Häufchen weißen Puder fein hackt, zu einer Linie schiebt und danach einen Zwanzigpfundschein zusammenrollt. Dann schnieft er sie mit einem Geräusch hoch, das an ein Warzenschwein mit Verdauungsproblemen erinnert.
Mit einem nervigen Lächeln auf dem Gesicht lehnt er sich auf der Bank zurück, an seiner Nase klebt ein Rest Puder, als hätte er sie in Puderzucker gehalten.
»Ähm, du hast da was vergessen«, flüstere ich.
Er wischt es mit einem Finger ab und zieht es ebenfalls in die Nase.
»Ich mach dir auch eine Line«, sagt er lässig.
»O nein«, wehre ich eilig ab.
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