Bleib für immer!: Roman (German Edition)
anfängliche Sanftheit von einem Hunger abgelöst, der in ihm so deutlich ist wie in mir. Unser Kuss wird leidenschaftlicher, und er zieht mich fester an sich, sein Körper presst sich gegen meinen.
Die Hand fest in mein Kreuz gedrückt, küsst er mir seitlich auf den Hals. Das Gefühl seiner Lippen auf meiner Haut jagt mir Schauer durch den gesamten Körper.
Atemlos, kribbelnd blicke ich hinauf in die sternklare Nacht.
Das hier ist tatsächlich der sinnlichste Kuss meines Lebens.
62
I CH WACHE MIT EINEM LÄCHELN auf dem Gesicht auf. Zuerst bin ich mir nicht ganz sicher, warum; ich weiß einfach nur, dass gestern ein guter Tag war, dass heute ein guter Tag wird, und was morgen betrifft – da bin ich auch ziemlich optimistisch.
Ich drehe mich auf den Rücken und ziehe mir das Laken bis zur Brust hoch, wie es Joan Collins in Denver Clan immer gemacht hat. Als ich die Augen aufschlage, sind die Vorhänge noch alle zugezogen. Aber ich kann die Sonne schon durchströmen und Muster auf die Wand werfen sehen.
Dann schließe ich die Augen wieder und stelle mir Jacks Gesicht vor, das ich jetzt von Nahem kenne. Ich habe die Poren in seiner Haut gesehen, die Sprenkel in seinen braunen Augen und die winzige Narbe neben seinem Wangenknochen.
Ich male mir aus, wie er mich auszieht. Mir die Kleider abstreift, ein Stück nach dem anderen. Mir den Hals küsst, die Brüste, den Bauch, die Oberschenkel.
Nichts davon hat sich vergangene Nacht zugetragen, muss ich allerdings hinzufügen. Ich liege hier ganz allein. Und ich fühle mich deshalb fast wie ein Engel; wobei »Engel« keine sonderlich passende Beschreibung für meinen Zustand ist, wenn es um Jack geht.
Unvermittelt dringt in mein Bewusstsein vor, dass das Telefon klingelt. So spät kann es noch nicht sein, dass sie mich aus dem Zimmer haben wollen, oder? Unbeholfen taste ich auf dem Nachttischchen herum, und nachdem ich erfolgreich alles heruntergeworfen habe, einschließlich eines vollen Wasserglases und der Bibel, in der ich letzte Nacht noch gelesen habe, weil ich mein Buch nicht finden konnte, entdecke ich endlich den Wecker.
9 Uhr 30. Ich erinnere mich genau, gelesen zu haben, dass Check-out erst um elf ist.
Ich ziehe mir das Kissen über den Kopf, aber das Klingeln rasselt in meinen Ohren wie ein Güterzug, und endlich gebe ich nach und hebe ab.
»Hhrrr?«, räuspere ich mich. »Verzeihung, hallo?«
»Evie, hier ist Mum.«
»Ach, hallo.« Meine Stimme klingt, als hätte ich die ganze Nacht mit Terpentin gegurgelt.
»Oho«, erwidert sie. »Hast du etwa einen Kater?«
»Nein, habe ich nicht.« Was beinahe der Wahrheit entspricht. Gut, mein Mund fühlt sich ein bisschen pelzig an, aber das kriege ich schon in den Griff.
»Ich wollte nur wissen, ob du mit auf die Wanderung kommst?«
»Ja.« Ich erinnere mich, dass Jack und ich letzte Nacht vereinbart haben, mit den anderen nach dem Frühstück den Ausflug um die Insel mitzumachen, den Georgia organisiert hat.
»Also, wir warten alle auf dich«, sagt sie.
»Was?« Mit einem Ruck setze ich mich auf. »Ich dachte, wir gehen erst um halb elf?«
»Das ist es jetzt.«
Plötzlich fällt mir wieder ein, dass ich nachts noch versucht hatte, den Wecker zu stellen, es aber aufgegeben hatte, weil ich mir sicher war, auch von allein aufzuwachen. Mein technisches Geschick lässt in den frühen Morgenstunden immer etwas zu wünschen übrig. Offensichtlich war es mir zusätzlich gelungen, die Zeit zu verstellen.
»Mach dir keine Gedanken wegen des Frühstücks«, fährt sie fort. »Ich habe mir ein bisschen Wegzehrung vom Buffet eingepackt, davon kannst du was haben. In meinem Rucksack sind zwölf hartgekochte Eier.«
Ich lege auf und springe mit der Schnelligkeit eines Rennpferdes aus dem Bett und ins Badezimmer. Dort spritze ich mir kaltes Wasser ins Gesicht, kratze die letzten Reste von Wimperntusche ab und putze mir die Zähne so energisch, als würde ich den Küchenboden schrubben.
Als ich angezogen und aus der Tür bin – innerhalb von gefühlten drei Minuten – und sogar noch meinen in Windeseile gepackten Koffer an der Rezeption abgebe, überlege ich beim Anblick meiner selbst im Spiegel der Empfangshalle kurz, ob ich mir nicht mehr Mühe mit meinem Aussehen hätte geben sollen. Aber dazu ist es jetzt zu spät.
Auf der großen Terrasse angekommen, die als Treffpunkt vereinbart war, stelle ich fest, dass alle schon weg sind. Das heißt, alle außer Jack und Edmund, die sich unterhalten und Kaffee
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