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Bleib nicht zum Frühstück

Bleib nicht zum Frühstück

Titel: Bleib nicht zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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in Richtung Mittelmaß. Seine geistige Trägheit wäre sicher ein Ausgleich für ihr Superhirn, und so bliebe ihrem Kind das Schicksal eines Überfliegers erspart. Sie brachte ihre Dankbarkeit zum Ausdruck, indem sie dafür sorgte, daß nicht einmal eine der Putzfrauen seine Comics je auch nur ins Auge faßte.
    Aber ihre Dankbarkeit ging nicht so weit, daß sie ihre Gefangenschaft bereitwillig ertrug. So hilfreich die Isolation für ihre Arbeit war, durfte sie ihm keinesfalls zuviel Macht über sich zugestehen. Was würde er wohl tun, überlegte sie, wenn sie einfach nicht zurückkäme? Er wußte, daß sie jeden Tag einen Spaziergang unternahm; aber wie würde er darauf reagieren, bliebe sie eines Tages mal fort?
    Was, wenn sie sich einfach ein Taxi bestellte, zum Flughafen fuhr und nach Hause flog?
    Der Gedanke, ihn zu ärgern, heiterte sie etwas auf. Sie stützte sich rückwärts auf die Ellbogen, reckte ihr Gesicht der Sonne entgegen und machte die Augen zu, bis die Kälte der Steine durch ihre Hose drang. Dann stand sie auf und blickte abermals talwärts.
    Das Haus und sein Besitzer lagen unter ihr. Über ihr ragten die Berge in den Himmel.
    Entschlossen wandte sie ihre Schritte erneut dem Gipfel zu.

8
    Janes Tasche in den Händen, stapfte Cal hinüber zur Flügeltür, durch die man in den Garten gelangte, aber er entdeckte immer noch keine Spur von ihr. Das konnte nur bedeuten, daß sie erneut in die Berge gegangen war.
    Er wußte, daß sie täglich spazierenging; aber auf seine Erkundigungen hin hatte sie immer gesagt, sie bliebe in der Nähe des Hauses. Nun, heute hatte sie sich offensichtlich doch verirrt. Trotz ihres IQs von 180 war sie die dämlichste Frau in seiner ganzen Kollektion.
    »Verdammt!« Er warf die Tasche auf die Couch, wo sich der Verschluß öffnete, so daß sich der gesamte Inhalt auf den Fußboden ergoß.
    »Irgendwas nicht in Ordnung, C-Man?«
    »Was? Uh, nein!« Cal hatte völlig die Anwesenheit seines jüngsten Bruders Ethan vergessen. Als Ethan vor zwanzig Minuten in der Einfahrt auftauchte, hatte Cal ihn unter dem Vorwand, ein wichtiges Telephongespräch tätigen zu müssen, hier hereingeführt und sitzen lassen, während er nach seiner Frau fahndete.
    Er hätte nicht gedacht, daß es so schwer sein würde, noch ein wenig Zeit zu schinden, ehe es zur Begegnung zwischen Jane und seiner Familie kam. Gerade erst waren Ethan aus seinem Skiurlaub und die Eltern von ihrer Reise zurück; allesamt drängten sie auf eine Begegnung mit seiner jungen Braut.
    »Ich suche meine Brieftasche«, log er jetzt. »Vielleicht hat Jane sie versehentlich eingesteckt.«
    Ethan erhob sich aus dem Sessel neben dem Kamin, der groß genug war, um ein ganzes Spanferkel darin zu rösten, spazierte hinüber zur Flügeltür und spähte in den Garten.
    Cals Verärgerung legte sich ein wenig, als er seinen Bruder erblickte. Während er und Gabe auf dem Sportfeld geglänzt hatten, hatte Ethan sich in der Theatergruppe der Schule hervorgetan. Obgleich er ein anständiger Sportler war, fehlte ihm einfach der Siegeswille.
    Blond, leichter gebaut als Cal und Gabe, und so hübsch, daß einem bei seinem Anblick das Herz zu schmelzen begann, war er der einzige der drei Bonner-Brüder, der nach ihrer Mutter schlug; doch hatte ihm sein hinreißendes Aussehen immer nur den Spott seiner Geschwister eingebracht.
    Seine hellbraunen Augen umrahmten dichte Wimpern, und seine Nase war, da sie keinerlei Attacken über sich ergehen lassen mußte, so gerade wie am Tag seiner Geburt. Sein dunkelblondes Haar hatte einen konservativen Schnitt und war stets ordentlich gekämmt. Normalerweise trug er Oxford-Hemden, gebügelte Stoffhosen und leichte Slipper, aber heute hatte er ein altes Grateful-Dead-T-Shirt und eine Jeans hervorgekramt. An Ethan sah selbst diese Kleidung aus, als hätte er sie bei einem eleganten Herrenausstatter gekauft.
    Cal runzelte die Stirn. »Hast du das T-Shirt etwa gebügelt?«
    »Nur ein bißchen.«
    »Himmel, Eth, hör endlich mit diesem Schwachsinn auf!«
    Ethan setzte nur deshalb sein Heiligen-Lächeln auf, weil er wußte, wie er damit seinen großen Bruder auf die Palme brachte. »Es gibt eben Menschen, denen ein gepflegtes Äußeres wichtig ist.« Er bedachte Cals schlammbespritzten Stiefel mit einem vielsagenden Blick. »Andere hingegen scheinen nicht das geringste dafür übrig zu haben.«
    »Und wennschon, Arschloch!« In Ethans Gegenwart wurde Cals Sprache stets vulgär. Die Unerschütterlichkeit des

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