Bleib ungezaehmt mein Herz
wandte ihre Aufmerksamkeit dieser überaus wichtigen Frage zu. »Das gelbe Baumwollkleid, denke ich.«
»Mit den Saphiren«, sagte Marcus von der Verbindungstür her. Er lehnte gegen den Türrahmen, die Manschettenknöpfe an seinem Hemd befestigend, und seine schwarzen Augen funkelten schalkhaft. »Sie werden die Aufmerksamkeit auf das Dekollete dieses Kleides lenken, das etwas dramatisch ist, wenn ich mich recht erinnere. Der Duke wird es zu schätzen wissen.«
Judith kicherte. »Und man soll seine Gäste ja schließlich erfreuen.«
»Es ist die oberste Pflicht einer Gastgeberin«, erklärte Marcus würdevoll.
»Und einer Ehefrau, die Ambitionen ihres Mannes zu unterstützen«, ergänzte Judith mit melodischer Stimme.
Er lächelte ironisch. »Du hast es also erraten?«
»Welcher Posten schwebt dir denn vor? Der des Außenministers... oder der des Innenministers vielleicht?«
Er zuckte die Achseln. »Das weiß ich noch nicht. Es hängt davon ab, was Peel und Canning wollen. Außerdem wird es sowieso noch eine Weile dauern, bis sich da etwas tut. Ich bin vorerst nur daran interessiert, das Terrain zu ebnen.«
»Schön, und ich werde deine Gäste bezaubern«, sagte sie. »Aber Castlereagh ist ein mürrischer Mensch. Ich bin sicher, er mißbilligt Flirts.«
Marcus lachte. »Mach dir nichts daraus. Wellington ist der Mann, bei dem meine politische Zukunft liegt, meine Liebe.«
Judith verdrängte ihr Problem mit Gracemere für diesen Abend in den hintersten Winkel ihres Hirns und widmete ihre gesamte Aufmerksamkeit den Interessen ihres Mannes. Es war ein faszinierender Abend, und Judith kam erst im Morgengrauen ins Bett. Die Rolle einer politischen Gastgeberin könnte mir durchaus gefallen, war ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen.
Heller Sonnenschein fiel ins Zimmer, als Marcus am nächsten Morgen von dem wohltönenden Glockenschlag der Uhr auf dem Kaminsims geweckt wurde. Es war neun Uhr, doch Judith neben ihm rührte sich immer noch nicht. Er stützte sich auf einen Ellenbogen und betrachtete sie.
Sie lag auf dem Rücken, die Arme über dem Kopf ausgestreckt, ihre Lippen leicht geöffnet, tief und gleichmäßig atmend wie ein Kind, das sich sicher und geborgen fühlt. Im Schlaf, ohne die übliche Dynamik ihres Mienenspiels, wirkte sie jünger, als sie in Wirklichkeit war, und eindeutig verletzlicher. Ihre Haut duftete warm und weich, strahlte eine seltsam kindliche Unschuld aus - eine Unschuld, die gar nicht zu der charmanten, kultivierten Gastgeberin vom Abend zuvor zu passen schien.
Vielleicht hätte er damit rechnen müssen, daß jemand, der seine Jugend mit Schwindelgeschäften überall auf dem Kontinent verbracht hatte, ein so gelassener, gut informierter, gewandter Weltbürger würde. Aber Marcus nahm nicht an, daß Judith auf ihren Reisen mit den ersten Kreisen Kontakt gehabt hatte. Und dennoch machte Judith niemals etwas falsch; ihr Benehmen war untadelig, zeigte die absolute Selbstsicherheit einer Aristokratin, die Zuversicht eines Menschen, der niemals im Leben etwas entbehren mußte. Und Sebastian war genauso. George Davenport mußte eine außergewöhnliche Persönlichkeit gewesen sein, um unter so ungünstigen Umständen zwei solche Kinder hervorgebracht zu haben. Nicht zum ersten Mal rätselte Marcus über die Abstammung der Davenports. Judith sagte immer, sie wüßte nichts über die Herkunft ihrer Familie. Ihr Vater hätte behauptet, dies sei völlig belanglos und sie drei bildeten eine eigene, unabhängige Familie. Marcus glaubte, die Argumentation zu verstehen.
Er legte sich wieder neben Judith, sein Schenkel ruhte an ihrem warmen, seidigglatten Bein. Es war unmöglich, der langsam erwachenden Glut zu widerstehen, die bei dem Gefühl und dem Duft von Judith so dicht neben sich in seinen Lenden pulsierte. Mit einem winzigen Seufzer zufriedener Resignation, vorsichtig, als befürchtete er, sie zu wecken, drehte er Judith auf die Seite, mit dem Rücken zu sich. Sie murmelte etwas, aber es war ein unartikuliertes Geräusch, das aus tiefem Schlaf kam. Er schmiegte sich mit seinem Körper an ihren, und sie kuschelte sich im Schlaf mit dem Gesäß gegen seinen Bauch. Marcus ließ seine Hand zwischen ihre Schenkel gleiten, tastete in einer zärtlichen, behutsamen Liebkosung nach der verborgenen Öffnung ihres Körpers. Er lächelte, als er fühlte, wie ihr Körper auf seine Liebkosung reagierte und sich erregte, ohne daß es ihr bewußt war. Sie murmelte wieder im Schlaf, zog die Knie an und
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