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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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sie hörte. Für wie naiv hielt der Mann sie? War das seine Masche, die Mädchen, die sich Hoffnung auf eine Veröffentlichung machten, in sein Haus zu locken? Und was dann? Was für Aufnahmen würde er dort machen? Alex hatte vollkommen Recht: Der Typ war so verdächtig, wie es nur ging.
    Plötzlich hatte Jördis das Bedürfnis, Horst Schön eine ordentliche Ohrfeige zu verpassen. Sie hielt sich zurück, spürte aber, dass sie ihre Schauspielerei nicht mehr lange aufrechterhalten konnte. Zu sehr widerte dieser Mann sie an.
    »Das finde ich ganz wunderbar«, sagte sie.
    Seine Finger landeten auf ihrer Hand, die noch immer die Mappe bewachte.
    »Aber erst muss ich lesen.«
    Jetzt wirkte auch sein vorher noch so sympathisches Lächeln nicht mehr bei Jördis. Sie hatte das Gefühl, der Teufel grinse sie an.
    Sie zog ihre Hand weg und nickte.
    »Aber nicht lachen«, brachte sie mühsam hervor.
    Er deutete es als Schüchternheit und strich noch einmal über ihren Handrücken.
    »Auf keinen Fall!«, sagte er. »Hab Vertrauen, Jördis.«
    Ohne sie aus den Augen zu lassen, zog er die Mappe zu sich, befeuchtete in einer langsamen, geradezu anzüglichen Bewegung mit der Zunge die Kuppe seines Zeigefingers und schlug den Deckel auf.
    Erst jetzt senkte er den Blick.
    »Worum geht es?«, fragte er.
    »Es ist ein Krimi. Eine Entführungsgeschichte.«
    »Wunderbar! Kriminalliteratur verkauft sich immer.«
    »›Der Lügner‹«, las er vor. »›Von Jördis Kettelhake.‹«
    Er sah sie wieder an. »Dein Name würde sich richtig gut auf einem Buchdeckel machen.«
    Dann blätterte er um und begann zu lesen.
    Jördis, die ja wusste, was da stand, las in Gedanken mit.
    Der Winter wollte einfach nicht zu Ende gehen. Es war bereits Ende Februar, und noch immer bedeckten Schneereste die Landschaft. Die Nächte waren nach wie vor kalt. Jeden Morgen mussten die Menschen Eis von den Scheiben ihrer Autos kratzen, eine mühevolle, leidgewordene Arbeit. Zu dieser kalten Zeit verschwand ein Mädchen spurlos. Ihr Name war …
    Horst Schön sah zu ihr auf. Der Ausdruck der Geilheit in seinen Augen war einer Mischung aus Verwirrung und aufkeimender Wut gewichen.
    »Was soll das?«, fragte er tonlos.
    Plötzlich stach Jördis der Hafer. Auf Teufel komm raus wollte sie diesen blöden Arsch vorführen.
    »Wieso? Gefällt es dir nicht? Liegt es am Namen des Mädchens? Daniela Gerstein? Den kann ich noch ändern.«
    Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, spürte aber selbst, dass es ihre Augen nicht erreichte. Von unzähligen Trainingseinheiten vor dem Spiegel wusste sie, wie sie ihre Pupillen zu Eiswasser erstarren lassen konnte.
    Mit einer heftigen Bewegung schlug er die Mappe zu und stand auf. Jördis erschrak und zuckte zurück, weil sie befürchtete, er würde auf sie losgehen, doch er sah sich nur in dem überfüllten Lokal um.
    »Suchst du jemanden?«, fragte Jördis.
    »Hast du deinen Freund mitgebracht?« Er wandte sich ihr zu, straffte die Schultern und zeigte auf die Mappe. »Was ist das für ein Arsch, der eine Frau vorschickt?«
    »Ich weiß gar nicht, was du meinst.«
    Jördis versuchte, die Rolle der unschuldigen Unwissenden weiterhin durchzuziehen. Zum einen, weil sie Horst Schön damit mächtig auf die Palme brachte, zum anderen verschaffte es Alex mehr Zeit. Mit einer geschmeidigen Bewegung schlug sie die Beine übereinander, lehnte sich zurück und drückte die Brust durch.
    Trotz seiner Wut sah Schön ihr in den Ausschnitt, und seine Zunge glitt schnell wie die einer Schlange über seine Oberlippe.
    »Erzähl mir keine Scheiße, ich bin doch nicht blöd. Das ist ein abgekartetes Spiel. Kam mir doch gleich alles merkwürdig vor, gestern schon. Solche Tussis wie du und deine Freundin haben nie und nimmer Interesse an Literatur, geschweige denn das Talent zu schreiben. Sag deinem Schnüfflerfreund, er kann mich mal kreuzweise!«
    Er war puterrot und laut geworden und fuchtelte mit den Händen herum. Einige der anderen Gäste in ihrer Nähe wurden auf sie aufmerksam. Dieses gut besuchte Lokal als Treffpunkt zu wählen war die richtige Entscheidung gewesen, fand Jördis. Wer konnte schon sagen, wozu Horst Schön in diesem Zustand fähig war.
    »Dann wird es nichts mit der Veröffentlichung?«, fragte sie.
    Horst Schön kam um den Tisch herum, beugte sich zu ihr hinunter, stützte sich mit beiden Händen auf und brachte sein Gesicht ganz nah an ihres. Nahe genug, um seinen Atem spüren und abermals das zu dick aufgetragene Parfum

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