Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)
leisten. Weil sie das aber nicht tun, bin ich mir sehr sicher: Sie schreiben mit Absicht falsch, genauso wie sie die Fehler im Weltpark auch extra machen.
Einen Hinweis, der meine These stützt, fand ich neulich in unserer Nachbarschaft. Hier, in der «Elite»-Sprachschule, unterrichtet man nämlich nicht nur einfach Englisch, sondern gleich vier Englische, darunter das «Elite Chic English». Ich glaube, dass Absolventen dieses Kurses ihren Klamottenladen «That person is according to the clothing» nennen oder ihr Modemagazin «Frends». Die «Elite Business English»-Schüler dagegen schreiben über die Kassen ihrer Supermärkte nicht mehr Cashier, sondern «Chamberlain»; wohingegen das «Elite Star English» von Hoteliers und Restaurantbesitzern bevorzugt wird. In diese Hardcorevariante mischt man auch ein paar andere Sprachen, Französisch etwa, dazu ein paar südamerikanische Städtenamen, und auf der Speisekarte steht dann «D’œuvres» für Vorspeisen, «Flavor Genus» für lokale Spezialitäten. An Whirlpools findet sich die Aufforderung «Don’t put your pool Guocao, meals, portable and cotton towels into the pool» und auf Hotelzimmerchipkarten ein Satz wie: «Please save front desk of the Valparaiso.» Nehmen Sie sich jetzt bitte zehn Minuten Zeit, um darüber nachzudenken, was die beiden letzten Sätze bedeuten könnten. Fertig?
Weiter zur hohen Chinglish-Schule, dem «Elite Talent English». Wer das beherrscht, verkauft vermutlich verkleinernde Haushaltsgeräte («diminutively white goods») und «Buddna Sheen cocklofts», die sich gewaschen haben. Bevor ich aber erkläre, was das sein könnte, wollen wir uns noch schnell fragen, weshalb die Chinesen nicht das echte Englisch lernen und benutzen? Ich vermute, dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens: um Nichtchinesen wie nebenbei an ihre historischen Fehler zu erinnern (Chamberlain = Münchener Abkommen = Appeasement-Politik). Zweitens: weil ihnen das englische Englisch zu farblos ist. Warum auch sonst sollte das Motto der Elite-Sprachschule lauten: «Color your English»? Und weil drittens ein Chinese, der in einem schicken, neuen Bürogebäude sitzt, an dem «Leader space of international» steht, fest daran glaubt, dass ihm der nichtchinesische Rest der Menschheit den Buckel runterrutschen kann. Kann er auch, denn lacht ein Ausländer über die seltsame Formulierung, kauft der Mann im Führerraum einfach seine Firma auf und schmeißt sie raus, die lustige, lange Nase.
Mein liebstes Chinglish-Schild: im Pool mit Guocao.
Darum ist Chinglish auch nicht falsch oder gar zum Lachen, sondern Weltsprache. Jeder wird es in spätestens zwanzig Jahren sprechen. Sie sollten schon mal anfangen umzulernen. Hier haben Sie die ersten Vokabeln: Valparaiso = Wertsachen (die Sie bitte an der Rezeption deponieren). Marble = berühmter Architekt, Erbauer der Hagia Sophia. Charles Ting = oströmischer Kaiser. Ihre erste Hausaufgabe aber lautet: Kriegen Sie raus, was ein «Guocao» ist, den oder die man nicht mit in den Pool nehmen darf. Wer als Erster die Lösung an den Verlag schickt, erhält ein Exemplar meines Buches «Universalsprache Chinglish» geschenkt, das voraussichtlich im Jahr 2018 erscheinen wird. Schon jetzt vielen Dank für Ihre Teilnahme bzw. «thank you for a long time before our support».
24 Topfpflanzen in Peking
Können Sie mich überhaupt lesen? Falls nicht, müssen Sie mal über die Seite pusten, denn wahrscheinlich sind die Buchstaben völlig zugestaubt mit original Pekinger Staub. Besser? Dann kann’s ja losgehen. Zunächst einmal Entschuldigung für den ganzen Dreck. Aber in Peking kann man so viel putzen, saugen und fegen, wie man will, der Staub ist nicht in den Griff zu kriegen.
Der Grund dafür ist, dass es hier praktisch nie regnet, zieht man zwei bis drei Monate im Sommer ab. Die unglaubliche Trockenheit verwandelt eine achtlos auf dem Sofa liegengelassene Melone über Nacht in eine Rosine und lässt empfindliche Nasen wegen Schleimhautexitus unvermittelt bluten. Zwar gibt sich unsere Regierung alle Mühe, der Dürre Herr zu werden. So hat sie zum Beispiel fünftausend spezielle Raketenabschussrampen stationiert, mit denen Silberjodid-Teilchen in die vorüberziehenden Wolken geschossen werden, um sie zum Abregnen zu bringen. Aber was nützt das schon, wenn sich am Himmel kein Wölkchen blicken lässt? Am schlimmsten ist es im Frühling, denn dann brechen obendrein die Sandstürme über die Stadt herein. Von denen gibt es pro
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