Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)
Begeisterung hervor. «Dieser Erfolg», schrieb die New York Times anerkennend, «war ein weiterer Schritt, um das Land als ökonomische und technologische Supermacht zu etablieren.» Die deutsche Presse allerdings berichtete über das Ereignis wenig oder höchstens geringschätzig, und beim Hämen tat sich einmal mehr Der Spiegel hervor. Der Ausflug, so bemerkte man spitz auf Spiegel online, sei erstens nur «insgesamt der zweihundertneunundachtzigste Weltraumspaziergang eines Astronauten», zweitens sei im Frühjahr auch schon der deutsche Astronaut Hans Schlegel durchs All spaziert, und drittens befänden sich die Chinesen mit der Exkursion nunmehr «auf dem Stand des amerikanischen Weltprogramms von 1967».
Dass das chinesische Weltraumprogramm viel besser und effektiver ist, als das amerikanische je war, davon hat das bekannte China-Basher-Magazin natürlich nichts geschrieben. So brauchten die Chinesen nur fünf Jahre, um nach ihrer ersten bemannten Weltraummission mit dem Raumschiff Shenzhou VII drei Menschen ins All zu schießen. Die drei Besatzungsmitglieder von Apollo 1 dagegen verbrannten im Januar 1967 noch am Boden in ihrer Weltraumkapsel. Wenn also der Spiegel meint, das chinesische Weltraumprogramm sei auf dem Niveau des amerikanischen von 1967, dann wären die chinesischen Astronauten nach ihrer Mission nicht im offenen Wagen durch Peking gefahren, sondern verbrutzelt auf einem mobilen Grill. Sie erfreuen sich allerdings bester Gesundheit. Das chinesische Raumfahrtprogramm ist nämlich enorm sicher. Der «Hochsicherheitsindex» des Programms, so haben chinesische Wissenschaftler in China Daily erklärt, liegt bei 0,997, was bedeutet, dass von tausend Astronauten neunhundertsiebenundneunzig sicher zur Erde zurückkehren. Der Grund für die hohe Sicherheit an Bord ist zunächst einmal die Tatsache, dass die Chinesen in der Lage sind zu improvisieren. Das zeigte sich deutlich beim Start des ersten bemannten chinesischen Raumschiffs Shenzhou IV am 30. Dezember 2002. Damals herrschten auf dem Weltraumbahnhof in der Inneren Mongolei Temperaturen von minus achtundzwanzig Grad. Eigentlich sollten Raumschiffe nicht bei diesen Temperaturen starten. 1986 ist die Raumfähre Challenger explodiert, weil sich bei Minusgraden eine Gummidichtung verformt hatte. Die Chinesen aber lösten das Kälteproblem einfach dadurch, dass sie die Rakete, wie das Magazin China Pictorial ausführlich beschrieb, in insgesamt zweihundert Baumwollsteppdecken einpackten.
Natürlich gelang der Start.
Ein zweiter Grund ist wohl, dass die Chinesen über Technologien verfügen müssen, von denen andere Nationen nur träumen. So konnte man schon zwei Tage vor dem Start von Shenzhou VII – was übrigens Göttliches Land Nr. 7 bedeutet – auf der Website der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua jedes Detail über den geglückten Start nachlesen. Ja, sogar die Originaldialoge in der Bodenkontrollstation waren protokolliert: «Der Luftdruck in der Kabine ist normal.» Dann war zu lesen, wie das Raumschiff nach dem Start «hinter dem Horizont verschwindet. Warmes Händeklatschen und begeisterter Jubel durchbrechen den nächtlichen Himmel, das Echo breitet sich über die Stille des Pazifischen Ozeans aus.»
Kurz darauf nahm Xinhua diese Geschichte wieder von der Website und entschuldigte sich, die Meldung sei aus Versehen durch den «technischen Fehler eines Technikers» an die Öffentlichkeit gelangt. Zwei Tage später aber hob Shenzhou VII tatsächlich ab, der Luftdruck in der Kabine war normal, und es spielte sich auch sonst alles genau so ab wie achtundvierzig Stunden zuvor gemeldet. Das kann ja nur bedeuten, dass die Chinesen über eine Zeitmaschine verfügen, von der die Welt jetzt durch den technischen Fehler dieses Technikers – man beachte die verräterische Wortwahl – aus Versehen erfahren hat. Vielleicht hatte auch jemand anderes seine Hand im Spiel. Gemäß einiger chinesischer Internetseiten – zum Beispiel dieser hier: www.sunwukong.cn/transportation/aviation, 35183.aspx – lautet die Übersetzung für das Raumschiff nicht «Göttliches Land 7», sondern einfach nur «God 7».
Aber eigentlich kann das keine göttliche Mission gewesen sein, schließlich bestand die Besatzung von Shenzhou VII aus strengen Atheisten. Und nicht nur das. Die derzeit vierzehn ausgebildeten chinesischen Astronauten sind allesamt Mitglieder der Kommunistischen Partei. Da gemäß den Statuten drei KP-Mitglieder ausreichen, um eine
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