Blind-Date um Mitternacht
selbst angerufen hätte, um mich über die Änderung seiner Pläne zu informieren. Er versprach mir, dass es nicht mehr vorkommen wird. Für wann, glaubst du, könntest du einen neuen Termin mit ihm ausmachen?”
Josie musterte sie irritiert. Bob war hier im Laden gewesen? Warum hätte er sie, Josie, bitten sollen, Susan nichts zu sagen, aber dann riskieren sollen, selbst mit ihr zu sprechen? Das ergab doch keinen Sinn. “Er hat dir gesagt, er wolle eine neue Verabredung mit mir?”
“Ja. Wir … wir haben uns eine ganze Weile unterhalten. Weißt du, er hat große Pläne mit der Werbeagentur. Eines Tages wird er ein reicher, angesehener Mann sein. Du könntest bestimmt aufhören zu arbeiten, wenn zwischen euch alles klappen würde.”
Josie knirschte unwillkürlich mit den Zähnen. Bob hatte ihr erzählt, er sei nicht an einer Vergrößerung der Agentur interessiert. Hatte er gelogen, oder hatte Susan ihn bloß falsch verstanden? Verwundert schüttelte sie den Kopf. “Ich liebe meine Arbeit und werde sie nie aufgeben.”
“Josie, du weißt, wie stolz ich auf dich bin. Es ist unglaublich, was du alles erreicht hast. Und ich finde es bewundernswert, wie hart du arbeitest.” Susan tätschelte ihre Hand. “Aber es ist keine angenehme Arbeit für eine allein stehende junge Frau. Du hast nie ein ganzes Wochenende frei, und ich kann mich nicht entsinnen, wann du zum letzten Mal verreist warst. Kein Wunder, dass du keine netten Männer triffst.”
“Wie Bob?” wisperte Josie.
“Genau!” Susan errötete und wandte rasch den Blick ab. “Wir haben über deine schwierigen Arbeitszeiten gesprochen, und Bob meinte, er habe nichts dagegen, wenn seine Frau einen Beruf wie meinen hätte. Einen netten, nicht zu anstrengenden Achtstundenjob, der ihr erlaubt, abends und an den Wochenenden daheim zu sein. Vielleicht könnte er dir helfen, eine Aushilfe zu finden, damit du nicht die ganze Arbeit allein …”
Susan brach ab, als Josie aufsprang und mit dem Ellbogen fast einen Philodendron umstieß. Ihr wütender Fluch überraschte sie selbst genauso sehr wie Susan.
Was fiel Bob ein, ihr Leben mit ihrer Schwester zu besprechen? Er hatte kein Recht, hinter ihrem Rücken Pläne für sie zu machen oder zu versuchen, ihr Leben zu verändern! Sie kam sich verraten und betrogen vor, und das tat weh. “Ich bin dir dankbar für deine Fürsorge”, sagte sie kühl zu Susan. “Aber du mischst dich in mein Leben ein, und das kann ich nicht mehr dulden. Ich bin eine erwachsene Frau. Ich liebe meine Arbeit, sie ist mir wichtig, und ich würde sie für niemanden aufgeben – nicht einmal für Bob.”
“Nun …” Susan wirkte entmutigt, aber nur für einen Moment. “Wir dachten nur an die Zukunft und fragten uns, wie deine hektischen Arbeitszeiten mit einer Familie zu vereinbaren wären.”
Josie war entsetzt über Bobs Arroganz. Nur weil sie mit ihm geschlafen hatte, glaubte er, das Recht zu haben, ihr Leben zu verändern? “Familie! Ich habe eben erst damit begonnen, auszugehen.”
“Aber nicht aus Mangel an Bemühungen meinerseits!”
“Susan”, sagte Josie warnend.
“Na schön. Ich verstehe schon.” Susan verzog beleidigt das Gesicht. “Aber du wirst mir doch hoffentlich zustimmen, dass es eine lohnende Verbindung wäre.”
“Beziehung. Was einen Mann und eine Frau auf privater Ebene verbindet, nennt man eine Beziehung und nicht eine Verbindung.”
Susan winkte ab. “Tatsache ist, dass du ein bisschen kompromissbereiter werden musst, falls du hoffst, jemals einen so perfekten Mann wie Bob zu heiraten. Er hat sein Leben bis in die kleinste Einzelheit geplant. Glaub mir, er ist es wert, sich um ihn zu bemühen.”
Josie straffte die Schultern und starrte Susan betroffen an. Erst ganz allmählich dämmerte es ihr. Zum ersten Mal, seit Josie sich erinnern konnte, schien Susan sich aufrichtig für einen Mann zu interessieren. Vielleicht war sie sogar verliebt in ihn. “Bist du noch nie auf die Idee gekommen, Susan, dass Bob es möglicherweise sogar wert sein könnte, dass du dich selbst um ihn bemühst?”
Blinzelnd, als habe sie noch nie etwas Absurderes gehört, stand Susan auf und begann, die halb aufgegessenen Salate wegzuräumen. “Das ist doch lächerlich.”
“Wieso?” gelang es Josie zu erwidern, obwohl sich ein schmerzhaft dicker Kloß in ihrer Kehle formte. “Mir scheint, dass du ihn sehr bewunderst. Gib ruhig zu, dass du ihn selbst willst, Susan.” Sie wollte nicht an Bob und an die Nacht mit ihm
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