Blinde Verführung (German Edition)
an. „Wenigstens weiß ich jetzt, wieso du heute Nacht nicht nach Hause kommen willst. Die Funken zwischen euch könnten einen Waldbrand auslösen.“
Marlene lief knallrot an, während Patrick sich mit einer scherzhaften Verbeugung für das Kompliment bedankte.
„Was macht ihr denn noch hier?“, fragte Ethan unvermittelt. „Raus mit euch, in den Wintergarten. Ich brauche Ruhe in meiner Küche.“
Patrick salutierte und geleitete die Damen in das riesige, offene Wohnzimmer, an das der Wintergarten gleich angeschlossen war. Eine der Glasscheiben war geöffnet, um frische Gartenluft und Vogelgesang hereinzulassen. Aus versteckten Lautsprechern ertönte lebhafte, aber dennoch unaufdringliche Dixielandmusik, und die versammelten Gäste lungerten in weißen Lounge-Möbeln herum. Dante stopfte sich mit kleinen Sandwichs voll, doch der Rest hob sich nach nur wenigen Häppchen den Appetit mannhaft für das versprochene Dinner auf und entspannte sich lieber bei einem Glas Rosé.
Sie setzten sich auf die freien Plätze und nahmen dankend ebenfalls ein Glas Wein entgegen.
„Jetzt, wo wir alle zusammen sind, können wir ja klären, wer Ethan dieses Jahr helfen geht“, begann Kelly salbungsvoll.
Ethan, der eben mit einer Schale Gemüsesticks und etlichen Dips bei ihnen ankam, verzog theatralisch das Gesicht, als eine riesige, offenbar ebenfalls schon traditionelle Diskussion losging. Die Köche weigerten sich mit der Begründung, heute extra frei genommen zu haben, während Marco, Sean und Phil sich auf absolute Unfähigkeit beriefen. Die Gründe wurden immer absurder, bis Heidi entnervt mit den Augen rollte, wortlos aufstand und mit Ethan zusammen zurück ins Haus verschwand.
„Ha!“, rief Phil und schlug mit Dante ein.
„Was war das denn?“, fragte Marlene perplex.
Kelly schüttelte amüsiert den Kopf. „Das machen wir immer. Ethan ist ein verdammt guter Koch, aber er knechtet–“
„ Nutzt optimal seine Ressourcen “, unterbrach Patrick sie. „Das Essen ist super. Besser als von–“
„Überleg dir, was du jetzt sagst, Patty.“ Kelly funkelte ihn an und zwirbelte drohend eine ihrer langen Haarsträhnen.
„Wir ziehen Ethan jedenfalls damit auf und derjenige, der es als erstes nicht mehr erträgt, ist für den Rest des Abends sein Küchensklave“, vollendete Marco Kellys angefangenen Satz.
„Ein schwarzer Peter vor dem Herrn. So gut das Essen auch ist, das passiert mir bestimmt nicht noch mal“, sagte Phil schadenfroh.
„Garantiert nicht“, stimmte Thomas zu.
„Nicht nach deinem Unfall “, Andy machte mit den Fingern Anführungszeichen, „mit der Pasta.“
„Das ist zwei Jahre her! Mindestens!“, rief Phil.
„Er hat eine verdammt gute Puttanesca in hohem Bogen auf Ethans Parkett verteilt“, klärte Kelly Marlene auf. „Und versucht, es mit Bestellpizza wieder gut zu machen.“
„Bei Dante bestellt natürlich“, grinste Sean und stieß seine Faust gegen Marcos. „Weil der praktischerweise schon da war.“
„Ich erinnere mich, den Stunt hätte man im Film nicht besser hinlegen können“, sagte Andy. „Mann, der Abend war großartig.“
„Du hast Tränen gelacht“, erinnerte Thomas ihn.
Andys Mundwinkel zuckten. „Du auch.“
Thomas nickte. „Ganze Sturzbäche sogar.“
„Das war fast noch besser als Phils Verpeiltheit.“ Kelly begann zu kichern.
Marlene vermutete, dass der eine oder andere Heidis Kompetenz im Service bedauerte, aber dafür breitete sich nach nur wenigen Minuten ein wunderbarer Geruch im ganzen Haus aus und die Gruppe wurde unruhig. Schwatzend spazierten sie zum großen, sommerlich eingedeckten Esstisch im Wohnzimmer und setzten sich erwartungsvoll. Marlene fühlte sich ein bisschen schuldig, Heidi mit der Arbeit ganz alleine zu lassen, doch als sie ihre Hilfe anbot, wurde sie wieder zurückgeschickt.
„Das ist lieb, aber wir schaffen das“, versicherte Heidi ihr. „Die Vorspeise ist sowieso gleich fertig, und das Servieren ist ja nun wirklich ein Klacks.“ Sie deutete auf eine Reihe hübsch angerichteter Salatteller. „Schau, runterfallen kann mir auch nichts.“
„Soll ich nicht wenigstens neues Wasser mitnehmen?“ Ethans drohend erhobenen Kochlöffel im Auge behaltend klaute sie eine einsame schwarze Olive. „Oder mehr Wein?“
Heidi lächelte. „Na schön, bevor ich mich schlagen lasse.“
Also kehrte Marlene unverrichteter Dinge an den Tisch zurück, gerade rechtzeitig, um Thomas gnadenlos die namenlose Blondine ärgern zu sehen.
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