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Blinde Wut

Blinde Wut

Titel: Blinde Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scheibler
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Ausbruch hatte zur Folge, daß ein Schweigen entstand, das Kleinhanns als bedrückend zu empfinden schien, denn er war es, der es brach, kaum daß es entstanden war, indem er fast kleinlaut fragte: »Wollen Sie sonst noch etwas von mir wissen?«
    Lutz nickte. »Sagen Sie, haben die Däublers geraucht?«
    »Das ist auch so ein Punkt«, antwortete Kleinhanns, ohne zu zögern. »Vor der Hochzeit hat Marion geraucht. Zwanzig Stück am Tag. Aber der Herr Gemahl war ja Nichtraucher, folglich hat sie sich das Rauchen abgewöhnt.«
    Was sicher nicht schlecht war, dachte Lutz bei sich, aber das stand hier ja nicht zur Debatte. »Es wurde in der Wohnung der Däublers also nicht geraucht?«
    Kleinhanns schüttelte den Kopf. »Er wollte es nicht.«
    Sie hatten inzwischen die Haustür erreicht, und da sie im Augenblick keine weiteren Fragen mehr hatten und Kleinhanns zurück zu seiner Mutter wollte, um sie zu trösten, verließen Lutz und Wagner die Villa und gingen auf den Dienstwagen zu, den Wagner vor dem Haus geparkt hatte.
    »Wissen Sie, wie viele Raucher es in der Bundesrepublik gibt?« fragte Wagner und fuhr, nachdem Lutz verständnislos den Kopf geschüttelt hatte, fort: »Mindestens dreißig Millionen. Ich sage das nur, falls Sie mich jetzt auf die Suche nach dem Typen schicken wollen, der bei den Däublers geraucht hat.«
    Lutz verkniff sich jegliche Reaktion. Wagner konnte manchmal ausgesprochen blöd sein, und Lutz hatte die Erfahrung gemacht, daß man in solchen Momenten am besten fuhr, wenn man ihn nicht weiter beachtete. Diesmal war es wohl nicht das richtige Mittel, denn Wagner hörte nicht auf zu sticheln: »Es wundert mich, daß Sie sich so in diesen Fall reinknien. Schließlich haben wir den Täter, und der Tathergang läßt sich auch leicht rekonstruieren.«
    »Und das Motiv?« wollte Lutz wissen.
    Wagner blähte die Backen auf und ließ die Luft geräuschvoll entweichen. Damit wollte er Lutz zeigen, für wie belanglos er dieses Detail hielt.
    »Ohne Motiv wissen wir gar nichts«, begann Lutz, der sich als Kriminalist gefordert sah, zu dozieren. »Nicht einmal, ob es nun Mord war oder Totschlag oder fahrlässige Tötung, ob das im Affekt geschehen ist oder nicht. Und was diesen unbekannten Raucher betrifft…« Er legte eine Kunstpause ein, die Wagner umgehend nutzte, um dazwischenzureden:
»… brauchen Sie den, damit Sie sich vor der Tatsache verschließen können, daß es Menschen gibt, die so was tun, wie der Herr Däubler.«
    Lutz sah Wagner nachdenklich an. Der junge Kollege würde noch eine Menge lernen müssen. Zum Beispiel, daß die Welt nicht nur aus Schwarz und Weiß bestand, daß es unendlich viele Zwischentöne gab und außerdem noch all die andern Farben hinzukamen mit ihren mannigfaltigen Schattierungen. »Ist für Sie wirklich alles so klar?«
    Es lag etwas in Lutzens Stimme, das Wagner aufhorchen ließ und ihm das Gefühl gab, sich rechtfertigen zu müssen. »Das gibt es doch«, erwiderte er eindringlich, »daß einer in eine Situation gerät, aus der er keinen anderen Ausweg mehr sieht, als alles um sich herum zu zerstören.«
     
     
    Wagner verbrachte den Rest des Tages damit, die Schmalfilme von Däubler zu sichten, und er war auch am nächsten Vormittag noch damit beschäftigt, so daß Lutz sich entschloß, allein zum Verkehrsplanungsamt zu fahren, wo Däubler bis zu dem verhängnisvollen Tag gearbeitet hatte.
    Stöckle, der Amtschef und Vorgesetzte von Däubler, hatte ihm eine kurze Einführung gegeben und ihn dann, weil er noch eine dringende Besprechung hinter sich bringen mußte, an die Kollegen weitergereicht. Die könnten ihm ohnehin mehr sagen als er: man werde sich dann später noch einmal sprechen.
    Die Kollegen wußten nichts und waren nur darauf erpicht, von Lutz Einzelheiten über das grauenhafte Geschehen zu hören. Da er nicht daran dachte, ihre Sensationsgier zu stillen, dauerte die Befragung nicht allzu lange. Das einzige, was Lutz erfahren hatte, war, daß Däubler allgemein als arrogant und verschlossen galt – und daß er kürzlich eine heftige Auseinandersetzung mit Stöckle, seinem Chef, gehabt hatte.
    »Sind Sie zufrieden?« fragte ihn der, als Lutz wenig später wieder im Büro des Amtschefs vorstellig wurde. »Haben Däublers Kollegen Ihnen weiterhelfen können?«
    »Wie man’s nimmt«, äußerte Lutz sich diplomatisch. »Sagen Sie, Herr Stöckle, welchen Eindruck haben Sie von Herrn Däubler?«
    »Welchen Eindruck?« fragte Stöckle zurück. Er verabscheute

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