Blinde Zeugen: Thriller
von Aberdeens oberstem Gangsterboss, als Dank dafür, dass er Creepy Colin die Anklage wegen versuchten Mordes erspart hatte. Das würde der Internen Dienstaufsicht gefallen.
Rennie warf einen Blick auf die Flasche und sagte: »Cool! Du hast doch nicht etwa Geburtstag, oder?«
Logan steckte die Flasche in die Schachtel zurück und schloss sie in der untersten Schreibtischschublade ein. Dort konnte sie bleiben, bis er sich überlegt hatte, was er damit machen würde. »Hast du nicht zu tun? Musst du nicht noch ein paar Vorgesetzte beeindrucken und in ein paar Ärsche kriechen?«
»Mann, du bist vielleicht ’ne Stimmungskanone, seit du aus Polen zurück bist, weißt du das?« Er setzte beide Füße flach auf den Boden und stieß sich ab, um mit seinem quietschenden Stuhl bis zu seinem eigenen Schreibtisch zurückzurollen. »Und was ist mit dir – du solltest doch heute Morgen beim Großen Bruder antanzen?«
»Steel durfte zuerst rein – geht wohl streng nach Dienstgrad. Ich muss auf meinen Anschiss noch warten.«
»Oh …«
»Und jetzt zieh ab und lass mich in Ruhe.«
Logan schob eine Weile die Papiere auf seinem Schreibtisch hin und her, aber die richtige Begeisterung wollte sich nicht einstellen. Wozu sich noch reinhängen? Sie würden ihn wahrscheinlich ohnehin vom Dienst suspendieren. Schließlich gab er es auf und lieh sich im Pressebüro den Aberdeen Examiner aus, um die Stellenanzeigen im hinteren Teil zu studieren.
Alle verlangten jahrelange Berufserfahrung. Niemand wollte einen gescheiterten Detective Sergeant mit einer miserablen Bilanz und einem Talent für Katastrophen.
Er sah auf seine Uhr. Steel saß jetzt schon fast drei Stunden bei Superintendent Napier.
Logan ließ seinen Kopf sinken, bis er auf einem Stoß unbearbeiteter Einbruchsanzeigen zu ruhen kam. Verdammt. Er würde nicht tatenlos hier herumsitzen und darauf warten, dass Napier ihn zu sich bestellte.
Stattdessen ging er ins kriminaltechnische Labor, in der Hoffnung, ein paar Minuten mit Samantha verbringen zu können, aber sie war zu einem Tatort in Blackburn gefahren.
Was nun? Zurück ins CID-Büro, um noch ein bisschen zu schmollen? Im Videoüberwachungsraum eine Tasse Tee und ein Stück Kuchen schnorren? Oder einfach zur Tür hinausgehen und nicht mehr zurückkommen. Er könnte natürlich auch das tun, was er schon letzte Nacht hätte tun sollen: in DCS Bains Büro marschieren und ihm sagen, wer in Wahrheit Krawtschenko den Tipp wegen der Buckie Ballad gegeben hatte. Das Handy von dem polnischen Dreckschwein auf Bains Schreibtisch knallen und ihm sagen, wohin er es sich stecken konnte …
Logan zog das Handy aus der Tasche und starrte es an. Wie hatte er so blöd sein können? Er schaltete das Ding ein. Krawtschenko hatte ihn gestern Abend angerufen, also musste seine Nummer in der Anrufliste stehen. Sie könnten eine GSM-Ortung machen und Krawtschenkos Telefon quasi in einen Leitsender verwandeln.
Er ging die Menüs des Handys durch, bis er das richtige gefunden hatte. »Verdammter Mist …«
Die Nummer war mit dem Vermerk » Unbekannt « versehen. Jetzt würde er einen richterlichen Beschluss besorgen müssen, um die Telefongesellschaft zu zwingen, das Datenschutzgesetz zu ignorieren und die Angaben zum Anrufer herauszurücken. Es würde Tage dauern, wenn nicht Wochen, und es war undenkbar, dass Krawtschenkos »korrupter Bulle« nichts davon mitbekommen würde.
Zurück zu Plan A. Er stapfte die Stufen zu Bains Büro hinauf, doch der Chef des CID war nicht da, sondern draußen auf dem Flur, wo er sich gerade ein lautstarkes Wortgefecht mit Finnie lieferte.
Logan sah die beiden und erstarrte.
Finnie: »Ich hätte informiert werden müssen –«
Bain: »Es lief streng nach dem ›Need-to-know‹-Prinzip ab, und Sie –«
Finnie: »Ich gehöre schließlich zu den leitenden Beamten in dieser –«
Bain: »Dann benehmen Sie sich auch wie einer! Ein solches Verhalten verbitte ich mir bei –«
Finnie: »O ja, das kann ich mir lebhaft vorstellen. Wäre ja noch schöner, wenn irgendjemand es wagen würde, sich dem allmächtigen Leiter des CID zu widersetzen!«
Jemand tippte Logan auf die Schulter, und er zuckte zusammen. Es war DS Pirie. Ein verirrter Sonnenstrahl ließ seinen roten Lockenschopf aufblitzen. »Ich würde ihm an deiner Stelle heute Morgen lieber aus dem Weg gehen. Als er von der Operation Schleppnetz gehört hat, ist er gleich total ausgeflippt.«
Bain: »Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis, Chief
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