Blinder Einsatz
zurückgewinnen und schlagen in der Wirtschaft einen Sparkurs ein: Deregulierung, Bekämpfung der Inflation, Haushaltsbeschränkungen, Steuersenkungen als Investitionsanreiz.
3. Februar 1981
Amerikanischer Protest gegen die Einflussnahme der Sowjetunion im Nahen Osten und Kuba.
30. März 1981
Mordanschlag auf Ronald Reagan in Washington.
Im Jahr 1981 fühlte ich mich in den USA, wo ich lebte, nicht mehr wohl. Die Republikaner ließen den Kalten Krieg wiederaufleben, die Wirtschaft wurde auf ein Feindbild ausgerichtet. Ich jedoch hatte die Ideale meiner Mutter und meine Erziehung im Kopf, die mich von einer anderen Welt träumen ließen, in der die Differenzen der Staaten nicht zu bewaffneten Konflikten führten. Mich interessierten Menschen, mich interessierte Kultur. Die Art von Patriotismus, die sich in Amerika ausbreitete, war mir zuwider.
Auf einmal hatte ich das Gefühl, über meinem Studium in Harvard und der Firma, die ich mit Paul gegründet hatte, die siebziger Jahre verpasst zu haben. Die Welt hatte sich verändert, und ich hatte kaum etwas davon mitbekommen. Verblüfft verfolgte ich die zahlreichen Erinnerungssendungen an das verflossene Jahrzehnt – die Hälfte dessen, was da gezeigt wurde, verstand ich gar nicht. Ich war entschlossen, die kommenden Entwicklungen nicht an mir vorüberziehen zu lassen.
Der Verkauf des Unternehmens hatte mich finanziell unabhängig gemacht, und ich hatte Lust, einige Zeit zu reisen. Europa hatte mir meine Mutter bereits gezeigt. Also beschloss ich, mir Südamerika anzuschauen, sechs Monate lang, vielleicht auch ein Jahr. Während der ersten Monate fuhr ich ziellos hin und her, bemühte mich, Spanisch zu lernen, schaute mir die faszinierenden Landschaften an. Regelmäßig schrieb ich nach Hause. Meine sonstigen Beziehungen vernachlässigte ich in dieser Zeit, die Familie war zu dieser Zeit mein einziger Draht in die Heimat. Aber ich wechselte zu oft den Ort, um auf Antworten warten zu können. Natürlich hätte ich auch telefonieren können, aber das Schreiben sagte mir mehr zu. Ich wollte nicht mit meinen Angehörigen sprechen, das hätte mich zu sehr in Kontakt mit der Vergangenheit gebracht, und ich suchte etwas Neues. Ich wollte mich nicht mit dem begnügen, was sich mir wie selbstverständlich bot: ein Leben, in dem alles vorgezeichnet war, mit hohem Einkommen, aber ohne Überraschungen. Ein Jahr hatte ich mir als Auszeit vorgenommen. Im Verhältnis zum ganzen Leben betrachtet ist das nicht viel, aber ich war mir sicher, dass es mich von Grund auf verändern würde.
Nach fünf Monaten beschloss ich, erst einmal eine Weile in Valparaíso zu bleiben. Die Stadt der vierundvierzig Hügel, an einer atemberaubenden Meeresbucht gelegen. Aber Valparaíso, das hieß auch Chile, ein Land voller Probleme, regiert von einer Militärjunta. Das brachte mich in Kontakt mit einer ganz neuen Realität, mit vielfältigem Leid und Ängsten. Ich begann zu schreiben und wurde eine Art Lokalkorrespondent der New York Times. Jede Woche lieferte ich einen Artikel ab. Mein Leben bekam wieder eine gewisse Regelmäßigkeit und ein Ziel. Doch es kam anders, als ich dachte. Gleich nach meiner Ankunft in Valparaíso hatte ich meinen Eltern geschrieben und ihnen meine neue Adresse mitgeteilt. Einige Wochen später erhielt ich einen Brief meines Vaters, den ich bis heute bei mir trage. Ich weiß noch, wie ich ihn in einem Park bei Sonnenuntergang öffnete.
Mein Sohn,
ich habe Dir schon mehrfach geschrieben in der Hoffnung, dass meine Post Dich erreicht, doch das war offensichtlich nicht der Fall. Nun, da ich Deine Adresse habe, hoffe ich, dass Du meinen Brief erhältst. Es fällt mir nicht leicht zu formulieren, was ich Dir nun sagen muss.
Mein Sohn, Deine Mutter ist vor zwei Monaten gestorben. Es ging alles ganz schnell, die Ärzte waren machtlos. Ich zittere, während ich Dir dies schreibe, und ich weine noch immer. Deine Mutter war so tapfer, wie sie es ihr ganzes Leben lang gewesen ist. Dein Bruder ist gerade hier, er wird noch eine Weile bleiben. »Ich muss ihn nicht sehen, ich weiß, dass es ihm gut geht, dass er etwas macht, was für ihn wichtig ist, was er sich verdient hat. Schreib ihm, wenn ich nicht mehr da bin, erst dann.« Das waren ihre Worte.
Mein Sohn, setze den Weg fort, den Du eingeschlagen hast, kehre nicht um. Tu es für Deine Familie.
Ich liebe Dich
Dein Vater
Es dauerte eine Weile, bis ich begriffen hatte, was da stand. Mein Herz verkrampfte sich, die Beine
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