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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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keinen Widerspruch duldete und ihm klarmachte, dass sie gerade Wichtigeres zu tun hatte. Aber er ließ nicht locker, es sei wichtig, er müsse rasch Entscheidungen treffen.
    Die Büros der Firma befanden sich in der Nähe der Metrostation Grands Boulevards. Constance winkte ein Taxi heran.
    Die Telefonistin wunderte sich über ihr Erscheinen: »Guten Tag, Constance, hast du nicht frei?«
    »Ja, eigentlich schon«, antwortete sie kurz angebunden.
    Constance ging durch den Hauptflur zu ihrem Büro. Überall schlichtes Design, moderne Möbel, und das in einem klassischen Haussmann’schen Gebäude mit imposanter Fassade. Sie legte ihre Sachen in ihrem Büro ab. Merkwürdigerweise war nirgends ein Mitarbeiter zu sehen, dafür lief laut der Fernseher im Büro ihres Chefs. Was gab es da zu sehen? Die Fußballweltmeisterschaft war es jedenfalls nicht, und sie hatte auch nicht gehört, dass irgendetwas passiert wäre wie der Anschlag auf das World Trade Center. Sie verspürte keine Lust, sämtlichen Kollegen guten Tag zu sagen, und wünschte sich nur eins: so schnell wie möglich wieder wegzukommen. Dennoch betrat sie das Büro. Alle starrten wie gebannt und mit ungläubigen Gesichtern auf den Bildschirm. Niemand beachtete sie. Sie umrundete die Gruppe vor dem Fernseher und trat zu ihrem Chef.
    »Was ist geschehen?«
    »Ein Massaker, kam gerade eben durch. Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas auch in Frankreich passieren kann.«
    »Hier noch einmal die wichtigste Nachricht des Tages. Gestern Abend hat sich auf dem Campus der Universität von Nanterre eine Tragödie ereignet. Fünf Studenten wurden in einem Wohnheim erschossen. Zum ersten Mal erlebt Frankreich ein Massaker, wie es mit den Namen Columbine und Virginia Tech verbunden ist. Viele glaubten bislang, so etwas könne nur in Amerika geschehen. Hierzu unser Experte René Brisard:
    ›Die Täter, die solche Massaker in Universitäten oder Schulen veranstalten, sind normalerweise Schüler oder Studenten, die alle Hemmungen verloren haben, wild um sich schießen und sich am Ende, wenn ihnen bewusst wird, was sie getan haben, das Leben nehmen. Wir wissen im Moment jedoch noch nicht, ob wir es in Nanterre mit einem Einzeltäter zu tun haben.‹
    Die Nachrichtensprecherin fuhr fort: »Die Polizei schließt im Augenblick keine Möglichkeit aus. Die fünf Studenten haben auf den ersten Blick nichts gemeinsam. Drei stammen aus dem Ausland. Die Fotos der fünf Opfer können Sie nun in einer Bildleiste auf Ihrem Bildschirm sehen.«
    Fassungslos starrte Constance auf die Bilder, die über den Fernseher liefen. Noch am Abend zuvor hatte sie mit ihm telefoniert. Und nun war Will nur noch ein Bild auf einem Fernsehschirm. Constance konnte sich nicht von dem Fernseher losreißen, während ihre Kollegen, die genug gesehen und gehört hatten, in ihre Büros zurückgingen. Die Zuschauer, längst daran gewöhnt, Informationen wie Produkte zu konsumieren, würden sich schon morgen über etwas anderes entsetzen. Ihr Chef bemerkte, dass mit Constance etwas nicht stimmte.
    »Constance?«
    Er näherte sich ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    »Constance?«
    Sie wandte langsam den Kopf und schaute ihn geistesabwesend an.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Ihre Augen wanderten langsam zum Fernseher zurück. Da klingelte ihr Handy.
    »Constance, Ihr Handy! Was ist denn mit Ihnen?«
    Sie kramte in ihrer Handtasche und zog das Handy heraus. Der Anrufer hatte seine Nummer unterdrückt. Sie hatte nicht die Kraft, das Gespräch anzunehmen, und ließ den Apparat in ihrer Hand einfach weiterklingeln. Dabei bewegte sie sich wie im Zeitlupentempo. Einige Augenblicke später klingelte das Handy erneut. Jetzt erschien Hughs Name im Display. Hugh! Plötzlich wich ihre Starre, so als hätte der Hypnotiseur ihr das vereinbarte Stichwort zugeflüstert. Sie nahm das Gespräch an und begann sofort zu schimpfen, ließ den Gefühlen, die auf sie einstürmten, freien Lauf.
    »Hugh, wie kannst du mich nur so hängen lassen? Du hättest dich längst melden sollen! Ich bin fast gestorben vor Sorge. Was hast du die ganze Zeit gemacht seit unserem Streit? Will hat mir gesagt, dass du aufgehört hast, Poker zu spielen. Aber nun ist er tot, weißt du das überhaupt schon? Ich frage mich wirklich, was in deinem Kopf vorgeht, ich fasse es einfach nicht. Hugh? Antworte doch, sprich mit mir …«
    Doch am anderen Ende war nichts zu hören. Constance wurde unsicher.
    »Hugh?«, wiederholte sie leise.
    Eine hohle,

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