Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
mich, und er hielt mich behutsam fest. Behutsam, aber in dem vollen Bewusstsein, dass er mich in Stücke reißen könnte, wenn er wollte. Das war das köstlichste und zugleich das gefährlichste Liebesspiel. Nicht durch das, was er tat, sondern durch das, was er tun könnte.
Er hob mich auf die Knie, hielt mich mit beiden Armen an sich gedrückt, und ich streichelte die Arme, die Muskeln, das Fell, das so weich und ganz anders war als beim Wolf. Ich streichelte ihn nicht wie einen Hund, sondern wie einen Liebhaber. Als der Rhythmus wechselte, wusste ich, dass er nahe dran war, und spürte, wie er sich bezwang, um mich nicht zu zerfetzen. Spürte den leisen Druck jeder einzelnen Krallenspitze an meiner Haut. Ich sah zu, wie sie hineindrückten, beinahe, beinahe ritzten, am liebsten reißen, am liebsten töten wollten. Im letzten Moment zog er die Krallen ein und hielt mich hart an sich gedrückt mit diesen pelzigen Händen, die irgendwo zwischen Mensch und Leopard steckengeblieben waren.
Die Ardeur sättigte sich. Sie sättigte sich an der Stärke seines Körpers, der Hitze seiner Haut und dem Erguss seines Samens, der heißer in mich strömte als bei jedem anderen Mann.
Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: Er ist kein Mann. Die Worte selbst waren eine nüchterne Feststellung, aber die Emotion, die mit ihnen kam, brannte mir fast ein Loch in die Brust: Zorn, unbändiger Zorn. Und ich wusste, wessen Zorn es war, noch bevor die Tür aufflog.
54
R ichard schritt durch die Tür, und seine Energie stob herein wie die Funken eines Feuers, und sie brannten mir auf der Haut, wo sie mich trafen. Was sagt man, wenn man seine Ex-Verlobte im Bett mit einem Leopardenmann erwischt? Richard wusste es. »So was Perverses habe ich nur in Rainas Pornos gesehen.«
Jason rollte sich vom Bett und stellte sich ihm entgegen. Ich glaube, er wollte Nathaniel Zeit geben, aufzustehen, ohne dass ich an ihm dranhing. Oder er wollte mir Zeit geben. Wie immer seine Motive aussahen, er stellte sich zwischen mich und seinen Ulfric, und das war nicht das Allerklügste. Es war mutig, sogar galant, aber nicht klug.
Richards Macht flutete den Raum. Nathaniel rollte sich vom Bett, und ich fragte mich, ob die Luft für ihn genauso schwer zu atmen war wie für mich. Der Gedanke genügte. Ich wusste im selben Moment, dass er Richards Macht wie etwas erlebte, durch das man nur mit aller Kraft vorwärtskommt, wie einen Wirbelsturm oder Schneesturm, wie etwas, bei dem man nichts mehr sieht und umkommt, wenn man keinen Schutz sucht.
Mein Schutz stand zwischen Bett und Tür. Der Wolfsmann war groß und breit und gefährlich. Dagegen hätte Richard in seiner Menschengestalt zerbrechlich wirken müssen, tat er aber nicht. Er hätte noch einen Kopf kleiner sein können und wäre bei der Macht, die er verströmte, noch immer riesig erschienen.
»Geh beiseite, Jason. Ich sage es nicht noch einmal.«
»Sag mir, dass du ihr und Nathaniel nichts tust, dann gehe ich beiseite«, erwiderte er mit einem tiefen Knurren. Es klang gefährlich, aber Richard beeindruckte das nicht.
Nathaniel ging am Bett vorbei auf ihn zu. Richard würde Jason nur verletzen, um ihn aus dem Weg zu schaffen, aber über Nathaniel würde er aus ganz anderen Gründen herfallen. Aus Gründen, die er nicht mal laut zugeben würde. Jedenfalls wollte ich mir das nicht ansehen. Ich rief Nathaniel zu mir zurück.
Unterm Kopfkissen lag meine Pistole, aber ich wollte Richard nicht erschießen, und wenn man nicht bereit ist zu schießen, ist eine Schusswaffe bloß ein Metallklotz. Ich überlegte noch, was ich tun sollte, als Richard Jason mit dem Handrücken schlug.
Blutstropfen flogen, aber Jason hielt stand. Er schlug nicht zurück und rührte sich nicht vom Fleck.
»Richard, nein!«, schrie ich.
Er packte Jason wie eine Hantelstange und hob ihn mit einem sauberen Ruck in die Höhe. Richards Oberarme wölbten sich unter der Kraftanstrengung. Er stemmte ihn hoch und hielt ihn einen Moment lang über seinem Kopf.
Wir erlebten einen dieser gedehnten Augenblicke, wo man genau weiß, dass etwas Schlimmes passieren wird und man es nicht verhindern kann. Man kann vielleicht noch eingreifen und etwas retten, aber nicht alles. Ich ertrank in Richards Zorn, der schäumte wie die tosende See. Ich kannte ihn wütend, aber diesmal war es ein bisschen anders. Seine Wut kam mir sehr vertraut vor. Es war meine eigene, jedenfalls fühlte sie sich so an. Mir blieb nur der eine Moment für diese Erkenntnis,
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