Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
eine Dame.« Sie nahm einen weiteren Schluck und blickte ihn über die beschlagene Flasche hinweg an. »Aber das weißt du ja sowieso längst, Dodge«, sagte sie, als sie die Flasche wieder abstellte.
Er ließ sich gegen die dick gepolsterte Lederrückenlehne sinken und musterte sie einen Moment lang prüfend. »Das ist nur eine von Carolines Zimperlichkeiten«, knurrte er.
»Aber du hast sie trotzdem geliebt.«
Er griff nach seiner Flasche, doch obwohl sich sein Mund staubtrocken anfühlte, war ihm der Bierdurst schlagartig vergangen. Er fuhr mit der Hand über die Kondensstreifen und starrte auf das vertraute Etikett. »Also weißt du Bescheid. Über mich. Über uns.« Es erforderte all seinen Mut, trotzdem sah er auf und blickte seiner Tochter in die Augen.
Sie nickte.
»Caroline wird schäumen vor Wut, wenn sie es herausfindet.«
»Sie weiß es schon.«
»Ach ja? Seit wann?«
»Seit gestern Abend. Ich hatte es mir gedacht. Und sie hat meinen Verdacht bestätigt.«
»Sie wollte nicht, dass du es erfährst.«
Berry hob die Brauen. »Nein? Wieso hat sie dich dann herkommen lassen?«
Grace servierte die Burger, trat jedoch den Rückzug an, nachdem sie sich erkundigt hatte, ob sie noch etwas brauchten. Berry stürzte sich mit Begeisterung auf ihr Essen. Dodge hingegen war der Appetit vergangen.
»Wie bist du darauf gekommen? Ich bin doch nicht anders mit dir umgegangen als …«
»Es lag nicht daran, wie du mit mir umgegangen bist«, unterbrach sie ihn und leckte sich einen Klecks Senf vom Mundwinkel, »sondern an der Art, wie du und Mutter miteinander umgegangen seid. Erstens war sie das reinste Nervenbündel, was sie sonst nie ist. Ich bin die Ungeduldige von uns beiden, die leicht einmal das Flattern kriegt. Sie habe ich noch nie so angespannt gesehen. Anfangs dachte ich noch, es liegt an dem, was passiert ist. Aber dann habe ich gemerkt, dass es etwas mit dir zu tun hat. In Daddys Nähe war sie nie so.«
Dodges Magen hatte sich zu einem festen Knoten zusammengezogen. Er sehnte sich nach einer Zigarette, und auch wenn es noch so schäbig sein mochte, hätte er alles darum gegeben, zu erfahren, inwiefern Caroline sich in seiner Gegenwart anders verhielt als in Jim Malones. »Wie war sie denn in seiner Gegenwart?«
»Ihre Ehe war sehr solide. Sie haben einander aufrichtig geliebt, davon bin ich fest überzeugt. Aber sie waren immer reserviert und höflich zueinander. Sie und Daddy haben sich nie so gekabbelt wie ihr beide. Ihrer Beziehung fehlte … na ja … das Feuer. Ich kannte es ja nicht anders, deshalb habe ich mir nie etwas dabei gedacht. Zumindest nicht, bis ich euch beide erlebt habe. Zwischen euch gibt es so etwas wie höfliche Reserviertheit nicht.«
»Sondern loderndes Feuer?«
Sie lachte. »Allerdings.« Einen Moment lang sah sie ihn nachdenklich an, ehe sie fortfuhr. »Wenn ich an Mutters Beziehung zu Daddy zurückdenke, habe ich das Gefühl, als hätte sie stets ihr Bestes gegeben, nur damit er mit ihr zufrieden ist. Bei dir tut sie das nicht.«
»Meine Ansprüche sind auch nicht so hoch wie seine.«
Berry lächelte. »Das stimmt. Bei dir weiß sie, dass du mit ihr zufrieden bist. Bedingungslos.«
Grace trat erneut an ihren Tisch. »Stimmt etwas mit dem Burger nicht, Dodge?«
»Nein. Ich hatte wohl doch nicht so großen Hunger.«
»Ich mache gleich Zigarettenpause. Wollen Sie mit rauskommen?«
»Danke, aber ich werde wohl passen.«
Sichtlich enttäuscht räumte sie die Teller ab. Berry sah ihr nach, als sie davonging, ehe sie den Blick wieder auf Dodge richtete. »Sie mag dich.«
Achselzuckend griff er nach seinem Bier.
»Du hast ein Händchen für Frauen.«
»Das ist völlig übertrieben.«
»Das glaube ich nicht. Mutter sagte so was in diese Richtung.«
»Ehrlich?«
»War das das Problem zwischen euch?«, hakte Berry nach.
Er sah sie an, sagte jedoch nichts.
»Du kommst sehr gut bei Frauen an, Dodge. Ist das der Grund, weshalb du meine Mutter nicht geheiratet hast?«
24
Houston, Texas, 1979
O hne diesen beschissenen Job wäre Dodges Leben absolut perfekt gewesen.
Roger Campton war von seiner Familie kurzerhand nach Südamerika verfrachtet worden, wo er sich vorgeblich um die Ölgeschäfte in Venezuela kümmern sollte. Eine gute Entscheidung für alle Beteiligten, nur vielleicht für die Venezolaner nicht, dachte Dodge.
»Ich hoffe, die sperren da unten ihre Töchter ein«, sagte er zu Caroline, als er die Notiz im Wirtschaftsteil der Zeitung entdeckte.
Carolines
Weitere Kostenlose Bücher