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Blindes Vertrauen

Blindes Vertrauen

Titel: Blindes Vertrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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den Tellern zu hören. Nach einiger Zeit fragte Spencer: »Ist es hier immer so?«
    Â»Wie?«
    Â»So still?«
    Â»Nein.« Gray trank einen Schluck Kaffee. »Meistens ist es noch stiller. Weil hier keiner redet.«
    Â»Gray, der Einzelgänger«, sagte Spencer Martin. »Der starke, schweigsame, immer ernste Held, der sich aus dem öffentlichen Leben zurückzog und ein Leben in Einsamkeit führte! Verdammt! Das ist der Stoff, aus dem Heldensagen sind. Wer weiß? Vielleicht singen Schulkinder in hundert Jahren Folksongs über dich.«
    Gray äußerte sich nicht dazu. Nach der Geiselbefreiung hatte er Angebote von Verlegern und Filmproduzenten bekommen, die danach gierten, sein wahres Abenteuer in Unterhaltung umzumünzen. Sie hatten ihm atemberaubende Summen geboten, die ihn jedoch keinen Augenblick in Versuchung geführt hatten. Er hatte genug zusammengespart, um sich die Ranch kaufen und bis ans Ende seiner Tage behaglich leben zu können. Er hatte nur rausgewollt, und draußen war er.

    Gray räumte die Teller ab, kam mit der Kaffeekanne zurück und goß ihnen beiden nach. Erst dann schnitt er die Frage an, was Spencer nach Wyoming geführt habe.
    Â»Du. So einfach ist das«, antwortete Spencer. »David hat mich mit einem Auftrag nach Seattle geschickt. Ich hab’ mir gedacht, wenn ich schon im Westen unterwegs bin, könnte ich mal vorbeischauen und sehen, was du so treibst.«
    David konnte Spencer mit einem Auftrag losgeschickt haben, aber nichts, was Spencer tat, war jemals einfach. Er hatte für alles eine Vielzahl von Motiven. So war er immer nach allen Seiten abgesichert. Wenn er durch etwas, was er tat, in Konflikt mit den ins föderale System eingebauten Kontrollmechanismen geriet, hatte er stets genug Rückzugspositionen.
    Bei der Marineinfanterie war Spencer Martin eindeutig der beste Mann der Aufklärungseinheit gewesen. Er hatte alles meisterhaft beherrscht: Waffen, Aufklärung, Überleben. Angst war ein Fremdwort für ihn. Spencer war eine Maschine. Gray wäre nicht überrascht gewesen, in seinem Kopf statt des Gehirns einen Computer zu finden. Oder eine Pumpe an der Stelle, wo sein Herz hätte sitzen sollen.
    Er wußte hundertprozentig sicher, daß der Mann, der ihm am Frühstückstisch gegenübersaß, keine Seele hatte.
    Â»Du lügst, Spence.«
    Spencer Martin blinzelte nicht einmal. »Scheiße, ich lüge. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr es mich freut, daß du mich dabei ertappt hast. Du bist noch so hellwach wie früher. Kein bißchen eingerostet.« Er beugte sich nach vorn. »Er will, daß du zurückkommst.«
    Obwohl Gray verblüfft war, zuckte er mit keiner Wimper.
    Â»David braucht dich in Washington«, drängte Spencer.
    Â»Den Teufel tut er.«

    Â»Laß mich ausreden.« Spencer hob beide Hände mit nach vorn gekehrten Handflächen. »Er ist ein stolzer Mann. Gott, das brauche ich dir nicht zu erzählen. Er ist stur und halsstarrig, und nichts fällt ihm schwerer, als nachzugeben oder sich für einen Fehler zu entschuldigen.«
    Â»Also hat er dich losgeschickt, damit du es für ihn tust.«
    Â»Ich liege nicht vor dir auf den Knien, aber ich fordere dich im Auftrag von David auf, deinen Arsch nach Washington zurückzuverfrachten, wo er hingehört.«
    Â»Mein Arsch gehört dorthin, wo er jetzt ist.«
    Spencer warf einen Blick auf das spektakuläre Gebirgspanorama. »Du bist kein Grizzly Adams, Gray.«
    Â»Mir gefallen die Berge.«
    Â»Mir auch, Gray. Zum Klettern, Skifahren und Jodeln sind sie großartig. Behalt die Ranch als Ferienhaus – aber komm mit mir nach Washington zurück. Hier vergeudest du deine Talente sinnlos. Der Präsident braucht dich. Ich brauche dich. Dein Land braucht dich.«
    Â»Eine bewegende Ansprache. Wer hat sie für dich verfaßt? Neely?«
    Â»Das ist mein Ernst.«
    Â»Mein Land braucht mich?« schnaubte Gray. »Bockmist! Meinem Land ist es egal, ob ich tot oder lebendig bin. Ich habe den Auftrag ausgeführt, für den ich ausgebildet wurde. Mehr hat mein Land nicht von mir verlangt, und ich habe nie mehr erwartet. Und so sollte es auch sein.«
    Â»Okay, vergessen wir deine patriotische Pflicht. Was ist mit David?«
    Â»Teufel, der braucht mich erst recht nicht. Seine Popularität bricht ständig neue Rekorde. Die Opposition wird irgendeinen armen

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