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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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Körper
     auf die Treppe und beginnt zu weinen.

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    true
    |238| Schluss
Mit den Augen hören
    Was wir von Blink! lernen können
     
    Nach Abschluss ihres Musikstudiums bekam Abbie Conant eine Anstellung als Posaunistin am Opernhaus von Turin. Das war im Jahr
     1980. Im Sommer desselben Jahres bewarb sie sich auf elf Stellenausschreibungen für Soloposaunisten in ganz Europa. Die Münchner
     Philharmoniker luden sie zum Probespielen ein. Die Einladung begann mit der Grußformel »Sehr geehrter Herr Abbie Conant«.
     Die Anrede hätte sie stutzig machen sollen.
    Das Probespiel fand im Deutschen Museum in München statt, da die Philharmonie im Gasteig damals noch nicht fertig gestellt
     war. 33 Kandidaten waren eingeladen worden, und jeder von ihnen spielte hinter einem Wandschirm und war damit für das Auswahlgremium
     unsichtbar. Diese Art des Probespiels war damals in Europa noch nicht allzu weit verbreitet. Da sich jedoch unter den Bewerbern
     der Sohn eines bekannten Münchner Musikers befand, entschied man sich der Gerechtigkeit halber dafür, die erste Runde blind
     zu bewerten.
    Conant kam als sechzehnte an die Reihe. Sie spielte Ferdinand Davids
Concertino Opus 4 für Posaune,
ein typisches Vorspielstück, und traf dabei eine Note nicht. Sie sagte sich: »Das war’s«, und ging hinter die Bühne, um ihre
     Sachen zu packen. Das Komitee war jedoch ganz anderer Ansicht. Sie waren begeistert.
    Ein Probespiel ist ein klassischer Fall von Scheibchenschneiden. Klassische Musiker behaupten, sie könnten innerhalb weniger
     Takte, manchmal schon mit der ersten Note sagen, ob ein Musiker gut ist oder nicht. Und bei Conant hörten sie es sofort. |239| Nachdem sie den Raum verlassen hatte, rief Sergiu Celibidache, der damalige Generalmusikdirektor und Dirigent der Münchner
     Philharmonie: »Der ist es!« Die übrigen 17 Musiker, die noch nicht einmal vorgespielt hatten, ließ er sofort nach Hause schicken.
     Jemand ging hinter die Bühne, um Conant zu suchen. Sie kam zurück in den Konzertsaal, doch als sie hinter dem Schirm hervortrat,
     schlug ihr eine Welle der Überraschung entgegen. Man hatte einen Herrn Conant erwartet, doch vor ihnen stand eine Frau Conant.
    Die Situation kann nur als peinlich beschrieben werden. Celibidache war ein Dirigent der alten Schule, ein herrischer und
     halsstarriger Mann, der sehr klare Vorstellungen davon hatte, wie man Musik zu spielen hatte – und vor allem, wer sie zu spielen
     hatte. Außerdem befanden wir uns in Deutschland, einer der Wiegen der klassischen Musik. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatten
     die Wiener Philharmoniker beim Probespiel bereits einen Wandschirm eingesetzt und sich damit, wie Otto Strasser, damaliger
     Vorstand des Orchesters, in seiner Biografie
Und dafür wird
man noch bezahlt
schreibt, in eine »groteske Situation« gebracht. Ein Bewerber hatte sich als der beste qualifiziert, und als der Vorhang gelüftet
     wurde, stand ein Japaner vor dem überraschten Auswahlgremium. Nach Strassers Ansicht konnte kein Japaner jemals das nötige
     Verständnis und vor allem das nötige Gefühl für Musik aufbringen, die von einem Europäer komponiert worden war. Ebenso war
     Celibidache der festen Überzeugung, dass eine Frau nicht Posaune spielen könne. Zu diesem Zeitpunkt spielten zwei Musikerinnen
     in der Münchner Philharmonie: Eine Violinistin und eine Oboistin. Beides sind traditionell »weibliche« Instrumente. Die Posaune
     dagegen war ein männliches Instrument. Männer spielten sie in Militärkapellen. Opernkomponisten benutzten sie, um die Unterwelt
     zu symbolisieren. In der Fünften und der Neunten Sinfonie setzte Beethoven die Posaune als Krawallmacher ein. »Wenn Sie heute
     mit typischen Posaunisten sprechen«, erklärt Conant, »dann fragt er Sie, welches Gerät Sie spielen. |240| Können Sie sich einen Geiger vorstellen, der sagt: ›Ich spiele eine Black & Decker‹?«
    Es gab zwei weitere Probespielrunden. Conant ging aus beiden klar als die beste Musikerin hervor. Doch jedes Mal, wenn Celibidache
     und die anderen Mitglieder des Komitees sie vor sich sahen, gerieten sie in einen inneren Konflikt zwischen ihren Vorurteilen
     und dem überzeugenden ersten Eindruck, den sie von ihrer musikalischen Darbietung hatten. Conant erhielt schließlich die Anstellung
     als Soloposaunistin, und Celibidache kochte. Ein Jahr verging. Im Mai 1981 wurde Conant zu einem Gespräch gebeten. Sie solle
     zur zweiten Posaune degradiert werden,

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