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Blitz in Gefahr

Blitz in Gefahr

Titel: Blitz in Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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Blitz ein.
    In den Augen des Mannes blitzte Ärger auf, und seine Stute spürte das offenbar, denn sie begann erregt zu tänzeln. Mit einem sanften Anziehen der Zügel vermochte der Reiter sie zu beruhigen.
    »Ich bitte um Entschuldigung, es tut mir leid!« sagte Alec.
    »Es war zu erwarten bei einem so feurigen Hengst«, antwortete der Mann ruhig, während seine Augen sich nicht von Blitz trennen konnten. »Es ist wohltuend, zu hören, wie Sie zu Ihrem Pferd sprechen«, fügte er hinzu. »Das ist eigentlich eine einfache Sache, aber nur wenige Menschen wissen, daß es die einzige Möglichkeit ist, mit einem so feinnervigen Geschöpf wie einem Pferd umzugehen.«
    Alec war gewohnt, daß Fachleute sein Pferd eingehend betrachteten, genau wie er selbst ja auch jede Einzelheit an einem fremden Pferd zu begutachten pflegte.
    Die vor ihm stehende Stute hatte die Merkmale arabischer Pferde: die volle, nicht abfallende Kruppe, den hochangesetzten Schweif, einen langen, gebogenen Hals und die schlanken, sehnigen Beine. Jedoch ihr Kopf, obwohl schmal zulaufend, wies nicht das Profil des reinblütigen Arabers auf; sie hatte eine leicht widderähnliche, konvexe Nase, wie sie den Berberrossen eigentümlich ist. Einen großen Anteil Berberblut führen auch die Lipizzaner, und Silberfee hatte ebenfalls eine breite und tiefe Brust sowie die breiteren Hüften und festen Rippen dieser Rasse. Diese Merkmale zeugten von ungeheurer Ausdauer und Kraft. Alec fand, daß die Stute die besten Eigenschaften mehrerer Rassen in sich vereinigte — mindestens die besten für die Art der Leistungen, die von ihr verlangt wurden. Sie mochte ein wenig unter einem Meter sechzig Widerristhöhe messen, war kräftig gebaut, aber nicht schwer, ihr Gewicht stand in gutem Verhältnis zu ihrem Wuchs. Kurzum, es war eine Stute, die er gern sein eigen genannt hätte.
    Seine Blicke und Gedanken kehrten zu dem fremdartigen Reiter zurück, der eben absaß. Alecs erster Gedanke war, daß er ihn richtig taxiert hatte: er war über einen Meter achtzig groß.
    »Mein Name ist Hauptmann Robert de Villa«, stellte er sich vor. Alec ergriff die ihm hingestreckte Hand und sagte lächelnd: »Ich heiße Alec Ramsay.« Er erwartete eigentlich, daß der Hauptmann höflich zurücklächeln und ihm eine Erklärung geben würde, was er hier auf der weltverlorenen Insel im Sumpf machte.
    Auf dem maskenhaften Gesicht des Mannes erschien jedoch kein Lächeln. Alec fand trotzdem, daß er nichts Beängstigendes an sich hatte, denn er kannte andere Reiter, die ebenso verschlossen waren und sich sorgsam hüteten, etwas von ihren Gemütsregungen und Gedanken zu verraten. Das richtigste in solchen Situationen war immer, selbst keinerlei Neugier zu zeigen, sondern es dem anderen zu überlassen, ob und wann er sich erklären wollte. Wenn er den Ausdruck des dunkelhäutigen Gesichts richtig deutete, so hatte er es bei dem Hauptmann mit einem vielerfahrenen Mann zu tun, der gewohnt war, zu kommandieren. Er würde abweisend werden, wenn jemand es darauf anlegte, ihn auszufragen. Obendrein schien sein Name dem Hauptmann nichts zu sagen — ebenso wie ihm der Name Robert de Villa kein Begriff war.
    Die Stute tanzte jetzt wieder aufgeregt hin und her, sie warf den Kopf auf und schnaubte durch die weitgeöffneten Nüstern. Der Hauptmann beruhigte sie, ohne die Augen von Blitz abzuwenden. Endlich sagte er: »Ihr Pferd, Monsieur Ramsay, ist prachtvoll! Ich hatte vor dem heutigen Tag nur ein einziges Mal das Vergnügen, es zu sehen, und zwar in Schweden auf dem Bildschirm. Ich bin dort im vorigen Monat mit meiner Stute aufgetreten.« Er richtete die etwas starren schwarzen Augen jetzt auf Alec. »Und Sie — ja, richtig! — Sie haben ihn in dem Rennen, das ich sah, zum Sieg geritten! Doch ich hätte nicht geglaubt...«
    Er verstummte, und seine Augen verrieten zum erstenmal eine Gefühlsregung.
    Alec wußte, daß die Leute überrascht waren, wenn sie ihn zum erstenmal sahen, denn seine Erscheinung entsprach nicht den Vorstellungen, die man sich von einem erfolgreichen, bekannten Reiter machte. Stets erschien er ihnen viel zu jung, und heute trug er obendrein die ältesten Jeans und die abgetragensten Schuhe, die er besaß. Immerhin atmete er ein wenig auf, als er das Erstaunen in den Augen de Villas las — der Mann verlor damit etwas von seiner Unheimlichkeit und wurde menschlicher.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte er, und dabei lächelte er sogar. »Eigentlich hätte ich erraten müssen,

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