Blitz und der Feuerteufel
nicht. Jedenfalls geht es ihm im ganzen gesehen nicht schlecht.«
Alec verließ Feuerteufel und trat neben Georg. Also würde Tom bald wieder wohlauf sein; das hatte er so dringlich gehofft! Jetzt würde er endlich das furchtbare Bild loswerden! Noch nie in seinem Leben hatte er bis jetzt einen Menschen verletzt. Er war selbst oft genug gestürzt und hatte große Schmerzen erlitten, aber das war etwas ganz, ganz anderes.
Die beiden standen an der Tür, die Augen auf dem Hengst, bis Georg auf einmal sagte: »Er muß nach Hause gebracht werden. Mit dem Hambletonian ist es aus.«
»Mit Tom und Jimmy auch«, hörte sich Alec leise hinzufügen. Doch gleich darauf wunderte er sich, warum er sich nicht erbot, Feuerteufel zu fahren. Würde er das nicht unter anderen Umständen getan haben?
Georg sagte: »Es ist sehr hart für Jimmy, aber für Tom noch viel härter, denn er wird drei Monate lang mit der Sache zu tun haben.«
»Haben sie das im Krankenhaus gesagt?«
Georg nickte. »Der Arzt hat empfohlen, Tom in eine Klinik in Pittsburgh zu bringen, wo er näher zu Hause ist. Er hat einen dortigen Knochenspezialisten unterrichtet, der die Operation übernehmen wird.«
»Operation?« sagte Alec erschrocken. »Können sie den Bruch nicht ohne Operation ein richten?«
»Der Oberschenkel ist gebrochen. Wie der Arzt erklärte, ist das der wichtigste Knochen, den der Mensch im Leibe hat. Er trägt das meiste Gewicht. Sie müssen operieren und für einige Zeit einen Nagel hineintreiben, damit das schwere Körpergewicht nicht auf ihm lastet, während der Knochen wieder zusammenheilt. Tom braucht also nicht dauernd im Bett zu liegen, er kann auf Krücken umhergehen. Darüber ist er sehr froh.«
Alec dachte bei sich: Froh dürfte nicht das passende Wort sein... der arme Junge.
Georg fuhr fort: »So ist ausgemacht worden, daß ich morgen mit ihm nach Pittsburgh fliege; alles ist bereits in die Wege geleitet. Ich möchte bei ihm bleiben, damit Tom nicht allein ist. Wenn ich bei ihm bleibe, fällt ihm alles leichter.«
»Und wie soll Feuerteufel zurückgebracht werden?« fragte Alec. »Ich habe bereits einen Fahrer gemietet, der unseren Transporter mit dem Hengst nach Hause fahren wird.«
»Und Jimmy? Hast du schon mit ihm telefoniert?«
»Nein, aber ich werde es gleich tun.« Georg trat zu Feuerteufel und streichelte seinen Kopf. »Es sieht so aus, als ob wir alle für eine Weile auf die Weide geschickt würden«, sagte er zu ihm. »Vielleicht haben wir im nächsten Jahr mehr Glück. Freilich !st er für das Hambletonian dann zu alt, aber man muß das Schlechte hinnehmen wie das Gute. Jimmy wird das ebenfalls sagen und sich so trösten, das weiß ich. Vermutlich wirst du nun auch nach Hause fahren, Alec, nicht wahr?«
»Natürlich. Es gibt ja keinen Grund mehr für mich hierzubleiben.« Alecs Blick senkte sich auf das Stroh am Boden. War die Angelegenheit wirklich auch für ihn abgeschlossen? Hatte sich bei ihm irgend etwas geändert, war etwas anders geworden als zuvor, ehe er auf die Roosevelt-Rennbahn gekommen war und Feuerteufel, Georg und Tom kennengelernt hatte? Oder auch anders als vor dem Unfall?
Alec sah wieder den Hengst an. Er fühlte mit Unbehagen, daß etwas in seinem Inneren nagte...
Er liebte Feuerteufel! Warum fragte er also nicht, ob er es übernehmen sollte, den Hengst zu fahren? Wahrscheinlich würde es ihm Jimmy Creech nicht erlauben, aber warum fragte er ihn nicht wenigstens? Hatte er Furcht davor, Feuerteufel zu trainieren und im Rennen zu fahren? Selbstverständlich nicht. Er hatte noch nie vor einem Rennen Angst gehabt. Aber er hatte auch noch nie zuvor einen Menschen verletzt wie heute morgen...
Alec wurde sich erneut bewußt, daß seine Brust wie eingeschnürt war, so daß er Mühe hatte zu atmen. Er wollte Georg Zurufen, daß es nun an ihm wäre, Feuerteufel zu fahren; aber er brachte kein Wort hervor.
Einen Augenblick später hörte er eine wohlvertraute Stimme, die warm, freundlich und wie selbstverständlich sagte: »Ich werde gar nicht mehr aus dir klug, Alec! Du hast mich gebeten zu kommen, und hier bin ich — und eben höre ich dich sagen, daß du heimfahren willst.«
Alec fuhr herum und blickte den kurzen, breitschultrigen Mann an, der gemütlich an der Stalltür lehnte. Jetzt konnte er seine wahren Gefühle nicht länger verbergen, ganz besonders nicht vor jemandem, mit dem er so viele Jahre erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Henry Dailey konnte beinahe seine Gedanken lesen... Doch
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