Blitz und der Feuerteufel
ihm zu halten, nahm er seine Kappe ab und fuhr sich mit der Hand durch den steifen weißen Haarkranz, der seine Glatze umgab. Die Bewegung erinnerte Alec an Georg.
»Wir wünschen für morgen alles Gute!« sagte Henry höflich.
Nur nicht zu viel! verbesserte Alec im Geiste, denn der Alte war Silas Bauder, der im Vorjahr den Hambletonian-Sieger gefahren hatte und morgen wieder ein Spitzenpferd im Sulky vor sich haben würde, nämlich Bear Cat.
»Ich wünsche Ihnen dasselbe!« gab Bauder zurück und sah dabei auch Alec an; »Sie haben da einen gutaussehenden Dreijährigen, aber Sie haben nicht viel mit ihm getan. Stimmt’s?«
»Er wird trotzdem seine Sache gut machen, hoffe ich«, erwiderte Henry.
»Sicher wird er das«, sagte Bauder gesprächig, »viele prachtvolle Pferde sind dieses Jahr hier, ich erinnere mich keines besseren Jahres! Es wird morgen eine richtig große Party!« Er lachte herzlich.
»Haben Sie in diesem Jahr schon Rennen gefahren, Herr Bauder?« fragte Alec.
»Nichts da mit >Herrn< Bauder! Ich heiße Sil! Ich habe Bear Cat Anfang des Jahres in Kalifornien gefahren und noch andere Traber aus meinem Stall; danach kam ich hierher. Bear Cat ist immer nur auf Meilenbahnen gelaufen.« Er wandte sich Henry zu: »Ich sage frank und frei, daß dieser Umstand mir eine große Überlegenheit gibt über die meisten Burschen hier, die immer bloß auf Halbmeilenbahnen starten. Es stimmt nämlich nicht, wenn sie sich einbilden, die an die kurzen Bahnen gewöhnten Pferde fänden sich sogleich wundervoll zurecht auf den langen. Ich habe es ausprobiert; die Regel ist, daß sie keinen Erfolg haben. Es kostet Zeit, sich an lange Bahnen zu gewöhnen. Aber keiner hört hin, wenn ich ihn belehren will.«
»Ich verstehe, was Sie meinen.« Henry nickte. »Ich höre zu.«
Sil Bauder lächelte. »Es ist jetzt zu spät, um Ihnen für morgen von Nutzen zu sein!«
»Ja«, stimmte Henry zu, »schade! Auf Wiedersehen.«
Sie gingen zu ihrem Stall, sahen nach Feuerteufel und setzten sich dann in die Geschirrkammer, denn zum Schlafen war es noch zu früh. Eine lange Weile saßen sie schweigend da, jeder in seine Gedanken versunken. Alecs Gedanken weilten bei der schnellen Meile, die Henry ihm heute morgen erlaubt hatte. Den Hengst zurückzuhalten, damit er nicht schneller wurde, als Henry befohlen hatte, war sehr schwierig gewesen. Feuerteufel hatte so lange darauf gewartet, endlich losgelassen zu werden, daß er unbedingt in vollem Tempo über die ganze Strecke gehen wollte. Alec hätte ihm gern den Willen getan, aber er wußte zu gut, daß es nicht geschehen durfte, damit er alle Kraft und Ausdauer für den morgigen Tag aufsparte.
Henry schien seine Gedanken gelesen zu haben, denn er sagte plötzlich: »Was diese schnelle Meile von heute morgen betrifft...«
»Ja?«
»Als du ihn langsamer werden ließest und die schwarze Stute vorbeitrabte — hast du da die Klappe nicht ein wenig spät geschlossen?«
»Ja, das stimmt! Die Stute kam mir überraschend... ich dachte wahrscheinlich zu sehr an Feuerteufels Sprint. Sie war neben uns, ehe es mir zu Bewußtsein kam. Doch es ging ja alles gut, ich konnte die Klappe gerade noch schließen.«
Henry schwieg eine Weile. Er war mit einem Problem beschäftigt, das ihn seit längerer Zeit plagte. Für ihn war es von größerer Wichtigkeit, in dieser Sache den richtigen Entschluß zu fassen, als ein Hambletonian zu gewinnen. Und ihm blieben weniger als 24 Stunden Zeit, mit sich darüber ins reine zu kommen. »Alec?«
»Ja, Henry?«
Der alte Trainer sah seinen jungen Freund nicht an, er blickte auf seine Füße. »Ich möchte gern einen Rat von dir.«
»Das passiert nicht eben oft!« gab Alec heiter zur Antwort. Henry ging auf den Scherz nicht ein. Er fuhr fort: »Was geschah mit dem Hengst, als euch die schwarze Stute überholte, während die Klappe noch offen war?«
»Nichts geschah! Ich konnte sie ja im letzten Augenblick gerade noch betätigen.«
»Und wenn das nicht der Fall gewesen wäre?« beharrte Henry. »Du weißt doch sehr gut, was dann geschehen wäre«, erwiderte Alec erstaunt.
»Nein, das weiß ich eben nicht!« sagte Henry schroff. »Darum frage ich dich ja! Hast du festgestellt, daß Feuerteufel unsicher wurde, als die Stute neben ihm erschien, bevor du die Klappe schlossest?«
»Nein, er trabte unbeeindruckt weiter.«
»Gut, den Eindruck hatte ich auch. Und nun erzähl mir mal, wie er sich in der letzten Woche verhielt, als du ihn langsam gehen ließest und
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